In wenigen Tagen, am 01. April 2021, feiert das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) seinen 21. Geburtstag. Das Jubiläum des wegweisenden Gesetzes nehmen wir zum Anlass, uns mit dem Status Quo des EEG und seiner bereits fünften Novelle zu befassen, die am 01.01.2021 in Kraft trat. Der Jahreswechsel markierte gleich in doppelter Hinsicht einen historischen Moment in der Entwicklung der erneuerbaren Energien in Deutschland, denn Anlagen, die im Jahr 2000, dem Geburtsjahr des EEG, errichtet wurden und 20 Jahre lang von der damals gesetzlich festgeschriebenen festen Einspeisevergütung profitiert haben, sind zum 31.12.2020 aus der Förderung gefallen. Das dürfte betroffene Anlagenbetreiber sicher zumindest wehmütig stimmen, ist aber insgesamt für die Energiewende in Deutschland eine gute Nachricht. Denn durch das Auslaufen der Förderung werden mehr Gelder für die Errichtung neuer, effizienterer Anlagen frei, die Deutschland dringend braucht, um seine Klimaziele zu erreichen. Die mittlerweile fünfte Novelle des EEG beschäftigt sich damit, wirtschaftliche Lösungen für den Weiterbetrieb von älteren Anlagen zu finden – und noch mit vielem mehr. Wir haben uns die novellierten Regelungen und die Reaktionen darauf aus Politik, Wirtschaft und Verbänden angeschaut.
Das oberste Ziel: Treibhausgasneutralität bis 2050
Richten wir zu Beginn den Blick auf die Anfänge der “Erfolgsgeschichte” EEG: Im April 2000 trat es als Nachfolger des Stromeinspeisungsgesetzes von 1991 in Kraft und hat mit seinen revolutionären Bestimmungen zur Förderung von Photovoltaik, Windkraft & Co. Deutschland über lange Jahre hinweg den Ruf der Vorreiternation beim Klimaschutz eingebracht. Das Gesetz basiert auf zwei grundlegenden Prinzipien, die maßgeblich dazu beigetragen haben, die Energiewende in Deutschland mitzugestalten: der vorrangigen, garantierten Einspeisung sowie der festen, kostendeckenden Vergütung des ökologisch erzeugten Stroms. Dadurch erhalten Anlagenbetreiber Planungssicherheit und die Gewissheit, ihre Anlagen langfristig – nämlich garantiert für 20 Jahre – wirtschaftlich betreiben zu können. Über die EEG-Umlage kommen die Stromverbraucher für die Differenz zwischen der garantierten Vergütung, welche die Netzbetreiber an die Anlagenbetreiber zahlen müssen, und den Erlösen für den ökologischen Strom, die an der Strombörse erzielt werden, auf. So leisten auch die Verbraucher einen direkten finanziellen Beitrag zur Energiewende.
Über die Jahre hinweg ist das einst sehr schlanke EEG mit seinen ursprünglich nur zwölf Paragrafen aufgrund mehrerer Novellen immer umfangreicher und komplexer geworden. Allein die zum Jahreswechsel 2020/21 in Kraft getretene fünfte Novelle bringt sage und schreibe 65 neue Regelungen mit sich. Die wohl wichtigste ist die Verankerung fester Klimaschutzziele im Gesetzestext. Die Politik hat sich darauf geeinigt, dass der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung in Deutschland, der im Jahr 2020 bei 50 Prozent lag, bis zum Jahr 2030 auf 65 Prozent ansteigen soll. Neu hinzugekommen ist auch ein langfristiges, ambitioniertes Ziel: Bis 2050 soll der deutsche Stromsektor komplett treibhausgasneutral werden.
Feste Zubauziele, kostengünstiger Eigenverbrauch – und eine Lösung für nicht mehr geförderte Alt-Anlagen
Erreichen möchten das die handelnden Akteure in Umwelt- und Wirtschaftsressort vor allem durch feste Zubauziele für Solar- und Windkraft. Bei der Photovoltaik soll jährlich ein schrittweise ansteigender Zuwachs von 4,6 bis 5,6 Gigawatt erreicht werden. Im Jahr 2030 sollen 100 Gigawatt PV-Leistung installiert sein – derzeit ist es knapp die Hälfte. Die Windkraft soll bis 2030 eine installierte Leistung von 71 Gigawatt erreichen. Ende 2019 lag diese zwar bereits bei rund 54 Gigawatt, es kamen jedoch im ersten Halbjahr 2020 nur 591 Megawatt Leistung neu hinzu. Vor allem im Süden Deutschlands, wo es bisher weniger Windparks gibt, sollen mehr Windräder entstehen – das neue EEG bevorzugt in Süddeutschland gelegene Standorte daher bei Ausschreibungen. Um Widerstände gegen die Windkraft in der Bevölkerung abzubauen, sollen die Gemeinden, auf deren Gebiet Windräder errichtet werden, an den Gewinnen beteiligt werden. 0,2 Cent pro Kilowattstunde und Jahr sollen Standortgemeinden so künftig von den Betreibern erhalten.
