Wenn ein Unternehmen Insolvenz anmelden muss: Was Sie als Investierender beachten sollten

Konjunkturflaute, gestiegene Zinsen, Energiekosten: Es sind vor allem diese Themen, die Unternehmen gerade in Schieflage geraten lassen. Vielen Firmen gelingt es, sich auf die aktuellen Gegebenheiten einzustellen und einen Weg aus der Krise zu finden. Doch einige brechen auch unter dieser Belastung zusammen. Schnell dreht sich alles ums Geld. Denn ist ein Unternehmen überschuldet, zahlungsunfähig oder droht die Zahlungsunfähigkeit, dann muss es Insolvenz anmelden. Für die Unternehmerinnen und Unternehmer ist das eine sehr belastende Situation, aber auch für alle Investorinnen und Investoren. Die Crowd, die doch eigentlich ein aufstrebendes Team auf dem Weg zum Erfolg begleiten wollte, ist nun plötzlich mit neuen, misslichen Fragen konfrontiert.  

Mit diesem Beitrag wollen wir zeigen, wo Investorinnen und Investoren bei der Insolvenz eines Unternehmens schnell Informationen erhalten, welche möglichen Insolvenz-Szenarien es gibt und was mit dem investierten Kapital passiert. Zudem geben wir einen Überblick darüber, welche Schritte nun wichtig sind.  

Inhaltsverzeichnis

      1. Was bedeutet es, wenn ein Unternehmen Insolvenz anmeldet?
      2. Ist mein Investmentbetrag mit der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens verloren?
      3. Was muss ich als Investorin/Investor unternehmen/beachten, wenn eines meiner Investments von einer Insolvenz betroffen ist?
      4. Muss ich meine Forderung beim Insolvenzverwalter anmelden?
      5. Wo finde ich aktuelle Informationen zum Insolvenzverfahren?
      6. Weshalb können manche Unternehmen auch nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ihr Geschäft weiterführen?
      7. Wie und wann erhalte ich eine Verlustbescheinigung?
      8. Wie mache ich eingetretene Verluste steuerlich geltend?
      9. Wie oft melden OneCrowd-Unternehmen Insolvenz an?

1. Was bedeutet es, wenn ein Unternehmen Insolvenz anmeldet?

Der Begriff “Insolvenz” bezeichnet die Zahlungsunfähigkeit eines Unternehmens. Immer dann, wenn ein Unternehmen überschuldet oder zahlungsunfähig ist, oder wenn eine Zahlungsunfähigkeit droht, muss das Unternehmen Insolvenz anmelden. Von einer Überschuldung spricht man, wenn die bestehenden Verbindlichkeiten eines Unternehmens höher sind als sein Vermögen. Bei einer Zahlungsunfähigkeit ist das Unternehmen hingegen nicht in der Lage, die fälligen Zahlungen zu leisten. Und bei einer drohenden Zahlungsunfähigkeit ist die Prognose für die fristgerechte Erfüllung der Zahlungsverpflichtungen in der Regel für den Zeitraum der nächsten zwei Jahre negativ. 

Tritt nun also einer dieser Fälle ein, muss das Unternehmen innerhalb einer bestimmten Frist einen Antrag auf die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beim zuständigen Insolvenzgericht stellen. Dieser Schritt kann vom Unternehmen selbst, aber auch – unter bestimmten Voraussetzungen – von einem Gläubiger oder einer Gläubigerin erfolgen. Ein Insolvenzverfahren wird immer im Interesse der Gläubigerinnen und Gläubiger durchgeführt und von dem zuständigen Insolvenzgericht überwacht.   

Wird ein Insolvenzverfahren eröffnet, melden alle Gläubigerinnen und Gläubiger ihre Forderungen beim Insolvenzverwalter, der nun für das Unternehmen agiert. Seine Aufgabe besteht darin, das restliche Vermögen des Unternehmens zu verwerten und so die den Gläubigerinnen und Gläubigern geschuldeten Summen zu begleichen. Das Insolvenzverfahren unterliegt klaren Regeln. Daher dauert es einige Zeit, bis die Gläubigerinnen und Gläubiger die ausstehenden Beträge ganz oder teilweise erhalten. Im schlimmsten Fall sind keine Vermögenswerte mehr vorhanden, dann kann es sein, dass die Gläubigerinnen und Gläubiger leerausgehen.   

