In unserem zweiteiligen Blogbeitrag blicken wir auf die aktuelle Lage in der Energieerzeugung und mögliche Alternativen, denn Deutschland steht vor einem Umbruch: Nicht zuletzt durch die ausgerufene Alarmstufe in der Gasversorgung und die Gasumlage sind Alternativlösungen auf dem Energiemarkt aktuell im Mittelpunkt der Diskussionen. Auch das ambitionierte Ziel der Bundesregierung, dass ab dem Jahr 2024 die Wärmepumpe die Gasheizung als neue Standardheizung in Gebäuden ablösen soll, bedeutet Handlungsbedarf. Nun sollen schnellstmöglich und großflächig die Voraussetzungen für alternative Wärme- und Energieerzeugung geschaffen werden.
„Die Wärmeversorgung von Gebäuden muss in Zukunft klimaneutral, energieeffizient und technologieoffen auf Basis erneuerbarer Energien erfolgen. Damit werden wir unsere Klimaschutzziele erfüllen, uns unabhängiger von fossilen Energieimporten machen und dabei eine bezahlbare Wärmeversorgung sichern“, heißt es in der gemeinsamen Absichtserklärung der Bundesregierung und der beteiligten Branchen vom 12. Juli 2022.
Erdgas bleibt Spitzenreiter, erneuerbare Energien legen zu
Die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs scheinen wie ein Weckruf für Deutschland, seine Energieversorgung schneller umzustellen. Die angespannte Versorgungslage führt potenziell zu starken Energiepreissteigerungen. Zuletzt sorgten der Aufruf zum Sparkurs beim Gasverbrauch sowie die Einführung der Gasumlage ab Oktober für Verunsicherung in der Bevölkerung – ist Erdgas doch unangefochtener Spitzenreiter bei den zum Heizen genutzten Energieträgern. Laut einer Studie des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) wird in 48,2 Prozent der Wohnungen in Deutschland Erdgas als Energieträger genutzt. Auf Platz zwei folgt das Heizen mit Öl.
Doch das soll sich in Zukunft ändern: Sowohl die Nutzung von Wärme aus Solarthermieanlagen als auch der Anteil von Strom aus erneuerbaren Energien legte in Deutschland zuletzt zu. Nach Angaben der Arbeitsgruppe Erneuerbare Energien-Statistik (AGEE-Stat) stieg die erneuerbare Stromerzeugung im ersten Halbjahr 2022 im Vergleich zum ersten Halbjahr des Vorjahres um deutliche 14 Prozent. Die windstarken Monate Januar und Februar sowie der Zubau neuer Photovoltaik-Anlagen in Kombination mit sehr sonnigem Wetter waren Grund für die Zunahme des Grünstromanteils.
Traditionelle Energieerzeugung steht auf der roten Liste
Durch den Richtungswechsel in der Energiepolitik sehen sich aktuell auch viele Hausbesitzer mit der Frage konfrontiert, ob sie ihre Heizung modernisieren sollten. Manche haben dabei keine Wahl, da das Gebäudeenergiegesetz einen Austausch bzw. eine Nachrüstpflicht für viele Gas- und Ölheizkessel ab einem Alter von 30 Jahren vorsieht. Die Modernisierung veralteter Systeme bietet zwar enormes Energieeinsparungspotenzial, ist aber auch mit hohen Investitionskosten verbunden – weshalb Förderungen in diesem Bereich eine große Rolle spielen.
Wer aktuell umrüsten möchte, stößt auf verschiedene Lösungsansätze. Bisher wurde vorrangig von Öl auf die preiswerte Alternative Gas gewechselt. Spätestens seit dem Ukraine-Konflikt ist jedoch fraglich, wie sinnvoll dieser Wechsel noch ist. Zudem wird der Einbau einer Öl- oder Gasheizung als alleiniges Heizsystem per Gesetz ab dem 1. Januar 2025 praktisch verboten, da jede neu eingebaute Heizung ab diesem Stichtag auf der Basis von 65 Prozent erneuerbaren Energien betrieben werden muss. Traditionelle Systeme stehen damit auf der roten Liste.
Im Zuge einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) wurden Hausbesitzer gefragt, welche Formen der erneuerbaren Energien für sie im Falle der Anschaffung einer neuen Heizungsanlage prinzipiell infrage kämen. 62 Prozent gaben an, dass sie die Nutzung von Solarenergie vom eigenen Dach zur Stromerzeugung bevorzugen würden, für 58 Prozent käme auch die Nutzung von Solarenergie zum Heizen und zur Warmwasseraufbereitung in Frage. Rund die Hälfte könnte sich eine Wärmepumpe, die mit Strom aus erneuerbaren Energien betrieben wird, vorstellen. Mehrfachnennungen waren möglich.