Ebenfalls neu sind Regelungen zum kostengünstigeren Eigenverbrauch von erzeugtem Solarstrom. Wer als privater Erzeuger eine PV-Anlage betreibt, z. B. auf dem Dach seines Hauses, kann nun bis zu 30 Kilowatt (statt vorher 10 Kilowatt) seines selbst erzeugten Stroms nutzen, ohne dafür die EEG-Umlage zahlen zu müssen. Doch nicht nur Häuslebauer, sondern auch Mieter sollen dank der EEG-Novelle von günstigem grünen Strom profitieren – über neue Regularien zum Mieterstrom. Um Anreize zu schaffen, erhalten Vermieter, die Solaranlagen betreiben, deren Strom die Mieter abnehmen, dafür Zuschläge, die deutlich über den generellen Vergütungssätzen für PV-Anlagen gemäß EEG liegen. Das Maßnahmenpaket der EEG-Novelle runden die eingangs bereits erwähnten Regelungen zum wirtschaftlichen Weiterbetrieb von Anlagen, die älter als 20 Jahre sind, ab. Für sie bieten sich nun verschiedene Möglichkeiten, etwa die Volleinspeisung beim Netzbetreiber über eine “Einspeisevergütung light”, ein Mix aus Einspeisung und günstigem Eigenverbrauch oder aber der Austausch der alten Anlage durch eine neue mit effizienteren Modulen, die dann auch wieder voll gefördert wird.
Experten warnen vor zu geringem Zubau bei den Erneuerbaren
Doch was sagen Experten zur EEG-Novelle 2021? Die Neuauflage des historischen Gesetzes wurde von Politik, Wirtschaft und Verbänden bisher mit gemischten Gefühlen aufgenommen. Ein Großteil der Reaktionen fiel verhalten bis negativ aus. Die Ökonomin Claudia Kemfert kritisiert, dass der Gesetzgeber die den Zubauzielen im EEG zugrunde liegende Entwicklung des Stromverbrauchs nicht realistisch eingeschätzt habe. Tatsächlich geht die Politik bis 2030 von einem sinkenden Stromverbrauch aus – das wäre eine Trendwende, nachdem der Verbrauch bisher jährlich weiter angestiegen ist. Claudia Kemfert hingegen glaubt, dass der Stromverbrauch auch zukünftig steigen wird, unter anderem, weil positive Entwicklungen, wie die weitere Verbreitung der Elektromobilität, einen höheren Stromverbrauch zur Folge hätten. Das heißt für die Expertin: Wir brauchen einen deutlich schnelleren und stärkeren Ausbau der erneuerbaren Energien, da sonst eine Ökostromlücke entstehen und in der Konsequenz schmutzige Kohlekraftwerke nicht wie geplant vom Netz gehen könnten. Ähnliche Kritik kam von Vertretern der Grünen. Und auch Energie- und Wirtschaftsverbände hätten sich von der Politik lieber eine umfassende Reform des Gesetzes statt vieler Veränderungen im Kleinen erhofft. Positive Aspekte kann hingegen Karl-Heinz Remmers, CEO des Beratungsunternehmens Solarpraxis AG und ehemaliger Herausgeber des Branchenmediums pv magazine, dem neuen EEG abgewinnen. Er lobt u. a. die Anhebung des Zubauziels für die Photovoltaik von 2,5 auf 5 Gigawatt pro Jahr, günstigere Regelungen für den Eigenverbrauch sowie den deutlichen Aufschlag bei der Vergütung von Mieterstromprojekten.
Positive Signale sind das allemal – aber reichen sie aus, damit Deutschland endlich wieder mit voller Kraft die ambitionierten Klimaziele verfolgen kann, oder stehen sie für eine Reform im Kleinen, bei der bald erneut nachgebessert werden muss? Man darf gespannt sein.