Die einen sagen Plastik, die anderen Plaste. Doch egal, für welche Variante man sich entscheidet, gemeint ist ein und dasselbe: Kunststoff, einst ein Symbol für den Fortschritt, langlebig, leicht, flexibel und günstig. Heute ist von den vielen Vorteilen, die man Plastik zweifelsohne zusprechen muss, nur noch selten die Rede. Längst haben wir mit den Schattenseiten des beliebten Werkstoffes zu kämpfen. Tonnenweise landet Plastik in unseren Weltmeeren. Darunter leiden vor allem die Meerestiere. Zahlreiche Schildkröten und Delfine verfangen sich in alten Fischernetzen und verenden qualvoll. In den Mägen vieler Seevögel lassen sich zudem massenweise Kunststoffstückchen finden, die fälschlicherweise für Nahrung gehalten wurden. Die Folge: Die Tiere verhungern mit vollem Magen. Und auch für uns Menschen könnte der Kunststoff zur Gefahr werden.
Doch schauen wir uns den Stoff an sich zunächst etwas genauer an. Plastik besteht aus sogenannten Polymeren. Gemeint sind sich wiederholende Molekülgruppen. Um künstliche Polymere für den Kunststoff zu erzeugen, wird oft Erdöl verwendet. Außerdem werden bei der Herstellung meist noch andere Stoffe wie Weichmacher oder Färbemittel zugesetzt. Schon der Herstellungsprozess ist also in ökologischer Hinsicht nicht ganz ohne. Zum größten Problem für unsere Umwelt wird aber vor allem eine Eigenschaft des Kunststoffes: Gemeint ist die Langlebigkeit. Plastik ist nicht biologisch abbaubar, sondern zerfällt in winzige Teile, die in die Umwelt gelangen können.
Mehr Plastikmüll in der Corona-Pandemie
Egal ob im Auto, als Baumaterial oder zur Herstellung von Haushaltsgeräten – Kunststoff ist aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Rund 20 Millionen Tonnen Plastik werden jährlich in Deutschland produziert. Davon bleiben etwa zwölf Millionen im Land. Und noch eine Zahl zeigt das Ausmaß: In der Kunststoffherstellung und -verarbeitung sind allein in Deutschland mehr als 400.000 Menschen beschäftigt. Auch wir, die Konsumentinnen und Konsumenten, greifen fast täglich beim Einkauf zu in Plastik verpackten Produkten. Pro Kopf werden durchschnittlich 107,7 Kilo Verpackungsmüll pro Jahr verursacht, Tendenz steigend. Während der Corona-Pandemie hat die Menge an Plastikmüll in Privathaushalten in Deutschland sogar noch weiter zugenommen.
Nun könnte man meinen, dass das Ganze nicht so schlimm sei. Schließlich werfen die meisten von uns den Plastikmüll nicht einfach in die Natur, sondern entsorgen ihn ordentlich in der Gelben Tonne, sodass er recycelt werden kann. Die Wahrheit ist aber: Weniger als ein Drittel des in Europa produzierten Plastikmülls wird tatsächlich wiederverwertet. Der Rest wird verbrannt, gelagert oder sogar in andere Länder exportiert.
Plastikmüll aus Deutschland: Endstation in Asien
Deutschland gehört zu den führenden Exportnationen der Welt. Leider gilt das nicht nur für tolle Produkte “Made in Germany”. Auch wenn es darum geht, ungeliebten Plastikmüll außer Landes zu schaffen, ist die Bundesrepublik vorn mit dabei. Laut Angaben des Statistischen Bundesamtes wurden allein in 2020 eine Million Tonnen ins Ausland transportiert. Zwar geht diese Zahl Jahr für Jahr leicht zurück, dennoch ist Deutschland im EU-Vergleich nach wie vor mit Abstand der größte Müll-Exporteur, gefolgt von Belgien (476.100 Tonnen), den Niederlanden (389.900 Tonnen) und Frankreich (385.600 Tonnen). Und wo geht der ganze Müll hin? Noch bis 2018 war China der Hauptabnehmer für den deutschen Plastikmüll. Doch mittlerweile verbietet die Volksrepublik die Einfuhr von unsortierten Kunststoffabfällen. Malaysia wurde daraufhin zum Hauptabnehmer. Aber auch dort regt sich inzwischen Widerstand gegen den Plastikmüll aus dem Ausland.
Mikroplastik: Die unsichtbare Gefahr
Wer an die Verschmutzung der Meere durch Kunststoff denkt, dem fallen vor allem die Plastikflaschen- oder beutel ein, die im Wasser treiben. Tatsächlich aber befinden sich viel mehr Kunststoffe im Ozean als bisher angenommen. Inzwischen werden auch jene winzigen Mikroplastikpartikel im Meer untersucht, die mit bloßem Auge gar nicht zu erkennen sind. Das Ergebnis zeigt: Rechnet man die Menge an Mikroplastik zusammen, dann könnten allein im Atlantik Hunderte Millionen Tonnen zusammenkommen. Auch in Flüssen und sogar in unserem Boden konnte Mikroplastik schon nachgewiesen werden. Und sicher ist auch:
Wenn zum Beispiel Fische automatisch Mikroplastik zu sich nehmen, dann gelangen diese Teilchen auch zu uns Menschen. Aber schadet uns das? Eindeutige Studien dazu fehlen, weil Langzeitfolgen auf unseren Körper bisher nicht untersucht werden konnten. Doch einige Forscher warnen schon – und um eine Gefährdung der Gesundheit tatsächlich ausschließen zu können, werden noch viele weitere Untersuchungen notwendig sein.
Leben ohne Kunststoff: Startups zeigen, wie es geht
Grundsätzlich ist es natürlich am besten, wenn erst gar kein Plastik, ob Mikro oder nicht, in unsere Umwelt gerät. Genau dieses Ziel verfolgen etliche Startups in Deutschland. Einige beschäftigen sich mit Wiederverwendung, Recycling oder Upcycling, andere entwickeln plastikfreie Alternativen, damit Verpackungsmüll überhaupt nicht entsteht. Ein Beispiel dafür ist Papair. Das junge Team aus Hannover hat eine Luftpolsterfolien-Alternative aus Recyclingpapier entwickelt, um den Unmengen an Plastikmüll, die durch den Versandhandel entstehen, etwas entgegenzusetzen. „Zwei Mal täglich die Welt retten“, das ist das Motto von TIO. Das Startup aus Berlin stellt Zahnbürsten aus ressourcenschonendem Biokunststoff her. Und eine ganz besonders clevere Idee verfolgt das Unternehmen LEEF. Das Team aus Potsdam produziert und entwickelt kompostierbares Geschirr und Verpackungen aus Palmblatt.
Es gibt also schon etliche junge Unternehmen, die daran arbeiten, dass unsere Welt nicht noch weiter in den Kunststoffabfällen erstickt. Und was können wir tun? Klar, selbst weniger Plastikmüll verursachen und sich eben nicht darauf verlassen, dass die Gelbe Tonne schon alles richten wird.