Wie wir uns ernähren, hat einen direkten Einfluss auf die Umwelt. Das ist wissenschaftlich belegt. Allein 15 Prozent der Treibhausgas-Emissionen pro Bundesbürger und Jahr verursacht unsere Ernährung. Wer sich also genau ansieht, was auf dem Teller landet, der kann einiges bewegen. Keine Angst: Sich nachhaltig zu ernähren, bedeutet nicht, auf geliebte Lebensmittel grundsätzlich zu verzichten. Doch es ist durchaus sinnvoll, den eigenen Einkauf kritisch zu hinterfragen. Müssen es täglich Erdbeeren im Winter sein? Oder sollte man tatsächlich die Importäpfel aus Neuseeland kaufen?
Nein, sagen immer mehr Verbraucherinnen und Verbraucher. Das zeigt unter anderem die Studie „Konsum-Monitor Nachhaltigkeit“ des Handelsverbandes Deutschland (HDE). Immerhin 51 Prozent der Befragten gaben dabei an, dass das Thema Nachhaltigkeit für sie beim Kauf von Lebensmitteln eine hohe Relevanz hat. Inzwischen gibt es auch immer mehr Ernährungstrends, die sich mit einer gesunden und nachhaltigen Lebensweise beschäftigen. Wir haben die wichtigsten zusammengefasst.
Slow Food – die andere Art zu essen
Die Slow-Food-Bewegung hat ihren Ursprung in Italien. Die Initiative versteht sich als Gegenbewegung zum schnellen Fast-Food-Trend. Grob gesagt geht es darum, das Verschwinden von regionalen Traditionen aufzuhalten und die Menschen wieder dafür zu interessieren, wo ihr Essen eigentlich herkommt. Lebensmittel, die auf natürliche und ursprüngliche Art und Weise hergestellt werden, sind die Grundlage für die Slow-Food-Ernährung. Weil bei diesem Ernährungstrend Wert auf Regionalität gelegt wird, unterstützen die Slow-Food-Anhänger automatisch regionale Hersteller. Massentierhaltung und Gentechnik werden hingegen vermieden. Die Slow-Food-Bewegung hat bereits zahlreiche Anhänger in ganz Deutschland. Das beweisen die vielen Veranstaltungen und Messen, die sich mit diesem Ernährungstrend beschäftigen. So findet zum Beispiel seit 2007 jedes Jahr die Slow-Food-Messe in Stuttgart statt. Restaurants, die nach den Slow-Food-Prinzipien handeln und zum Beispiel auf Geschmacksverstärker verzichten, werden mit dem Genuss-Siegel geehrt.
Nose to tail – das ganze Tier wird genutzt
Besonders wenn es um den Kauf von Fleisch geht, achten viele Verbraucher auf eine hohe Qualität. Wenn das Tier dann auch noch aus der Region stammt und artgerecht gehalten wurde, scheint nichts mehr gegen einen Fleischgenuss ohne schlechtes Gewissen zu sprechen. Allerdings hat die Sache einen Haken: Oft werden nur bestimmte Teilstücke – wie Filet oder Karree – gebraten, gegrillt oder gekocht. Der Rest wird entweder nach Asien oder Afrika exportiert oder zu Tierfutter verarbeitet. Nicht wenige Schlachtnebenprodukte werden sogar einfach im Abfall entsorgt. Der Nose-to-Tail-Ernährungstrend versucht hier gegenzusteuern. Ziel ist es, das ganze Tier zu verwerten, also vom Kopf bis zum Schwanz. Die Anhänger dieses Ernährungstrends beleben damit eine Ernährungskultur wieder, die noch vor einiger Zeit als völlig normal galt. Noch vor wenigen Jahrzehnten fanden die Deutschen auch für die Innereien, die Knochen oder die Haut eine Verwendung in der Küche. „Es ist schlichtweg respektlos dem Tier gegenüber, nur punktuell Muskelfleisch zu entnehmen und den Rest des Tieres als Abfall zu bezeichnen”, sagt Konrad Kaspar Knops, Mitgründer von Bone Brox. Das Startup aus Berlin stellt eine besondere Brühe her. Dafür kommen nur zertifizierte Bio-Rinder und Bio-Freilandhühner in Frage. Außerdem müssen die Züchter die Tiere in bio-zertifizierten Schlachthöfen schlachten lassen. Während das Fleisch in Restaurants und heimischen Kochtöpfen landen kann, nimmt Bone Brox die Knochen, die sonst übrig bleiben würden – und holt aus ihnen für die Knochenbrühe quasi noch das Letzte heraus.