Achtung: Ein insolventes Unternehmen ist nicht automatisch am Ende. Zwar soll ein Insolvenzverfahren in erster Linie den Gläubigerinnen und Gläubigern dienen, dennoch bietet es dem Unternehmen, das in Schieflage geraten ist, auch Chancen. Eine solche Chance stellt das sogenannte Schutzschirmverfahren dar, bei dem der Unternehmer weiterhin die Fäden in der Hand hält und innerhalb von drei Monaten einen Sanierungsplan ausarbeitet. Möglich ist auch eine sogenannte übertragene Sanierung, bei der das Unternehmen verkauft wird.  

2. Ist mein Investmentbetrag mit der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens verloren?

Nicht unbedingt. Wie bereits in Frage 1 erläutert, bedeutet die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens nicht zwangsläufig das endgültige Aus für das Unternehmen und damit auch nicht sofort den Totalausfall für die Investorinnen und Investoren. Im Laufe eines Insolvenzverfahrens können z. B. Werte im Unternehmen noch aufgetan oder neue Investierende akquiriert werden. Außerdem kann das Unternehmen möglicherweise durch den Verkauf von bestimmten Assets oder gar durch Neustrukturierung wieder stabilisiert werden. Gelingt dies nicht, dann sieht die Situation häufig so aus: Einfache Gläubigerinnen und Gläubiger können im Durchschnitt noch mit einer Quote von rund vier Prozent rechnen, für die nachrangigen Crowdinvestierenden bleibt häufig nichts übrig. Dies gilt allerdings nur für nachrangige Finanzprodukte wie zum Beispiel Nachrangdarlehen und nachrangige Anleihen. Bei nicht nachrangigen Anleihen oder Aktien gelten andere Regeln. Generell steht ein möglicher Verlust erst mit Abschluss des Insolvenzverfahrens fest.   

3. Was muss ich als Investorin/Investor unternehmen/beachten, wenn eines meiner Investments von einer Insolvenz betroffen ist?

Nach Eingang des Insolvenzantrages prüft das Insolvenzgericht (eine Abteilung des Amtsgerichtes) dessen Zulässigkeit und beauftragt die Erstellung eines Sachverständigengutachtens. Sofern ein Insolvenzgrund (drohende bzw. bestehende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, siehe Frage 1) vorliegt und ausreichend Masse (pfändbares Einkommen) vorhanden ist, wird das Insolvenzverfahren eröffnet. Ist dies nicht der Fall, wird die Eröffnung mangels Masse abgelehnt. Dieses Prüfungsverfahren dauert in der Regel zwei bis drei Monate ab Antragstellung. 

Bei Unternehmen mit der Rechtsform GmbH ist die Bestellung einer vorläufigen Insolvenzverwaltung der Regelfall. Das Insolvenzgericht eröffnet das Insolvenzverfahren durch Beschluss. Ab diesem Zeitpunkt geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis von der Geschäftsführung des Unternehmens auf den Insolvenzverwalter über. Der Eröffnungsbeschluss wird auf einer zentralen Bekanntmachungsplattform veröffentlicht. 

Der Eröffnungsbeschluss enthält dabei auch die Angabe, bis wann die Forderungen nach §38 Insolvenzordnung (= erstrangige Forderungen) bei der Insolvenzverwaltung anzumelden sind und wann die Gläubigerversammlung bzw. der Prüftermin stattfindet. Grundsätzlich wird jede Insolvenzgläubigerin und jeder Insolvenzgläubiger darüber hinaus auch von der Insolvenzverwaltung angeschrieben und aufgefordert, ihre/seine vermeintlichen Forderungen anzumelden. Nachrangige Forderungen gemäß § 39 InsO sind jedoch nur anzumelden, wenn das Insolvenzgericht dies bestimmt, was in der Regel nicht mit dem Eröffnungsbeschluss erfolgt, sondern lediglich nachträglich für den Fall, dass die vorrangigen Insolvenzforderungen nach § 38 InsO vollständig befriedigt werden können. Mehr Informationen zur Forderungsanmeldung finden Sie weiter unter Frage 4. 

Nach der Abwicklung und der Verteilung der Insolvenzmasse auf die Gläubigerinnen und Gläubiger hebt das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren auf. 

