Wenn es um grüne Energiegewinnung durch Windkraft geht, werden immer auch Bedenken hinsichtlich des hohen Flächenverbrauchs und der Zerstörung des Landschaftsbildes geäußert. Doch was wäre, wenn wir beim Gedanken an Wind–Energie nicht an Felder voller riesiger Windräder denken würden, sondern an Mikrowindturbinen an bereits vorhandenen Infrastrukturen? Genau darauf hat sich MOWEA spezialisiert. Das Berliner Unternehmen, welches sich bereits 2022 auf Econeers präsentierte, hat ein Windenergiesystem entwickelt, welches sich zur Nutzung an vorhandenen industriellen Infrastrukturen eignet, sodass keine neuen Flächen verbraucht bzw. versiegelt werden. Im Interview haben wir mit Gründer & CEO Till Naumann und CFO & Managing Director Holger Groß über die aktuelle Lage des Kleinwindmarktes und die Entwicklungen von MOWEA seit der ersten Kampagne gesprochen.
Econeers: Hallo und herzlich willkommen zurück auf Econeers, liebes MOWEA-Team. Für alle, die euch noch nicht aus eurer ersten Kampagne kennen: Stellt MOWEA doch kurz noch einmal vor.
Dr. Till Naumann: MOWEA ist ein Spin of der TU Berlin. Wir entwickeln und vertreiben ein weltweit einzigartiges modulares Windenergiesystem. Damit ist MOWEA in der Lage eine Vielzahl von effizienten und intelligenten Mikrowindturbinen zu einem System modular zusammenzuschalten. Wie in der Solar-PV Industrie bietet die Modularität unserem Kunden Flexibilität für ihre spezifische Anwendung.
Econeers: Ihr wart bereits vor einem Jahr bei Econeers. Mit dem Angebot einer Festverzinsung konntet ihr 864 Investorinnen und Investoren begeistern und 1.4 Millionen Euro einsammeln. Was hat sich seitdem getan?
Holger Groß: Eine Menge! Im Herbst 2022 liefen die Turbinen im Rahmen des ersten Produktionsbatches von insgesamt 1.000 Einheiten „vom Band“ und wurden sukzessive an Vantage und andere Pilotkunden ausgeliefert. Im Geschäftsfeld Telekommunikation konnten weitere „Big-Player“ akquiriert werden. Hierzu zählen Cellnex Italien, T-Mobile Polen und TDF Frankreich. Gleichzeitig wurden neue Anwendungsfälle in den Bereichen Autobahninfrastruktur (ASFiNAG), Baukräne (SÜBA AG) und Hafenanlagenbetreiber (Niedersachen Ports GmbH) identifiziert und aufgebaut.
Stand heute ist der erste Produktionsbatch ausverkauft. Es läuft nun die wichtige Phase der Validierung im Feldeinsatz, wobei Produktschwächen ausgemerzt und wichtige Erkenntnisse hinsichtlich des Ertrags und der Verfügbarkeit gewonnen werden. Basierend auf diesen Erkenntnissen und den Rückmeldungen unserer Pilotkunden entsteht die Grundlage für die Entwicklung der nochmals deutlich verbesserten 2. Generation von Windenergiesystemen.
Eigenkapitalerhöhungen von etwa 2,4 Mio. Euro innerhalb der letzten 16 Monate haben den Kapitalzufluss weiter verstärkt und dafür gesorgt, dass neben dem Aufbau wichtiger Managementressourcen die Unternehmens- und Produktentwicklung vorangetrieben werden konnten.
Econeers: 2024 soll eine nochmals deutlich verbesserten 2. Generation euerer MOWEA Windenergiesysteme auf den Markt kommen. Welche Punkte stehen im Fokus der Optimierung und welche Mehrwerte werden diese in der Praxis mit sich bringen?
Dr. Till Naumann: Im Fokus der Entwicklung des neuen MTS 2.0 Systems stehen die Verringerung der Kosten und Komplexität bei optimierter Funktionalität – mit dem Ziel Stromgestehungskosten zu senken. Wir erwarten durch inkrementelle Optimierung der gesamten Wirkungsgradkette, vom Generator über die Steuerungsplatine bis hin zur Betriebsführungssoftware, eine deutliche Steigerung der Effizienz der Energiewandlung und Reduktion der Kosten unseres Systems.
Econeers: Bei mittleren Windgeschwindigkeiten von 5 m/s und 6 m/s ist ein Energieertrag von ca. 700kWh bzw. 1.000 kWh pro Turbine zu erwarten. Zwei Fragen dazu, um die Leistung eurer Kleinwindlösungen besser einschätzen zu können. 1.) Wie hoch ist die durchschnittliche Windgeschwindigkeit in den Bereichen, in denen die Turbinen von MOWEA aktuell angebracht werden?
Dr. Till Naumann: Im Bereich der Telekommunikation installieren wir an Masten in einer Höhe zwischen 30m bis 40m und rechnen hier mit durchschnittlichen Windgeschwindigkeiten pro Jahr zwischen minimal 4 m/s bis hin zu 6 m/s in Deutschland. Verallgemeinert kann man sagen um so höher um so besser sind die Windverhältnisse.
Econeers: Und zweitens: Könnt ihr bitte für unsere Leserinnen und Leser ein Beispiel geben, was man mit 700 kWh bzw. 1000 kWh im industriellen Umfeld anfangen kann?
