Dass die Renten nicht so sicher sind wie einst behauptet und privater Vermögensaufbau daher unerlässlich ist, um auch im Alter komfortabel leben zu können, dürfte mittlerweile jedem klar sein. Dennoch waren Geldanlage und Vermögensbildung bisher für viele Menschen ein Buch mit sieben Siegeln und damit ein Thema, das man gern einmal auf nächste Woche oder nächstes Jahr verschiebt – oder am besten delegiert. Lieber in Aktien oder in Fonds anlegen? Ist Gold die sicherste Anlage oder einfach total überbewertet? Und tut’s nicht einfach auch der gute alte Bausparvertrag? Wer sich damit nicht selbst auseinandersetzen wollte, den führte sein Weg bisher zum Bank- oder Vermögensberater seines Vertrauens, der – natürlich völlig uneigennützig – Investments mit sensationellen Renditen bei quasi nicht vorhandenem Risiko empfahl. Irgendwie schwante manchem Anleger zwar, dass Dinge, die sich zu schön anhören, um wahr zu sein, meistens auch nicht wahr sind – aber dafür jetzt das gesamte Kleingedruckte lesen? Ach, wird schon passen …
Spätestens seit der Finanzkrise ab dem Jahr 2008 hat sich das Vertrauensverhältnis der Deutschen zu ihren Bank- und Finanzberatern Studien zufolge jedoch gewandelt. Eine Untersuchung der Gesellschaft für Konsumgüterforschung (GfK) ermittelte, dass sich rund zwei Drittel aller Bundesbürger sicher sind, dass Banken beim Thema Geldanlage nicht kompetent und im Sinne des Kunden beraten. Genaue Zielvorgaben für die Anzahl zu verkaufender Produkte führen häufig dazu, dass Banker keine bedarfsgerechten Empfehlungen aussprechen, sondern vor allem darauf achten, ihr eigenes Soll zu erfüllen. Diesen Eindruck untermauern auch Testergebnisse von Finanztest, einem Verbrauchermagazin der Stiftung Warentest. Dafür wurden von Juni bis September 2015 insgesamt 160 Beratungsgespräche bei Privat- und Genossenschaftsbanken sowie Sparkassen in Anspruch genommen und ausgewertet. Das Ergebnis: Nur drei von 23 untersuchten Banken berieten gut – die anderen unterbreiteten zu riskante und nicht zu den vorab geäußerten Wünschen des Kunden sowie zu seiner persönlichen Situation passende Anlageempfehlungen.
Jeder Fünfte ist in Finanzfragen Selbstentscheider
Mittlerweile ist vielen Privatanlegern klar geworden, dass es Rendite ohne Risiko nicht gibt, dass der Bank- oder Finanzberater nicht selbstlos agiert, sondern ein Interesse an Provisionszahlungen hat und dass sich damit verbundene Fallstricke nur umgehen lassen, indem man sich selbst schlau macht und die Geldanlage entweder komplett in die eigene Hand nimmt oder aber sich soweit einarbeitet, dass man die Produkte, die man auf Empfehlung abschließt, genau versteht. In der Konsequenz kümmert sich den Zahlen der GfK zufolge mittlerweile ein Fünftel aller Deutschen selbstständig um seine Finanzen. Die immer zahlreicher werdenden Selbstentscheider nutzen vor allem das Internet, um sich über das Thema Kapitalanlage zu informieren, und vermehrt auch, um direkt online ihr Geld anzulegen. Viele setzen daher auf Crowdinvesting-Plattformen wie Seedmatch, die eine selbstbestimmte und individuelle Form der Geldanlage anbieten und auf ein starkes Wachstum des Gesamtmarkts Crowdinvesting von 48,9 Mio. Euro im Jahr 2015 auf 297 Mio. Euro im Jahr 2018 zurückblicken. Aber auch außerhalb der Crowdinvesting-Szene entstehen immer mehr FinTech-Unternehmen, die digitale Services rund um das Thema Finanzen anbieten.
