Sie können endlos sein: Tage, an denen man sich zur Arbeit schleppt, müde, schlaff und unkonzentriert. Die Motivation ist zu Hause im Bett liegen geblieben. Auf dem Schreibtisch stapeln sich die Aufgaben. Weil der Schwung fehlt, der Elan, will an solchen Tagen so gar nichts klappen. Was jetzt hilft? Ein starker Kaffee vielleicht oder eine Stück Traubenzucker?
Neben klassischen Hausmitteln gibt es inzwischen auch eine neue, innovative Methode, um mit solchen Tagen fertig zu werden: das Biohacking. Der Begriff lässt sich am besten verstehen, wenn man ihn in seine Einzelteile zerlegt. Das Kürzel „Bio“ steht natürlich für Biologie. Konkret geht es um den eigenen Körper. „Hacking“ wiederum erinnert an einen Nerd, der den ganzen Tag vor dem Rechner sitzt und tief in die Computersysteme eindringt. Bei einem Biohacker ist das ähnlich. Nur, dass er nicht IT-Programme entschlüsseln will, sondern seine eigene Physis. Wenn der Hacker den eigenen Körper besser versteht, kann er ihn beeinflussen. Es geht beim Biohacking also darum, sich selbst zu optimieren, die Konzentration, die Leistung und die Produktivität zu steigern.
Cyborgs tragen Mikrochips unter der Haut
Die Biohacking-Bewegung stammt aus den USA, genauer gesagt aus der Universitätsstadt Cambridge im Bundesstaat Massachusetts. Schon 2005 kam der Trend dort auf. Inzwischen hat die Bewegung weltweit Anhänger. Oft wird Biohacking in Zusammenhang mit Menschen gebracht, die Mikrochips unter der Haut tragen. Diese Cyborgs wollen ihren Körper durch den Einsatz von moderner Technik optimieren. Im Alltag kann das dann so aussehen: Der Chip unter der Haut ermöglicht es den Cyborgs, mit einer einfachen Handbewegung Türen zu öffnen. Das klingt nach Science-Fiction. Tatsächlich schreitet die Forschung auf diesem Gebiet zügig voran. Mächtige Unternehmen haben das Thema auf ihrer Agenda. So arbeitet zum Beispiel Facebook gerade daran, verlässliche und nutzbare Schnittstellen zwischen Gehirn und Computer zu schaffen. Und sogar in Deutschland gibt es Cyborgs. Etwa 4.000 Menschen haben sich bereits einen Chip einpflanzen lassen, schätzt der Biohacking-Coach Patrick Kramer.
Aber so weit muss man natürlich nicht gehen, um sich selbst zu optimieren. Im Prinzip kann sich jeder, der schon einmal kalt geduscht hat, bereits als Biohacker bezeichnen. In den Niederlanden haben Wissenschaftler bei einer Untersuchung festgestellt, dass unter den Probanden, die drei Monate lang jeden Tag eine kalte Dusche nahmen, etwa 30 Prozent weniger krank wurden als unter den restlichen Teilnehmern der Studie. Viele Biohacker schwören auf den kurzen Kälteschock am Morgen. Sie gehen davon aus, dass durch das eisige Wasser die Fettverbrennung angeregt, die Durchblutung verbessert, die Müdigkeit vertrieben wird.
Milliarden-Umsatz mit Vitamin- und Mineralstoffpräparaten
Eine kalte Dusche allein reicht natürlich noch nicht. Biohackern kommt es auf die richtige Ernährung an. Sogenannte Power Foods helfen ihnen dabei, sich mit den wichtigsten Nährstoffen zu versorgen. Der Markt der Supplements (Nahrungsergänzungsmittel) boomt. Laut einer Untersuchung des Marktforschungsinstituts Insight Health wurden mit Vitamin- und Mineralstoffpräparaten im Jahr 2018 rund 1,44 Milliarden Euro allein in Deutschland umgesetzt, das entspricht einem Gesamtverkauf von 225 Millionen Packungen und damit zwölf Millionen Packungen mehr als noch im Jahr 2017. Die größte Rolle in diesem Segment spielen Vitamine und Mineralstoffe, die zwei Drittel des gesamten Marktes für Supplements ausmachen.