Soft Health – sanfte Ernährung und bunte Teller
Kurz gesagt geht es beim Ernährungstrend Soft Health, also der sanften Gesundheitsernährung, darum, mehr frisches Obst und Gemüse zu essen. Das ist aber nur ein kleiner Teil der Bewegung. Ein weiterer wichtiger Ansatz: Anstatt Zucker, Fett oder Salz zu verteufeln, wird sich auf eine vitaminhaltige Nahrung, auf natürliche Lebensmittel und eine bunte Nahrungsvielfalt konzentriert. Neben Obst und Gemüse gehören auch Hülsenfrüchte und Getreideprodukte mit auf den Speiseplan. Mit Äpfeln, Birnen und Co. beschäftigt sich auch Dörrwerk, ein Startup aus Berlin. Luftgetrocknetes Obst bietet das junge Unternehmen als gesunden Snack für Zwischendurch an, das Gemüse wird zu leckeren Bio-Suppen oder zu Pesto verarbeitet. Der Clou daran: Mit seinen Produkten bedient Dörrwerk nicht nur den Ernährungstrend Soft Health, es werden auch Lebensmittel gerettet. Das Startup nutzt für die Herstellung ausschließlich Obst und Gemüse, das aufgrund ästhetischer Mängel nicht in den Handel kommt.
Do it yourself – zurück an Herd und Ofen
Corona-Pandemie und Lockdown haben das Essverhalten der Deutschen stark beeinflusst und einen Ernährungstrend besonders gepusht. Gemeint ist der Do-it-yourself-Foodtrend. Selbstgemachtes erlebt gerade ein echtes Comeback. Das geht schon beim Kochen los. Laut dem aktuellen Ernährungsreport wird in Deutschland mehr gekocht als in den vergangenen Jahren. 52 Prozent der Befragten, und damit mehr als die Hälfte, kochen täglich (2020: 39 %). Vor allem bei den Jüngeren ist ein deutlicher Anstieg von 14 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen. Doch beim Kochen hört es noch nicht auf: Viele widmen sich jetzt ganz neuen Aufgaben. Immer mehr Menschen beschäftigen sich mit dem Haltbarmachen von Produkten. Eingemachtes, Konserviertes und Fermentiertes stehen nun wieder hoch im Kurs. Ein weiterer riesiger Trend ist das Brotbacken. In den deutschen Küchen wird derzeit so viel Teig geknetet, gefaltet und gedehnt wie lange nicht mehr. Sauerteig wird sogar über Internet-Börsen verteilt. „Wäre es nicht toll, wenn jeder gleich loslegen könnte, ohne sich erst durch zahlreiche Foren lesen zu müssen?”, dachte sich Jennifer Kraus und gründete das Unternehmen Meine Backbox. Ihren Kunden schickt sie alle Zutaten, die sie benötigen und dazu noch Video-Tutorials, damit das Back-Projekt auch auf jeden Fall gelingt. Gebacken werden nicht nur Brötchen und Brot, sondern auch verschiedene Kuchen und Torten.
Local Food – Produkte vom Bauern nebenan
Die Avocado aus Peru, die Kiwi aus Neuseeland – viele Lebensmittel, die wir täglich konsumieren, haben bereits einen langen Reiseweg hinter sich. Unsere Produkte stammen aus der ganzen Welt und sind immer und überall verfügbar. Vor allem dann, wenn sie mit dem Flugzeug zu uns kommen, schaden sie der Umwelt. Der Transport durch die Luft ist besonders klimaschädlich: Er verursacht je Tonne Lebensmittel und Kilometer bis zu 90-mal mehr Treibhausgase als der Hochseeschiff-Transport und rund 15-mal mehr als Transporte per Lkw. Local Food ist die nachhaltige Antwort auf dieses Umweltproblem. Dabei geht es nicht nur um die geografische Nähe zwischen Produzenten und Konsumenten, sondern auch darum, dass die Produkte fair produziert werden und qualitativ hochwertig sind. Jetzt, in der Corona-Krise, haben Landwirte und Obst- und Gemüsebetriebe diesen Trend erkannt und sich vor allem im Bereich Online-Service besser aufgestellt, um noch mehr Kunden zu gewinnen. Auch in diesem Sektor sind Startups Vorreiter. Ein Beispiel dafür ist „markta – Der digitale Bauernmarkt”. Hinter der Online-Plattform für regionale Lebensmittel steckt ein junges Unternehmen aus Österreich. Kunden können ein Vollsortiment aus Hunderten regionalen und saisonalen Lebensmitteln online bestellen. Die Produkte wiederum bezieht das Unternehmen ausschließlich über Klein- und Familienbetriebe aus der Region.
Fazit: Sämtliche Ernährungstrends folgen dem Slogan “Back to the roots”. Das heißt also, wir sehnen uns nach gesunden, selbst hergestellten Lebensmitteln, nach regionalen Produkten vom Bauern nebenan, nach Entschleunigung beim Essen. Sicher wird es auch in Zukunft die Aufgabe von Lebensmittelproduzenten sein, auf diese Wünsche einzugehen und das beste aus Alt und Neu zusammenzufügen.