Dr. Till Naumann: Gerne am Beispiel der Telekommunikation: ein durchschnittlicher Sendemast hat eine Dauerlast von ca. 2,5 kW. D.h. er benötigt pro Jahr ca. 22.000 kWh Energie. Mit einem MOWEA System mit 16 Turbinen können wir somit zwischen 50-70% des jährlichen Energiebedarfs durch grüne, vor Ort produzierte, Energie decken.
Econeers: Wie geht ihr mit den Bereichen Prüf- und Genehmigungsverfahren um? Wie umfangreich ist der Prozess in der Praxis – gerade auch mit dem Blick ins Ausland?
Holger Groß: Die avisierten Absatzmärkte unterliegen genehmigungsrelevanten Rahmenbedingungen. Dies führt zu längeren als ursprünglich geplanten Sales-Zyklen. Bei einem unserer Hauptkunden konnten bislang nur etwa 10 % der Standorte in Betrieb genommen werden, da die oftmals erstmaligen zu durchlaufenden Antrags- und Genehmigungsverfahren zu Verzögerungen geführt haben. Die restlichen Standorte befinden sich in Vorbereitung. Die gute Nachricht: In rund einem Drittel der deutschen Bundesländer ist die Installation unserer Windenergiesysteme beispielweise an Funkmasten mittlerweile verfahrensfrei. Das bedeutet geringere Kosten und schnellere Realisierungszyklen. Wir sind sehr positiv gestimmt, dass diese Regelung bald flächendeckend für Deutschland gilt und auch in anderen Ländern als richtungsweisend gesehen wird.
Econeers: Von der Herstellung bis zur Montage: Welche Prozessschritte führt MOWEA selbst durch und welche sind outgesourct? Gibt es neben der Hardware zusätzliche Services, welche ausgebaut werden sollen?
Holger Groß: Im Rahmen der Wertschöpfungskette konzentriert sich MOWEA auf die Produktentwicklung und die Kunden- sowie Marktbearbeitung – Produktion, Montage und Logistik sind zu 100 % outgesourct. Neben der Hardware bieten wir für unsere Kunden kostenpflichtige Servicedienstleistungen an. Unser Service beinhaltet zwei Komponenten:
- Betriebsführung des installierten MOWEA Windenergiesystems zur kontinuierlichen Sicherung von Verfügbarkeit und Betriebssicherheit.
- Regelmäßige Bereitstellung von Informationen zum Energieertrag und zum Betrieb (Störfälle).
Unser Servicepaket beinhaltet auch technische Updates der betriebsnotwendigen Software.
Econeers: Braucht es für die Montage und Installation der Windturbinen speziell ausgebildetes Personal? Wie lange dauert die Installation eines modularen Systems – skizziert das gerne am Beispiel einer Brücke oder eines Baukrans.
Holger Groß: Ja. Für die Montage unserer Systeme in Höhen von zum Teil auch über 40 Metern bedarf es einer entsprechenden Zertifizierung bzw. Zulassung zum Klettern an Masten und Hochbauten. Wir bzw. unsere Kunden arbeiten hier mit spezialisierten Dienstleistern zusammen. Die entsprechenden Montageanleitungen für unsere Windsysteme kommen von MOWEA. Im Vorfeld erhalten die Montagetrupps ebenfalls eine ausführliche Schulung durch uns.
Econeers: Ihr führt in eurem Businessplan u. a. aus, dass der Kleinwindmarkt noch unterrepräsentiert ist. Was muss in den kommenden Jahren passieren, damit sich das ändert?
Holger Groß: Wir wünschen uns, dass die (Mikro)Kleinwindanlagen ein genauso großes politisches Gehör finden wie beispielsweise die Photovoltaik oder die Elektromobilität. Entsprechende Förderprogramme würden eine Investitionsentscheidung in die Kleinwindkraft seitens unserer Kunden sicherlich sehr positiv beeinflussen.
Econeers: Zum Schluss noch einen Blick auf die neue Crowdinvesting-Kampagne. Ihr bietet diesmal eine Anleihe an. Warum habt ihr euch für ein Wertpapier entschieden und wofür möchtet ihr das Kapital verwenden?
Holger Groß: Eine Anleihe ist ein erster kleiner Schritt an den Kapitalmarkt. Zu Beginn wird unsere Anleihe noch nicht fungibel sein, wir planen den Handel der Papiere gleichwohl innerhalb der nächsten 12 Monate. Wir denken, dies ist aus Anlegersicht attraktiv. Außerdem können wir mit der Anleihe auch ein vielseitiges Produkt anbieten, bei dem neben dem festen Zinscoupon die Möglichkeit zur Gewinn- und Exitbeteiligung besteht.
Die im Rahmen der Anleihefinanzierung zur Verfügung gestellten Finanzmittel werden verwendet, um:
- die Produktvalidierung der erkannten Technologieerfordernisse abschließen zu können
- die benötigten abteilungsübergreifenden Ressourcen und Kapazitäten aufzubauen
- ausreichendes Working Capital für den Start des nächsten geplanten Produktionsbatches zur Verfügung zu haben und
- das wirtschaftliche Eigenkapital auf eine ausreichend solide Basis zu stellen.
Econeers: Vielen Dank, dass ihr euch Zeit für das Interview genommen habt. Ich wünsche euch einen erfolgreichen Fundingstart!
Holger Groß: Den wünschen wir uns auch. Herzlichen Dank!
Warnhinweis: Der Erwerb dieses Wertpapiers ist mit erheblichen Risiken verbunden und kann zum vollständigen Verlust des eingesetzten Vermögens führen. Der in Aussicht gestellte Ertrag ist nicht gewährleistet und kann auch niedriger ausfallen.