Inzwischen befassen sich auch mehrere Untersuchungen mit diesem Thema. So zeigen zum Beispiel die Ergebnisse der Heidelberger „European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition“ (EPIC)-Studie mit rund 25.000 Studienteilnehmern, dass Konsumenten von Supplements häufig ein höheres Bildungsniveau, einen gesünderen Lebensstil und ein besseres Ernährungsverhalten aufweisen als Nichtkonsumenten. Ärzte raten vor allem Schwangeren und Menschen, die sich vegan ernähren, dazu, über Nahrungsergänzungsmittel nachzudenken, um ihren Körper ausreichend zu versorgen.
Junge Gründer bringen funktionale Lebensmittel auf den Markt
Längst haben auch junge Gründer den Biohacking-Trend erkannt. In den USA konnte sich vor allem TruBrain erfolgreich am Markt etablieren. Das von Wissenschaftlern und Geschäftsleuten gemeinsam gegründete Unternehmen hat sich auf die Gehirnleistung spezialisiert. Das Ziel: Drinks und Snacks angereichert mit Nährstoffen sollen die kognitive Leistung verbessern. Im Verhältnis zu den amerikanischen Vorreitern ist die deutsche Biohacking-Szene noch relativ klein, doch sie wächst – vor allem, wenn es um den Bereich der Ernährung geht. Laut dem Online-Magazin Gründerszene werden in diesem Jahr Themen wie Beauty-Food, Verdauungsoptimierung oder auch funktionale Lebensmittel stärker im Mainstream ankommen.
Technik-Boom bei Gadgets für die Selbstoptimierung
Doch funktionale Lebensmittel und Supplements sind nicht alles – der Biohacking-Trend umfasst noch einen weiteren Bereich. Viele Anhänger nutzen technische Gadgets zur Selbstoptimierung. Mit Smartwatches und Fitnessarmbänder sammeln sie möglichst viele Daten über sich selbst, um ihre körperliche Leistung zu verbessern. Die Technik entwickelt sich rasant. Noch vor ein paar Jahren wurden mehrere Tools und unterschiedliche Software benötigt. Heute gibt es einheitliche Systeme. Ein schmales Armband erfasst Bewegungsinformationen, protokolliert den Schlaf und warnt vor zu kurzen und zu langen Ruhephasen. Die Daten werden direkt an das Smartphone geschickt. Dort bündelt eine App viele verschiedene Informationen und stellt sie grafisch dar. Analysten des Marktforschungsunternehmens IDC gehen davon aus, dass sich der Markt für smarte und intelligente Uhren in den kommenden Jahren nahezu verdoppeln wird.
Power Food, Smartwatches, Drinks mit Nährstoffen – es gibt viele Möglichkeiten, mehr aus dem eigenen Körper herauszuholen. Die Biohacking-Bewegung schreitet immer weiter voran. In den kommenden Jahren wird sie weltweit noch mehr Anhänger gewinnen. Und sie wird dafür sorgen, dass noch viele spannende Produkte auf den Markt kommen. Kleine Helfer, die es der Unternehmerin ermöglichen, wieder mit mehr Energie in ihren Arbeitsalltag zu starten und die den Studenten dabei unterstützen, sein Gehirn besser zu trainieren, damit er schneller lernen und jede Prüfung meistern kann.
16. Februar 2021
Meiner Meinung nach wäre Naturschutz besser als industrielle Selbstoptimierung. Wohlwollend betrachtet mag die Geschäftsidee nützlich sein, ähnliches gab es aber bereits vor 30 Jahren, damals unter dem Schlagwort „Smart Drugs“, und vor ca. 3000 unter dem Schlagwort Ayurveda. Wünsche trotzdem gutes Gelingen!