Die Corona-Krise lässt unsere Müllberge noch weiter wachsen. Eine erschreckende Tatsache, wenn man bedenkt, dass die Deutschen schon vor der Pandemie im europäischen Vergleich in Sachen Müllaufkommen schlecht abschnitten. Der Grund für die Müllzunahme liegt neben der vermehrten Nutzung von Hygieneartikeln wie Handschuhen und Gesichtsmasken auch in der zusätzlichen Zeit, die die Menschen zuhause verbringen. Dabei fällt viel Müll an: etwa die Verpackungen von Fertiggerichten oder Pizzakartons, aber auch bei der Renovierung oder der Gartenarbeit entstehende Abfälle. Fakt ist: Unsere Mülltonnen waren noch nie so voll wie jetzt. Doch bereits 2019 in einem europäischen Vergleich der Müllmengen landete Deutschland mit einer Menge von 502 Kilogramm Müll pro Einwohner auf dem fünften Platz. In diese Pro-Kopf-Rechnung fließen alle Müllarten inklusive Haushaltsabfällen, Handels- und Gewerbemüll und sogar Sperrmüll und Straßenkehricht – sogenannter Siedlungsabfall – mit ein. Ein ernüchterndes Ergebnis für eine Nation, die als Vorreiter im Klima- und Umweltschutz und Pionier im Ausbau von erneuerbaren Energien gilt. Die vier Negativ-Platzierungen vor uns belegten Zypern (642 Kilogramm), Malta (694 Kilogramm), Luxemburg (791 Kilogramm) und Spitzenreiter Dänemark mit 844 Kilogramm Abfall je Einwohner.
„Die Corona-Krise ist auch eine Plastikkrise“
Die größte Zunahme von Müll lässt sich im Bereich Kunststoffe verzeichnen. 2020 fiel in Deutschland über eine Million Tonnen Plastikmüll an. Das ist mehr als in jedem anderen europäischen Land. Den zweiten Platz in diesem Negativ-Ranking belegt Belgien mit 480.000 Tonnen gefolgt von den Niederlanden mit ca. 390.000 Tonnen Plastikmüll. Umweltschützerin und Greenpeace-Konsumexpertin Viola Wohlgemuth bezeichnet die Corona-Krise auch als “Plastikkrise”. An den Küsten macht diese sich dadurch bemerkbar, dass immer mehr Gesichtsmasken an die Strände gespült werden. Auch die Tierwelt leidet darunter, da sich vor allem Vögel in den Bändern der entsorgten Hygieneartikel verfangen und verenden. Deshalb sollte man bei der Entsorgung immer an die Trennung der Bänder vom Hauptmaterial der Maske denken, um diesen verheerenden Konsequenzen vorzubeugen. Entgegen der Annahme vieler Deutscher gehören diese Hygieneartikel übrigens nicht in den gelben Müll. Kontaminierte Verbrauchsgegenstände wie der Mund-und-Nasen-Schutz, Handschuhe oder Covid-19-Schnelltests werden dem Restmüll zugeordnet.
Doch was passiert eigentlich mit den riesigen Müllbergen? Wird der ganze Plastikmüll recycelt? Die Antwort ist leider unbefriedigend. Ein Teil des Mülls wird zwar tatsächlich recycelt, aber ein Großteil wird auch auf der Deponie gelagert, verbrannt oder ins Ausland exportiert. Insbesondere der Export des Plastikmülls erfährt viel Kritik. Zumeist handelt es sich dabei um Zielländer, denen es in Bezug auf das Recycling an entsprechenden Kontrollsystemen und Infrastruktur mangelt. Oftmals werden die Müllmassen einfach verbrannt, was sowohl für die Umwelt als auch für die Menschen vor Ort fatale Folgen hat. Bis zum Jahr 2018 galt China als der Hauptabnehmer des Plastikabfalls. Dann wurden dort erhöhte Standards eingeführt, wodurch Malaysia an Chinas Stelle getreten ist. Weitere Staaten, in die Deutschland seinen Müll exportiert, sind zum Beispiel: Indien, Indonesien, Vietnam und die Türkei. Auch die Niederlande sind ein bedeutendes Transitland für den Müllexport. Und auch die osteuropäischen Nationen Tschechien und Polen gewinnen zunehmend an Stellenwert. Leider sind die Wege, die der Abfall zurücklegt, häufig intransparent und schwer nachvollziehbar. Es handelt sich bei den Müllexporten vermutlich vor allem um Gewerbeabfälle größerer deutscher Einzelhändler. Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) fordert deshalb strengere Kontrollen an Häfen und auf Autobahnen und striktere Regulierungen im Allgemeinen. Generell sollte der Müllexport in Länder außerhalb der EU verboten werden und die Nachvollziehbarkeit in den Importländern vollständig gewährleistet sein. Damit wären die deutschen Gewerbe und die deutsche Abfallwirtschaft gezwungen, die eigene Kreiswirtschaft auszubauen oder zumindest höhere Standards für die Sortierung einzuhalten, soweit in andere EU-Länder exportiert wird.