Mehr Nachhaltigkeit und Unabhängigkeit versprechen Photovoltaik, Wärmepumpen, Solarthermie und Hybridlösungen
Während der Anlagenzuwachs bei der Windenergie an Land und bei der Offshore-Windenergie kaum Dynamik zeigt, wächst der Zubau neuer Photovoltaik-Anlagen kontinuierlich. Im ersten Halbjahr 2022 wurden in etwa so viele Anlagen gebaut wie in den bisherigen Rekordjahren 2010 und 2012, heißt es im Quartalsbericht der AGEE-Stat.
Solarenergie bietet eine Möglichkeit, um unabhängig von Energieerzeugern und Preisentwicklungen zu bleiben, und trägt zusätzlich zum Umweltschutz und der Klimawende bei. Kein Wunder also, dass immer mehr Menschen in Deutschland auf sauberen Solarstrom umsteigen, um autark von Öl und Gas zu werden.
Laut einer Umfrage, die Solarwatt gemeinsam mit dem Hamburger Marktforschungsinstitut Appinio durchgeführt hat, plant ein Viertel der deutschen Hauseigentümer, eine eigene Photovoltaik-Anlage zu installieren. Als wohl bekanntestes System wandeln diese Anlagen die Kraft der Sonne in elektrischen Strom um, welcher anschließend im Gebäude genutzt werden kann. Dieser ist dabei vielfältig verwendbar, beispielsweise dann, wenn in der Garage ein E-Auto geladen wird oder im Haus eine Wärmepumpe vorhanden ist. Energie, die nicht genutzt wird, kann nach Einspeisevergütung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) ins Stromnetz eingespeist werden.
Aber auch ein Großteil der Mieter will grünen Strom. Über drei Vierteln der Mieter, die ihre Energie ausschließlich von einem Stromanbieter beziehen, ist es wichtig, dass ihr Strom aus erneuerbaren Energiequellen kommt, heißt es im Ergebnis der Studie von Solarwatt. Mit dem sogenannten Mieterstrom sollen auch Mieterinnern und Mieter von Solaranlagen profitieren. Als Mieterstrom wird Strom bezeichnet, der in Solaranlagen auf dem Dach eines Wohngebäudes erzeugt und direkt an Letztverbraucher in diesem Gebäude oder in Gebäuden im Umfeld geliefert wird. Seit Juli können Mieterinnen und Mieter am Ausbau der erneuerbaren Energien beteiligt werden – zudem wurden die Förderbedingungen verbessert, um einen zusätzlichen Anreiz für den Ausbau von Solaranlagen auf Wohngebäuden zu schaffen.
Gesetz als Motivation zur energetischen Verbesserung von Gebäuden
Und auch beim Heizen könnte es schon bald richtungsweisende Entwicklungen geben. Ein neues Gesetz, welches Vermieterinnen und Vermieter ab Januar 2023 an den CO₂-Kosten beteiligt, soll dazu motivieren, Gebäude energetisch zu verbessern. Ein solche Verbesserung können solarthermische Anlagen sein. Diese zählen ebenfalls zu den wichtigsten Konzepten rund um die Energie aus der Sonne.
In den thermischen Solaranlagen muss die Energie nicht umgewandelt werden, da sie im Gegensatz zur Photovoltaik ausschließlich Wärme erzeugen. Zwar nutzt Solarthermie die Sonnenstrahlen effizienter, jedoch reicht die Leistung einer Solarheizung im Winter nur aus, um ca. 20 Prozent des Wärmebedarfs eines Einfamilienhauses zu decken – der Rest muss etwa als Fernwärme in Form von fossilen Brennstoffen zugekauft werden, womit eine weitere Heizung nötig ist. Dennoch kann mit der Kombination rund ein Viertel des Heizöl- oder Erdgasverbrauches vermieden und so die Kosten für Heizung und Warmwasser reduziert werden.
Wie im oben beschriebenen Fall kommen oftmals hybride Systeme zum Einsatz. Diese vernetzen unterschiedliche Energiequellen und bieten den Vorteil, sich nicht auf eine festlegen zu müssen. So bildet bei Gas-Hybridheizungen eine Flüssiggasheizung die Basis, welche dann z. B. um eine Solaranlage ergänzt wird. Durch die geringere CO2-Emission dieser kombinierten Systeme wird die Klimabilanz verbessert – dennoch bleiben sie hinter der Wärmepumpe zurück.
Im zweiten Teil unserer Blogreihe „Richtungswechsel in der Energiepolitik?“ lesen Sie nächste Woche mehr zum Wärmepumpen-Boom und dem ersten Wärmepumpen-Gipfel sowie zu den Fördermöglichkeiten für energetische Sanierungen.