Mit eHealth zu einer optimierten Gesundheitsversorgung – für Ärzte und Patienten

Wer hätte vor ein paar Jahren gedacht, dass Roboter den Operationsaal erobern, wir unsere Ärzte online besuchen oder Smartwatches zu wichtigen Gesundheitstools werden? Die Pandemie hat die Digitalisierung im Gesundheitswesen wie im Zeitraffer vorangetrieben. Eine ganze Branche sah sich von heute auf morgen gezwungen, ihre Prozesse von einer stationären in eine digitale Form umzuwandeln. Und der Digital Health Markt in Deutschland wächst weiter: Statistiken zufolge soll der Umsatz im Bereich eHealth auf ein Marktvolumen von bis 59 Milliarden Euro bis 2026 anwachsen – weltweit sogar auf eine Billionen Euro.

Big-Data-Anwendungen revolutionieren die Medizin

Neben der Digitalisierung zeichnen sich zwei weitere Trends für die Medizin der Zukunft ab: Prävention und Personalisierung. Dafür werden KI-Systemen und der Datenerhebung durch Patienten eine große Bedeutung zugeschrieben. In den E-Health-Maßnahmen bis 2025 zur Digitalisierung im Gesundheitswesen hat das Bundesministerium für Gesundheit u. a. festgeschrieben, Künstliche Intelligenz und Big-Data-Anwendungen verstärkt zu fördern. 

Zudem setzt sich die Erkenntnis durch, dass Daten zum Gesundheitszustand in allen Lebenslagen entstehen und diese genauso wichtig sind wie Informationen aus Arztbesuchen oder Krankenhausaufenthalten, um individuellere Behandlungen anzubieten. Zusätzlich stellt sich aufgrund der steigenden Verfügbarkeit und Nutzung von smarten Gesundheitsanwendungen immer häufiger die Frage nach sinnvollen Einsatzpotenzialen von Big Data für das Gesundheitswesen. Immerhin hat sich laut Statista Research Department der weltweite Absatz von Smartwatches und Fitness-Trackern seit 2016 fast verfünffacht: 2022 betrug er rund 492 Millionen abgesetzte Einheiten. Je nach Gerät sind unterschiedliche Sensoren wie Beschleunigungs-, Licht-, Herzschlagsensoren oder GPS verbaut, die verschiedenste Messungen durchführen und den Lebensstil von der Ernährung über den Schlafrhythmus bis hin zu Sportaktivitäten tracken. Nach Einwilligung können einige Anwendungen so auch Daten für die Wissenschaft erheben, was die Wearables in den Fokus der medizinischen Forschung rückt. Denn für eine individuelle Medizin braucht es möglichst viele spezifische Informationen. 

Neue digitale Ära im Gesundheitswesen: die elektronische Patientenakte

Die Ausweitung digitaler Angebote ist auch bei der Telematikinfrastruktur (TI) – einer Plattform für Gesundheitsanwendungen in Deutschland – spürbar. Durch das Digitale-Versorgungs-Gesetz ist es Ärzten seit 2019 möglich, digitale Gesundheitsanwendungen auf Kosten der Krankenkassen zu verschreiben. Der nächste Schritt: Mit dem Ausrollen der elektronischen Patientenakte (ePA) sollen Menschen künftig per App Einblick und Kontrolle über ihre Gesundheitsdaten erhalten. Nach Kurzdefinition der Nationalen Agentur für Digitale Medizin ist die ePA ein digitaler Ablageort, in dem Bürger und medizinisches Personal Gesundheitsinformationen als Kopie speichern können, wobei die volle Hoheit über die Daten bei den Versicherten bleibt, und sie entscheiden können, ob überhaupt eine ePA angelegt und geführt werden soll. Die Maßnahme wird aktuell auch als „Königsdisziplin“ der Digitalisierung in der deutschen Gesundheitsversorgung angesehen. Per Gesetz sind Ärzte seit dem 01. Juli 2022 verpflichtet, sich an die elektronische Patientenakte anzubinden. 

Das langfristige Ziel liegt in der Speicherung sämtlicher Gesundheitsdaten wie Befunden, Diagnosen, geplanter Therapiemaßnahmen u. v. m. Das umfassende Komplettpaket soll vor allem die Kommunikation zwischen verschiedenen Akteuren des Gesundheitssystems optimieren – rund 93 % der medizinischen Daten werden noch weitgehend analog ausgetauscht und Bildgebungsverfahren wie bspw. Röntgen oder Ultraschall aufgrund mangelnder Infrastruktur mehrfach durchgeführt. 

Gerade hier liegt viel Potenzial zur Optimierung: Startups aus den verschiedensten medizinischen Richtungen entwickeln Technologien, welche digitale Befunde sowie deren sichere Speicherung ermöglichen, um Daten ortsunabhängig verfügbar zu machen, einen ganzheitlichen Ansatz zu verfolgen und natürliche Ressourcen zu sparen. 