Sobald uns bei der OneCrowd bekannt wird, dass das Verfahren aufgehoben wurde bzw. beendet ist, fordern wir bei der Insolvenzverwaltung eine allgemeine Verlustbescheinigung für unsere Crowdinvestorinnen und -investoren an. Diese stellen wir allen Crowdinvestorinnen und -investoren per E-Mail zur Verfügung. 

4. Muss ich meine Forderung beim Insolvenzverwalter anmelden?

Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens werden die Gläubigerinnen und Gläubiger von der Insolvenzverwaltung aufgefordert, ihre Forderungen gegenüber dem insolventen Unternehmen bei der Insolvenzverwaltung anzumelden. Dies gilt dem Grundsatz nach auch für Crowdinvestierende, die in Form des (partiarischen) Nachrangdarlehens oder als stille Gesellschafterin bzw. Gesellschafter investiert haben. Allerdings wird man als Crowdinvestorin bzw. Crowdinvestor aufgrund des vereinbarten Nachrangs den anderen einfachen Insolvenzgläubigerinnen und Insolvenzgläubigern nachgestellt. Es handelt sich hierbei um eine sogenannte nachrangige Forderung nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO. Dies bedeutet gleichzeitig, dass eine Forderungsanmeldung erst berücksichtigt wird, wenn das Insolvenzgericht bzw. die Verwaltung die nachrangigen Gläubigerinnen und Gläubiger zur Anmeldung auffordert. Dies erfolgt regelmäßig erst, wenn auch für diese mit einer Quote zu rechnen ist. Das kommt in der Praxis sehr selten vor. Das ist auch der Grund, warum man ggf. als nachrangige Gläubigerin und Gläubiger gar nicht erst von der Insolvenzverwaltung angeschrieben wird. Es ist jedenfalls nicht möglich, dass Crowdinvestierende vergessen werden. Denn weil die Unternehmen zu einer vollständigen Auskunft der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten verpflichtet sind, ist die Crowd der Insolvenzverwaltung bekannt. Wenn nach Bedienung der einfachen Gläubigerinnen und Gläubiger aus der Insolvenzmasse doch noch etwas übrig sein sollte, dann werden die Crowdinvestierenden in jedem Fall von der Insolvenzverwaltung aufgefordert, ihre Forderungen anzumelden. 

In der Regel informieren wir unsere Crowdinvestierenden zu Beginn des Insolvenzverfahrens nach Rücksprache mit der Insolvenzverwaltung, ob eine Forderungsanmeldung notwendig ist. Davon ist aber im Normalfall aus den oben genannten Gründen nicht auszugehen. 

5. Wo finde ich aktuelle Informationen zum Insolvenzverfahren?

Crowdinvestierende können sich über mehrere Kanäle über die jeweilige Insolvenz informieren:  

  • Internetseite “Insolvenzbekanntmachungen”: Die Gerichte stellen hier Ihre offiziellen Bekanntmachungen ein. Investorinnen und Investoren finden dort alle Insolvenzverfahren der Bundesrepublik Deutschland ab dem Jahr 1999.  
  • Investor-Relations-Bereich: Auf unseren Plattformen Seedmatch und Econeers informieren wir im Investor-Relations-Bereich des jeweiligen Unternehmens vierteljährlich über den aktuellen Stand des Insolvenzverfahrens.  
  • Der Insolvenzverwalter: Sie können den Insolvenzverwalter auch jederzeit selbst kontaktieren. Die Kontaktdaten stellen wir im Investor-Relations-Bereich oder per E-Mail zur Verfügung, sobald sie uns vorliegen. Außerdem werden sie in den Bekanntmachungen zur Insolvenzeröffnung von den zuständigen Gerichten veröffentlicht. 
  • Verweis auf die rechtliche Situation der Gründerinnen und Gründer: Die Gründerinnen und Gründer dürfen sich oft nicht äußern, weil die Kommunikation und Verwaltung der Unternehmen vom Insolvenzverwalter übernommen wird.   
  • Unterstützung durch die OneCrowd : Wir bieten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens in der Regel einen Videoaustausch mit unserem IR-Team an. Sie haben außerdem die Möglichkeit, einen individuellen Gesprächstermin mit uns zu vereinbaren. Sie erreichen uns unter der Mailadresse: investor@onecrowd.de.

