71 Prozent der Expertinnen und Experten im Bereich Ernährung sehen in klimafreundlichen und nachhaltigen Lebensmitteln den Megatrend 2022. Dies geht aus der dritten Auflage des „Trendreports Ernährung” hervor, in dem über 100 Fachleute zum Thema befragt wurden.
Die steigende Bedeutung klimafreundlicher und nachhaltiger Nahrungsmittel zeigt sich in vielen Bereichen: So stieg die Zahl der wissenschaftlichen Arbeiten und Forschungsprojekte zu diesem Thema an und auch in der Gemeinschaftsverpflegung findet ein Umdenken zu mehr Nachhaltigkeit statt. Zudem werden Aspekte wie Regionalität und Nachhaltigkeit von den Verbraucherinnen und Verbrauchern bei Kaufentscheidungen heutzutage höher gewichtet.
Local Food – Produkte vom Bauern nebenan
Spanische Gurken, mexikanische Tomaten und Bananen aus Ecuador? Unsere Mahlzeiten sind ziemlich international. Dabei ist Local Food die nachhaltige Antwort auf die Umweltprobleme unserer Zeit. Denn häufig haben Lebensmittel, die wir täglich konsumieren, bereits einen langen Reiseweg hinter sich. Unsere Produkte stammen aus der ganzen Welt und sind immer und überall verfügbar. Insbesondere der Transport durch die Luft ist klimaschädlich: Er verursacht je Tonne Lebensmittel und Kilometer bis zu 90-mal mehr Treibhausgase als der Hochseeschiff-Transport und rund 15-mal mehr als Transporte per Lkw.
Aber es geht nicht nur um die geografische Nähe zwischen Produzenten und Konsumenten, sondern auch darum, dass die Produkte fair produziert werden und qualitativ hochwertig sind. Während der Corona-Krise haben Landwirte sowie Obst- und Gemüsebetriebe diesen Trend erkannt und sich vor allem im Bereich Online-Service besser aufgestellt, um noch mehr Kunden zu gewinnen.
Auch Startups sind in diesem Sektor Vorreiter. Ein Beispiel dafür ist „markta – Der digitale Bauernmarkt”. Hinter der Online-Plattform für regionale Lebensmittel steckt ein junges Unternehmen aus Österreich. Kunden können ein Vollsortiment aus Hunderten regionalen und saisonalen Lebensmitteln online bestellen. Die Produkte wiederum bezieht das Unternehmen ausschließlich über Klein- und Familienbetriebe aus der Region.
Soft Health – sanfte Ernährung und bunte Teller
Die regionalen Lebensmittel sollen nun durch eine sanfte Ernährung ergänzt werden. Aber was heißt das? Beim Ernährungstrend Soft Health, also der sanften Gesundheitsernährung, geht es darum, mehr frisches Obst und Gemüse zu essen. Das ist aber nur ein kleiner Teil der Bewegung. Ein weiterer wichtiger Ansatz: Anstatt Zucker, Fett oder Salz zu verteufeln, wird sich auf eine vitaminhaltige Nahrung, auf natürliche Lebensmittel und eine bunte Nahrungsvielfalt konzentriert. Neben Obst und Gemüse gehören auch Hülsenfrüchte und Getreideprodukte mit auf den Speiseplan.
Mit Äpfeln, Birnen und Co. beschäftigt sich auch Dörrwerk, ein Startup aus Berlin. Luftgetrocknetes Obst bietet das junge Unternehmen als gesunden Snack für zwischendurch an, das Gemüse wird zu leckeren Bio-Suppen oder zu Pesto verarbeitet. Der Clou daran: Mit seinen Produkten bedient Dörrwerk nicht nur den Ernährungstrend Soft Health, es werden auch Lebensmittel gerettet. Das Startup nutzt für die Herstellung ausschließlich Obst und Gemüse, das aufgrund ästhetischer Mängel nicht in den Handel kommt.
Vegan wird günstiger
Auch Unternehmen wie IKEA setzen sich zunehmend für eine nachhaltige Ernährung ein und machen pflanzliche Produkte durch eine neue Preisgestaltung um ein Vielfaches attraktiver. Denn was in Österreich bereits Standard ist, soll nun auch in Deutschland Realität werden: Seit Oktober bieten IKEA-Filialen hierzulande tierfreie Produkte ausnahmslos günstiger an. Die beliebten Klassiker wie Köttbullar und Hotdogs wird es zwar auch weiterhin mit Fleisch geben, doch die vegane Alternative lohnt sich für die Kunden nun zumindest auch preislich.
„Indem wir den vielen Menschen nachhaltigere Optionen anbieten, hoffen wir, ihnen mehr Möglichkeiten zu geben und sie zu inspirieren, zum Beispiel den vegetarischen Hotdog zu probieren, anstatt zum gewohnten fleischhaltigen Original zu greifen. Wir bei IKEA sind der Meinung, dass nachhaltige Produkte für möglichst viele Menschen erschwinglich sein sollten und nicht nur ein Luxus für wenige sein dürfen”, erklärt Jesper Brodin, CEO der Ingka-Gruppe.
Rückläufige Zahlen zum Milchkonsum
Doch nicht nur in den Unternehmen findet ein Umdenken statt. Auch in der Bevölkerung lassen sich einige Veränderungen wie etwa der Rückgang der Produktion von Trinkmilch tierischen Ursprungs feststellen. Das teilte das Statistische Bundesamt im Mai 2022 mit. So sank der Pro-Kopf-Verbrauch von sogenannter Konsummilch 2021 gegenüber dem Vorjahr um 4,4 % und lag damit auf dem niedrigsten Wert seit 1991.
Ein Grund für den rückläufigen Milchkonsum sind pflanzliche Milchalternativen. Im Jahr 2021 wurden 296,1 Millionen Liter Pflanzendrinks im Wert von 199,3 Millionen Euro nach Deutschland importiert – das sind 42 Prozent mehr als im Vorjahr. Zudem gibt es immer mehr Hersteller für die Produktion pflanzlicher Ersatzprodukte, wie beispielsweise oatly, Alpro und UNMILK, die ihre Pflanzenmilch aus Soja, Hafer, Mandel, Cashew oder Erbsen gewinnen. Ihr Ziel: Plant-based Drinks zum neuen Standard und Kuh-Milch zur Alternative machen.
Kleine Änderungen unserer Essgewohnheiten können einen großen Beitrag leisten
Die Ernährungstrends verdeutlichen: Wir sehnen uns nach gesunden, selbst hergestellten Lebensmitteln, nach regionalen Produkten vom Bauern nebenan – nach Entschleunigung beim Essen. Auch der Megatrend 2022 – klimafreundliche und nachhaltige Ernährung – zieht sich durch unsere Gesellschaft und festigt sich immer mehr. Sicher wird es auch in Zukunft die Aufgabe von Lebensmittelproduzenten sein, auf diese Entwicklungen einzugehen und das Beste aus alt und neu zusammenzufügen. Eins steht jedoch fest: Selbst kleine Änderungen bei unseren Essgewohnheiten können einen großen Beitrag zum Klima- und Ressourcenschutz leisten.