Trotz Rückgang: Fast 2.500 Startup-Neugründungen in Deutschland

Eine schwächelnde Wirtschaft, mangelndes Wachstum, Konjunktursorgen: In solch schwierigen Zeiten wollen immer weniger Menschen ein Risiko eingehen. Dazu passt auch: Die Zahl der Startup-Neugründungen in Deutschland hat weiter abgenommen. Im Vergleich zu 2022 entschieden sich 2023 knapp 5 Prozent weniger Gründerinnen und Gründer dafür, aus ihrer Idee ein Geschäftsmodell zu entwickeln. Soweit die schlechten Nachrichten. Man kann diese Geschichte aber auch anders erzählen: Trotz des schwierigen Umfelds wurden im vergangenen Jahr fast 2.500 Startups in Deutschland neu gegründet.  

Die Zahl der Neugründungen sei beeindruckend, meint auch Magdalena Oehl, die stellvertretende Vorsitzende des Startup-Verbands, der den Bericht vor wenigen Wochen veröffentlicht hat. Sie sagt aber auch: Der Rückgang zeigt uns, wie schwierig aktuell das Finanzierungsumfeld ist. Deutschland muss gerade jetzt einen stärkeren Gründer- und Unternehmergeist entwickeln.”  

Doch was sagt der Bericht des Startup-Verbands noch aus, und welche Trends lassen sich daraus ableiten? Wir haben die vier wichtigsten Erkenntnisse zusammengefasst.  


Erkenntnis 1: Berlin überholt München als Startup-Hochburg 

Mit 468 neuen Startups ist die Landeshauptstadt Spitzenreiter bei den absoluten Gründungen. Das gilt nun auch wieder mit Blick auf die Einwohnerzahl (Gründungen pro Kopf), hier hatte sich im Vorjahr München auf Platz 1 geschoben. Unterm Strich gab es in beiden Städten aber weniger Neugründungen als in den vorherigen Jahren, der Gründungsmotor in beiden Hotspots stottert also. Berlin ist mit einem Rückgang von 7 Prozent, München sogar mit einem Rückgang von 13 Prozent konfrontiert.  

Aber: Trotz des Rückgangs ist Berlin weiterhin DIE Gründermetropole. Das spüren auch wir bei der OneCrowd. Mit Abstand die meisten jungen Unternehmen, die sich auf den Crowdinvesting-Plattformen der OneCrowd präsentieren, kommen aus der Landeshauptstadt. Aktuelles Beispiel: Laori. Die Geschichte des Unternehmens, für das derzeit eine Crowdinvesting-Kampagne auf unserer Plattform Seedmatch läuft, begann in einer Bar in – Überraschung – Berlin. Gründerin Stella war mit Freunden aus und wollte keinen Alkohol trinken. Alternativen gab es aber nur in Form von süßen Saft-Cocktails. Dabei wollte ich doch einfach einen Gin Tonic – nur eben ohne Alkohol”, erinnert sie sich. Die Idee ließ Stella nicht mehr los und sie begann in ihrer eigenen Küche zu destillieren. Heute hat sie mit Laori eine erfolgreiche Marke für alkoholfreie Drinks etabliert – die längst nicht mehr nur in Berlin Abnehmer findet.  


Erkenntnis 2: Forschungsstarke Ökosysteme auf dem Vormarsch 

Schaut man sich die Zahlen des aktuellen Startup-Berichts an, dann fällt vor allem die Dynamik forschungsstarker Gründungsstandorte wie Darmstadt, Karlsruhe oder auch Heidelberg auf. Hier schlummern große Potenziale. Um deutsche Universitäten herum entstehen zunehmend innovative Startups, die wissenschaftliche Erkenntnisse schnell in die unternehmerische Praxis bringen. 

Heidelberg? Da klingelt es auch bei uns. Schon vor ein paar Jahren überzeugte das Startup Wawibox unsere Investierenden mit seiner Online-Materialverwaltung mit integriertem Preisvergleich speziell für Zahnarztpraxen und Dentallabore. Auch danach entwickelte sich das Heidelberger Unternehmen sehr positiv. 2021 gelang Wawibox sogar ein erfolgreicher Exit – das bedeutet, dass mehr als die Hälfte der Firmenanteile verkauft wurden. Davon profitierten auch unsere Seedmatch-Investorinnen und -Investoren.  