Regularien und Datenschutz

Doch es ist gar nicht so einfach, mit einem Medizinprodukt erfolgreich zu sein. Strenge Regulierung, komplexe Systeme und umfassende Datenschutzvorgaben sind nur einige Gründe dafür. Um eine Anwendung oder Technologie auf dem deutschen Markt zu medizinischen Zwecken nutzen zu können, ist eine Zulassung als Medizinprodukt nach § 3 Abs. 1 Medizinproduktegesetz (MPG) notwendig. 

Im Zulassungsprozess werden auch Datenschutzbedingungen der Anwendungen bewertet, denn personenbezogene medizinische Daten gelten als besonders sensibel und unterliegen zusätzlichen Anforderungen – teilweise auch der Verschwiegenheitspflicht. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hat vor diesem Hintergrund eine 90-seitige Orientierungshilfe zum Gesundheitsdatenschutz veröffentlicht. Inhalte sind u. a. Vorgaben für Apps als Teil der digitalen Gesundheitswirtschaft, die umfassenden Dokumentationspflichten, aber auch der Umgang mit Big-Data-Anwendungen. 

So heißt es in einem Abschnitt zu Big-Data-Analysen beispielsweise, dass die DSGVO einen forschungsfreundlichen Ansatz verfolge – was bedeutet, dass eine Verarbeitung von Gesundheitsdaten im Rahmen von forschungsorientierten Big-Data-Analysen unter bestimmten Voraussetzungen auch ohne Einwilligung der Betroffenen erlaubt ist, Ausnahmen für Informationsrechte und Löschungspflichten jedoch nicht in Betracht kämen. Hingegen kommt dem Datenschutzrecht bei Gesundheits-Apps aufgrund des einfachen Zugangs eine entscheidende Rolle zu. Die wichtigste gesetzliche Verarbeitungsgrundlage ist dabei die ausdrückliche Einwilligung des Betroffenen, welche eingeholt werden muss, bevor die jeweilige Verarbeitung beginnt. Gegenwärtig gelten verschiedene Datenschutzsiegel,
-prüfzeichen oder -zertifizierungen als Nachweis, dass ein Unternehmen datenschutzrechtliche Anforderungen einhält. 

Health Startups bei Seedmatch-Crowd beliebt

Auch die Seedmatch-Crowd hat in den vergangenen Jahren schon mehrere Medizinprodukte unterstützt, darunter zum Beispiel den OvulaRing, eine Erfindung aus Leipzig. Ein Biosensor misst im Körperinneren der Frau laufend die Temperatur und kann anhand der Werte den weiblichen Zyklus vollständig abbilden. Durch exakte und lückenlose Messwerte hilft das Produkt Frauen dabei, den Eisprung und die fruchtbare Phase zu bestimmen. Bei einem Kinderwunsch, aber auch zur Unterstützung der natürlichen Verhütung kann das hilfreich sein. 

Ein weiteres erfolgreiches Beispiel ist Wawibox – eine Online-Materialwirtschaft inklusive Preisvergleich speziell für Zahnarztpraxen. Das Startup startete 2015 eine Crowdinvesting-Kampagne auf Seedmatch. 300.000 Euro stellte die Crowd Wawibox damals zur Verfügung. 2021 kam es durch die Beteiligung von Prospitalia – Deutschlands führendem Einkaufsdienstleister im Gesundheitsbereich – dann zum erfolgreichen Exit. 

Zuletzt konnte mit Alacris ein weiteres Unternehmen aus der Medizinbranche in zwei Kampagnen über 1,6 Mio. Euro mithilfe der Crowd einsammeln, um seine Diagnostik für maßgeschneiderte Krebstherapien und seine Methoden für datenbasierte individuelle Medizin weiterzuentwickeln. 

Digitalisierung im Gesundheitswesen stößt bei Medizinern auf Skepsis

Der Digitalisierungsreport 2021 von DAK-Gesundheit und Ärzte Zeitung verdeutlicht die noch große Skepsis seitens der Ärztinnen und Ärzte gegenüber Digital Health. Dafür wurden 569 Ärztinnen und Ärzte sowie 16 Psychotherapeutinnen und -therapeuten zu ihren Erfahrungen und Einstellungen im Bereich eHealth befragt. Das Ergebnis: Etwa zwei Drittel der Befragten fühlen sich nicht ausreichend auf die Nutzung digitaler Gesundheitslösungen wie der elektronischen Patientenakte vorbereitet. Der Report zeigt aber auch: Wer digitale Anwendungen bereits nutzt, sieht vielfach deren Vorteile. Die am weitesten verbreitete digitale Anwendung in Arztpraxen ist demnach die elektronische Terminvergabe. 

Es gibt bereits junge Unternehmen, die genau hier ansetzen. So entwickelt zum Beispiel die Idana AG innovative Softwarelösungen, mit denen sich Routineprozesse in der Gesundheitsversorgung – wie die Patientenaufnahme – optimieren und effizienter gestalten lassen.  

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