Maßnahmen zur Verringerung der Müllberge
Ein wichtiger Schritt im Kampf gegen den Abfall ist die verstärkte Nutzung der Biomülltonne. Die Beliebtheit der je nach Region grünen oder braunen Tonne muss erhöht werden, um den Müll als Ressource für die Produktion von Biogas verwenden zu können. Eine Bananenschale liefert zum Beispiel Energie für eine halbe Stunde Licht. Dieser Effekt ist bei Essensresten aufgrund der enthaltenen Nährstoffe sogar noch größer. Laut derzeitigen Schätzungen ist das Potenzial der grünen bzw. braunen Tonne noch einmal doppelt so hoch wie aktuell, d. h. es könnte eigentlich doppelt so viel Müll über diesen Weg entsorgt werden. Neben der Nutzung des Biomülls können Verbraucher zudem darauf achten, dass Obst und Gemüse ohne zusätzliche Verpackung eingekauft werden. Einer innovativen und vor allem nachhaltigen Verpackungslösung bedarf es nur bei empfindlichen Früchten wie z. B. Beeren. Des weiteren kann man als privater Haushalt den Recyclingkreislauf unterstützen und Mikroplastik reduzieren, indem man beispielsweise beim Kauf von Hygieneprodukten und Reinigungsmitteln auf das Siegel des Blauen Engels achtet. Die Auszeichnung des Blauen Engels stellt in Hinblick auf Gesundheits- und Umweltstandards die höchsten Anforderungen an die ausgezeichneten Produkte.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Verzicht auf Einwegbehälter. Die Verführung, sich regelmäßig Essen zum Mitnehmen oder vielleicht auch nur den Coffee-to-go zu holen, ist besonders in der Corona-Pandemie groß. Das ist auch kein Problem, wenn man auf die schon vorhandenen Alternativen von Mehrwegbehältern anstelle der Plastik- oder Aluminiumverpackungen der Anbieter zurückgreift. Die Verwendung eines Jutebeutels beim Einkauf anstelle der Plastiktüte gehört zu den einfachsten Anpassungen zur Reduzierung von Müll im Alltag. In vielen Geschäften ist es zudem gar nicht mehr möglich, auf den kostenpflichtigen Plastikbeutel zu setzen, da diese mit der Zeit durch Papier- und Mehrwegstoffbeutel ersetzt wurden.
Neben den während des Lockdowns populären Zeitvertreiben wie der Renovierung der eigenen vier Wände oder dem Gärtnern erfreute sich außerdem das Entrümpeln großer Beliebtheit. Wertstoffhöfe waren noch nie so gut besucht wie zur Corona-Zeit – sogar bis hin zur Überlastung. Alt wird gegen Neu getauscht. Dieser Austausch trägt natürlich zusätzlich zur Müllproduktion bei. Doch besonders, wenn es sich um technische Geräte handelt, sollte man zuallererst die Möglichkeit einer Reparatur in Erwägung ziehen – etwas, woran viele Menschen heutzutage kaum noch denken. Bei Kleidung wird geraten, der Fast Fashion abzuschwören und dafür lieber einen Second-Hand-Shop zu besuchen und generell mehr Wert auf langlebige Kleidung in guter Qualität zu legen. Ein weiterer Tipp ist die Vermeidung der ohnehin nervigen Reklame, die wöchentlich in unsere Briefkästen wandert. Die verschiedenen Broschüren sind alle bequem online verfügbar. Warum also nicht mit einem kleinen “Keine Werbung”-Schild den Müll reduzieren und gleichzeitig der Umwelt etwas Gutes tun?
Warum korrekte Mülltrennung wichtig ist
Doch auch bei unserer Mülltrennung ist noch viel Luft nach oben. Ganze 30 Prozent des Abfalls, der in der gelben Tonne oder im gelben Sack landet, ist dort leider fehl am Platz. Zu den Abfällen, die am häufigsten falsch zugeordnet werden, gehören Windeln, Batterien bzw. Akkus, Audio- und Videokassetten, aber auch ganze Planschbecken und sogar Feuerlöscher. In den gelben Müll gehören jedoch nur entleerte Verpackungsmaterialien aus Kunststoff, Aluminium und Weißblech sowie Verbundmaterialien wie z. B. Getränkepäckchen. Alles andere bestehend aus Glas, Papier, Pappe oder Karton sollte also nicht in der gelben Tonne entsorgt werden. Eine gute Vorsortierung durch die Haushalte ist wichtig, da ungeeignete Materialien die sensible Sortierungstechnik stören, welche die Stoffe final separiert, um sie verwerten zu können. Wenn die Materialien entsprechend recycelt werden, können daraus neue Dinge entstehen: Blumentöpfe, Eimer, Spielzeug, Mülltüten, Kleidung, Parkbänke und vieles mehr. Dass die betroffenen Wertstoffe sehr langlebig sein können, beweist das sich im Kreislauf befindliche Aluminium. Rund drei Viertel des seit dem Jahr 1888 hergestellten Leichtmetalls sind auch heute noch im Umlauf. Landet der wiederverwertbare Müll jedoch in der falschen Tonne – z. B. im Restmüll – wird er nicht den Weg zurück in den Kreislauf finden, da die Abfälle verbrannt werden. Es ist also wichtig, den Müll korrekt zu sortieren, damit die Wertstoffe nicht verloren gehen. Wenn Sie gerne wissen möchten, wie es um Ihre Kenntnisse rund um die richtige Mülltrennung steht, beantworten Sie unser kurzes Quiz im Anschluss.