Erkenntnis 3: Regionen jenseits der Hotspots werden wichtiger 

Auch wenn in den drei Großstädten Berlin, München und Hamburg ein Drittel aller deutschen Gründungen stattfinden, ist ihr Anteil seit 2019 kontinuierlich gesunken. Flächenländer wie Baden-Württemberg, Niedersachsen und Sachsen konnten hingegen 2023 ein breites Wachstum verzeichnen. Das heißt also: Regionen jenseits der etablierten Startup-Hotspots gewinnen zunehmend an Bedeutung. Beispiel Sachsen: Von einem Rückgang kann hier nicht die Rede sein. Im Gegenteil: Der Freistaat konnte die Zahl der Startup-Neugründungen von 71 im Jahr 2022 auf 91 in 2023 erhöhen. Ähnlich positiv, nur in einer ganz anderen Dimension, sieht es in Baden-Württemberg aus. 2023 gab es hier insgesamt beeindruckende 304 Neugründungen. Zum Vergleich: 2022 waren es nur” 282. 


Würde man das Team von PROSERVATION, unser aktuelles Econeers-Funding, danach fragen, ob Baden-Württemberg ein gutes Pflaster für Startups ist, wäre die Antwort wohl eindeutig. Natürlich! Schließlich hat sich das Team die Stadt Stuttgart zum Firmensitz gewählt. Der Standort scheint dem jungen Unternehmen auch tatsächlich Glück zu bringen. Zumindest kann sich das bisher Erreichte sehen lassen. Aus Freundinnen und Freunden sind Geschäftspartnerinnen und Geschäftspartner geworden, die gemeinsam ein führendes Bioökonomie-Startup geschaffen haben, das sich auf die Entwicklung ökologisch und ökonomisch sinnvoller Verpackungslösungen spezialisiert.  


Erkenntnis 4: Software-Bereich legt deutlich zu 

Sieht man sich an, in welchen der zehn wichtigsten Branchen die meisten Neugründungen erfolgen, dann fällt auf: Nur der Spitzenreiter hat enorm zugelegt. Während in allen anderen Branchen 2023 zum Teil deutlich weniger Startups gegründet wurden, konnte der Bereich Software gegenüber 2022 sogar noch um 21 Prozent zulegen. Inzwischen gehört fast jedes fünfte neu gegründete Startup zur Software-Branche. 

Auch bei der OneCrowd präsentieren sich häufig junge Software-Unternehmen. Und sie finden schnell die Unterstützung, die sie brauchen. Bestes Beispiel dafür ist Pickawood. Das junge Unternehmen hat vor einigen Jahren eine Online-Plattform entwickelt, die es Kundinnen und Kunden ermöglicht, selbständig Möbel nach Maß zu planen und zu bestellen. Dreimal präsentierte sich das Team auf Seedmatch, dreimal wurde die Crowdinvesting-Kampagne zum Erfolg, dreimal half das Geld der Crowd dem Team dabei, weitere Wachstumsziele umzusetzen.  


Fazit: Chance für neue Regionen und Sorge vor schwindender Innovationskraft 

Der Startup-Bericht zeigt: Auch Regionen, die bisher noch keine Startup-Hotspots waren, haben jetzt vermehrt die Chance, Gründerinnen und Gründer anzuziehen. Natürlich ist das Umfeld weiterhin wichtig – und wo viele Startups sind, werden sich leichter neue Startups ansiedeln. Doch es spielen zunehmend auch andere Faktoren eine Rolle – wie zum Beispiel die Nähe zu Forschungseinrichtungen und Universitäten. Außerdem können, Homeoffice sei Dank, Firmenstandorte mittlerweile viel flexibler gewählt werden.  

Im Bericht versteckt sich aber auch ein wichtiger Auftrag. Dass die Zahl der Startup-Gründungen kontinuierlich zurückgeht, darf nicht einfach hingenommen werden. Der Startup-Verband sieht hier die Bundesregierung in der Verantwortung und appellierte schon vor Monaten: Zwar gebe es seitens der Regierung vielversprechende Vorhaben, doch diese müssten schneller umgesetzt werden. Insgesamt brauche es mehr Tempo, um die Innovations- und Zukunftsfähigkeit Deutschlands zu sichern. Eine Forderung, die mit Blick auf den aktuellen Bericht zu den Neugründungen noch einmal an Bedeutung gewinnen sollte.  

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