Knapp über drei Jahre ist es her, dass die Einführung des Bestellerprinzips den Markt für Immobilienvermittlungen kräftig durchgeschüttelt hat. Bis 2015 wurden die Kosten für einen vom Vermieter beauftragten Immobilienmakler häufig auf den Wohnungssuchenden abgewälzt – obwohl er in der Regel keinerlei Service vom Makler erhielt, sondern sich mit seiner bereits feinsäuberlich erstellten Bewerbungsmappe inklusive Bonitätsnachweisen durch Massenbesichtigungen quälen durfte. Dann jedoch hat der Gesetzgeber endlich verbraucherfreundlich klargestellt: Wer einen Makler beauftragt, der muss ihn auch bezahlen. Was wie die verspätete juristische Umsetzung einer Selbstverständlichkeit klingt, hat in der Branche zu massiven Umwälzungen geführt. War es früher ein Automatismus für Eigentümer, einen Makler zu engagieren, um freiwerdende Wohnungen schnellstmöglich wieder zu vermieten, will diese Entscheidung heute wohlüberlegt sein, denn sie drückt entscheidend auf die Marge.
Aus genau diesem Grund verzichten immer mehr private und gewerbliche Vermieter seit 2015 auf Makler und kümmern sich wieder selbst um die Vermietung ihrer Immobilien. Die Konsequenz: Mehr als zwei Drittel aller Maklerbüros verzeichneten seitdem teils drastische Umsatzeinbußen von weit über 50 Prozent. Vermietern und Verwaltungen fehlt nun hingegen häufig die Zeit für ihr eigentliches Kerngeschäft: die administrativen und organisatorischen Tätigkeiten rund um ihre Immobilie. In der Konsequenz sind viele von ihnen auf der Suche nach kostengünstigeren Dienstleistern als Alternative zum klassischen Makler. Diesen Bedarf haben PropTechs – eine Abkürzung für Property Technology, also digitale Dienstleistungen und Technologien aus der und für die Immobilienbranche – erkannt und sich in den letzten Jahren als Service-Anbieter für den attraktiven Immobilienmarkt – über 800.000 Unternehmen, ca. drei Millionen Erwerbstätige und 500 Milliarden Euro Jahresumsatz in Deutschland – lanciert.
Software-Lösungen vs. Komplettanbieter
Dieser oft noch recht konservative Markt ist mit dem Bestellerprinzip unversehens mitten in einen umfassenden Digitalisierungsprozess eingetreten. In diesem Beitrag geben wir einen Überblick, welche PropTechs in den letzten Jahren im Bereich der Immobilienvermietung zu Wachstumstreibern wurden, und zeigen auf, welche Konsolidierungstendenzen es im Startup-Bereich gibt.
Die in der Immobilienvermittlung tätigen Startups lassen sich grob in zwei Kategorien einteilen: Reine Software-Anbieter sowie Unternehmen, die eine Kombination aus Software-Lösungen und Vor-Ort-Dienstleistungen anbieten. Software-Anbieter wie Immomio, wohnungshelden oder WunderAgent konzentrieren sich mit ihrem Angebot darauf, die Auswahl des neuen Wunschmieters für Vermieter bzw. Verwalter einfacher und effizienter zu gestalten. Diese Angebote haben in der Regel gemeinsam, dass Wohnungssuchende über eine Online-Plattform mit ihrem individuellen Bewerberprofil Interesse an einer Wohnung signalisieren. Vermieter können Kriterien festlegen, die ihnen helfen, die Profile zu filtern und schnell die passenden Interessenten zu finden – zum Teil übernimmt diese Arbeit auch ein Matching-Algorithmus vollautomatisch für sie. Terminkoordinations- und Einladungsfunktionen für Besichtigungen runden in der Regel den Funktionsumfang ab. Eigentümer werden dadurch zweifelsohne entlastet, denn es erspart ihnen die sehr zeitaufwändige Kommunikation per Telefon, über E-Mail und Kontaktformulare verschiedenster Immobilienportale. Zudem steigt die Wahrscheinlichkeit beträchtlich, nur potenzielle Mieter zu einer Besichtigung einzuladen, die auch tatsächlich ins Anforderungsprofil des Vermieters passen. Der ressourcenintensive Vor-Ort-Service – vom Fotografieren der Immobilie und dem Erstellen des Exposés über die Durchführung von Besichtigungen bis hin zu Wohnungsübergaben und Mietverträgen – muss jedoch weiterhin vom Vermieter gestemmt oder an einen zusätzlichen Dienstleister ausgelagert werden.
Hier setzen Angebote, die Online- und Vor-Ort-Dienstleistungen kombinieren, beispielsweise McMakler oder das bereits 2016 über Seedmatch finanzierte Startup moovin, an. Sie können mit Mitarbeitern in ganz Deutschland für ihre Kunden flächendeckend auch die oben genannten Leistungen anbieten und dadurch Vermieter und Verwaltungen tatsächlich vom kompletten Arbeitsaufwand rund um das Thema Neuvermietung entbinden. Aus einem Baukastensystem wählen die Auftraggeber jene Module aus, die sie wirklich benötigen. Pro Modul wird ein Festpreis unabhängig von der Größe der Wohnung berechnet. Die beiden Anbieter unterscheiden sich jedoch klar in ihrem Automatisierungsgrad und ihrer Kostenstruktur. Während McMakler für die Online-Dienstleistungen überwiegend auf die aufwändigere händische Bearbeitung durch Mitarbeiter setzt und zudem Unterhaltskosten für Ladengeschäfte in zahlreichen Großstädten zahlt, strebt moovin größtmögliche Automatisierung im Online-Bereich an. Für die Vor-Ort-Services arbeitet das Seedmatch-Startup mit Freelancern in ganz Deutschland zusammen, die auftragsweise bezahlt werden. So vermeidet moovin hohe Personalkosten wie bei McMakler und kann deutlich schneller skalieren – seit dem Seedmatch-Funding vor zwei Jahren stieg der Umsatz um 477 Prozent. Zu diesem Erfolg verhalf dem Startup auch sein klarer Produktfokus: Statt sich mit einer Vielzahl von Angeboten und Zielgruppen zu verzetteln, setzt moovin klar auf das Vermietgeschäft und widmet sich bisher nicht dem Verkauf von Immobilien.
Konsolidierungstendenzen erfassen die PropTechs
Wie wichtig Skalierbarkeit und Fokus sind, um sich auf dem dynamischen PropTech-Markt behaupten zu können, musste auch eine erfolgsverwöhnte Startup-Schmiede erkennen: Rocket Internet stampfte sein PropTech Vendomo 2016 nur knapp ein Jahr nach seinem zunächst aussichtsreichen Start wieder ein. Die Gründe dafür: Ein zu geringer Automatisierungsgrad, ressourcenintensive Prozesse, daraus resultierend mangelnde Skalierbarkeit sowie unklare Zielsetzungen durch die gleichzeitige Bearbeitung von Vermiet- und Verkaufsmarkt – zwei Marktsegmente mit sehr unterschiedlichen Zielgruppen und Dynamiken. Das Beispiel Vendomo zeigt deutlich, welche Faktoren über den langfristigen Erfolg eines PropTechs entscheiden. Es bleibt spannend zu beobachten, wie sich die “jungen Wilden” auf dem Immobilienmarkt zukünftig entwickeln werden…