6. Weshalb können manche Unternehmen auch nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ihr Geschäft weiterführen?

Der Insolvenzverwalter hat das Ziel, möglichst viele Forderungen der Gläubigerinnen und Gläubiger zu bedienen. Dafür kommt es häufig vor, dass während des Insolvenzverfahrens Wirtschaftsgüter (sogenannte Assets) wie Grundstücke, Gebäude, Anlagen, Maschinen, Rechte, Patente und Vorräte einzeln verkauft werden. Diese Transaktion wird als „Asset Deal“ bezeichnet.  

Der Käufer dieser Assets kann auf diesem Wege unter Umständen das Geschäft des insolventen Unternehmens weiterführen, ohne dass die Crowdinvestorinnen und –investoren daran partizipieren können. Das kann für die Investierenden enttäuschend sein, doch das deutsche Rechtssystem lässt ein solches Vorgehen zu. Das heißt also: Ein Unternehmen, das zum Beispiel Wattestäbchen verkauft hat, kann auch weiterhin unter dem gleichen Namen Wattestäbchen verkaufen, obwohl der Inhaber ein anderer ist. 

7. Wie und wann erhalte ich eine Verlustbescheinigung?

Da der Verlust erst mit Abschluss des Verfahrens endgültig feststeht, fordern wir, das Team der OneCrowd, beim Insolvenzverwalter eine allgemeine Verlustbescheinigung für die Crowdinvestierenden an, sobald uns bekannt wird, dass das Verfahren aufgehoben wurde bzw. beendet ist. Ein Insolvenzverfahren kann mehrere Jahre andauern.  

Die Bescheinigung wird uns in den meisten Fällen auch zeitnah zur Verfügung gestellt. Wir lassen diese dann allen Investorinnen und Investoren per E-Mail zukommen.  

8. Wie mache ich eingetretene Verluste steuerlich geltend?

Gemäß Urteil VIII R 13/15 des Bundesfinanzhofes können Forderungen von Crowdinvestierenden steuerlich geltend gemacht werden. Die eingetretenen Verluste durch das Crowdinvesting sollten möglichst früh angemeldet werden. Da jedes Finanzamt jedoch anders arbeitet, bleibt abzuwarten, ob der Verlust schon mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder erst mit Aufhebung des Verfahrens und der Vorlage der Verlustbescheinigung vom Finanzamt anerkannt wird.  

Zur steuerlichen Geltendmachung sollten Crowdinvestierende über ihre Steuerberatung die folgenden Unterlagen beim Finanzamt einreichen:  

  1. Kopie des Darlehensvertrags (diesen finden Sie in Ihrer Investmentübersicht)  
  2. Zahlungsnachweis als Bestätigung der geleisteten Investition (in der Regel erfolgte die Bezahlung des Investments 3 bis 5 Tage nach dem Investmentzeitpunkt)  
  3. Bestätigung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens von der OneCrowd 
  4. Bestätigung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Amtsgericht 
  5. Urteil VIII R 13/15 des Bundesfinanzhofes  

Die Dokumente 3 bis 5 stellen wir im Investor-Relations-Bereich unter „Weitere Dokumente“ sowie in einer E-Mail zur Verfügung.

9. Wie oft melden OneCrowd-Unternehmen Insolvenz an?

Die Unternehmen, die sich auf den OneCrowd-Plattformen Seedmatch und Econeers präsentieren, befinden sich häufig in einer recht frühen Phase ihrer Unternehmensentwicklung. Es besteht daher ein erhöhtes Risiko, dass ein Unternehmen scheitert, und der Totalverlust des eingesetzten Kapitals ist nicht auszuschließen. Aus diesem Grund sollten Investorinnen und Investoren nur Gelder investieren, deren Verlust sie sich leisten können. Um das Risiko zu streuen, empfehlen wir, sich ein individuelles Portfolio zusammenzustellen, indem kleinere Summen auf mehrere Unternehmen verschiedener Branchen verteilt werden. Aktuell liegt die Ausfallquote in Bezug auf die Finanzierungsrunden bei der Plattform Seedmatch bei rund 20 Prozent. Bei Econeers beträgt die Ausfallquote rund 5 Prozent.  

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