Während sich ein Teil der Anbieter auf den B2B-Markt fokussiert und z. B. digitale Services und Technologien für etablierte Player im Finanzbereich wie Banken und Versicherungen anbietet, konzentrieren sich andere FinTech-Unternehmen auf den Endkundenmarkt. Dabei lassen sich im Wesentlichen sechs verschiedene Geschäftsfelder unterscheiden:
- PropTechs wie moovin bieten Services rund um Immobilienverkauf, -vermietung und -verwaltung,
- InsurTechs wie gonetto helfen bei der Auswahl der richtigen Versicherung und verwalten Versicherungsverträge für ihre Nutzer,
- Payment-Anbieter entwickeln alternative Bezahlverfahren,
- Unternehmen im Bereich Savings decken Anwendungen rund um Banking und Vermögensverwaltung ab,
- bei im Investmentbereich tätigen Unternehmen können Anleger Kapitalanlagen abschließen,
- Financing-Anbieter bringen Kreditgeber und -nehmer zusammen – z. B. über Crowdinvesting.
Von Tagesgeld-Hopping bis Fonds-Cashback: erfolgreiche deutsche FinTechs
Zu den erfolgreichsten deutschen FinTechs zählt die Raisin GmbH aus Berlin, die mit ihrem Angebot Weltsparen all jene anspricht, die sich über niedrige oder gar nicht vorhandene Zinsen auf ihrem Tagesgeldkonto ärgern. Weltsparen bündelt auf seiner Plattform Tages- und Festgeldangebote von 79 Partnerbanken aus 28 europäischen Ländern. Es ist nur die einmalige Anmeldung bei Weltsparen erforderlich, um alle Angebote direkt über die Plattform abschließen zu können. So wird Tages- und Festgeld-Hopping, das sich häufig aufgrund geringer Zinsdifferenzen und eines verhältnismäßig großen administrativen Aufwands nicht lohnt, für Privatanleger lukrativ bzw. mit Banken im europäischen Ausland überhaupt erst möglich. Begünstigt wurde der Erfolgskurs des Unternehmens durch die EU-Richtlinie zur Einlagensicherung, die Spargelder bis zu 100.000 Euro pro Bank inklusive Zinsen europaweit schützt.
Wer nicht nur den auf dem Tagesgeldkonto geparkten Notgroschen gewinnbringend anlegen möchte, sondern nach einer Plattform sucht, auf der er bestehende Finanzanlagen auswerten kann, der ist bei Rentablo richtig. Mit der Rentablo-Software können Depots verknüpft und entweder auf Depot- oder auf Einzelwertbasis klassifiziert, analysiert und mit Benchmarks verglichen werden. Aufwändig zu pflegende Excel-Tabellen, mit denen viele Kleinanleger arbeiten, gehören damit der Vergangenheit an. Interessant ist Rentablo auch für alle, die in aktiv gemanagte Fonds investieren. Über Rentablo können sich Anleger Fonds-Cashback sichern, d. h. sie erhalten je nach gewähltem Paket bis zu 100 % der Bestandsprovisionen, bestehend aus Ausgabeaufschlag (Agio) und Vertriebskosten, erstattet. Rentablo arbeitet dafür mit Partnerbanken wie z. B. comdirect oder BNP Paribas zusammen, die für ihre Digitalisierung und Neukundengewinnung auf das FinTech setzen.
Die beiden Beispiele verdeutlichen, wie FinTechs mit einer kreativen Herangehensweise und starker Kundenorientierung den etablierten Playern im Finanzbereich Konkurrenz machen und die Geldanlage demokratisieren: Günstige Konditionen bekommt nicht mehr der, der seine Beziehungen spielen lassen kann, sondern jeder, der clever online recherchiert und vergleicht. Die Resonanz auf die Angebote der jungen Unternehmen dürfte weiter wachsen, wenn immer mehr Menschen ihre Geldanlage selbst in die Hand nehmen – und das starke Follower-Wachstum von Finanzbloggern wie dem Finanzwesir oder Madame Moneypenny, die Finanzbildung für jedermann bieten, zeigt, dass dieser Prozess bereits voll im Gange ist …