Gastbeitrag des Green Alley Awards für Econeers
Plastik wird von der Verheißung zur Plage: Gerade hagelt es nur so Verbote für jede Menge Einweg-Plastikprodukte. Zuerst kam das Plastiktüten-Verbot. Dann wurde viel über Plastik-Strohhalme diskutiert. Jetzt ist es fast amtlich: Die EU-Kommission würde Plastikgeschirr und -besteck, Strohhalme, Wattestäbchen aus Plastik und Plastikhalterungen von Luftballons am liebsten verbannen und hat letzte Woche ein Maßnahmenpaket vorgestellt, von dem sie sich große Umweltvorteile verspricht. Aber reichen Verbote wirklich aus, um Herausforderungen wie Umweltverschmutzung und Ressourcenknappheit zu bewältigen?
Umwelt-Innovationen: Wie sinnvoll sind Verbote?
Manchmal sorgen solche Verbote tatsächlich für Innovation wie z.B. bei der Glühbirne. Das Verbot der üblichen Fadenglühbirne 2009 hatte nicht nur einen Aufschrei der Verbraucher zur Folge, sondern machte auch einige Hersteller erfinderisch. Moderne LEDs bieten heute eine umweltfreundliche Alternative, die dank der Weiterentwicklung ihres Farben- und Formenspektrums auch in den Schlafzimmern noch für Gemütlichkeit sorgen. Ob das Plastik-Verbot ähnlich wirkt und tatsächlich den gewünschten Effekt hat, wird derweil in Politik und Wirtschaft noch heiß diskutiert. Doch allein die Diskussion um ein Verbot kann helfen: Sie macht auf reale Probleme aufmerksam und zwingt Verbraucher und Hersteller, sich jetzt schon nach Alternativen und neuen Lösungen umzuschauen. Eine Suche auf Twitter oder Google zu diesem Thema spuckt Bilder von Meerestieren aus, die qualvoll an Unmengen von kleinen Plastikteilen verendet sind – genau solche Plastikteile, die die EU jetzt verbieten will. Allerdings können wir nicht unseren gesamten Lebensstil durch Verbote regulieren und ein nachhaltiges Konsum- und Produktionsverhalten einfach verordnen. In manchen Fällen braucht es daher Unternehmergeist, um neue Ideen und Alternativen zu schaffen.
Startups für die Circular Economy gesucht
Eine Initiative aus der Wirtschaft setzt genau auf dieses Unternehmertum, vor allem auf Startups mit ihrem Pioniergeist, ihrem Ideenreichtum und ihrer Risikobereitschaft: Der Green Alley Award, Europas einzige Auszeichnung für Startups der Circular Economy / Kreislaufwirtschaft wurde 2014 von dem internationalen Umwelt- und Entsorgungsdienstleister Landbell Group ins Leben gerufen. Von Anfang an unterstützte Seedmatch, die Schwesterplattform von Econeers, diesen Startup Preis als Partner. Gemeinsam suchen wir nach Lösungen, die über Verbote und Regulierungen hinausgehen und dazu beitragen, unser lineares Wirtschaftssystem mit seiner Wegwerfmentalität in eine echte Kreislaufwirtschaft zu verwandeln, in der Materialien so lange wie möglich im Wirtschaftskreislauf verbleiben und nur ein Minimum an Abfall anfällt. Nicht „take, make, dispose“, sondern „reuse, reduce, recycle“ ist das Motto einer Circular Economy. Am Ende dieses Weges sollte eine neue Definition von Abfall als Rohstoff und Sekundärmaterial für endlose Stoffkreisläufe stehen.
Als wir vor fünf Jahren gemeinsam mit Seedmatch unseren ersten Award ausrichteten, wussten wir noch nicht, nach welcher Art von Ideen wir Ausschau halten sollten (im Green Alley Award Blog lesen, wie alles begann). Mit jedem Jahr lernten wir neue Abfallprobleme und potentielle Lösungen kennen und staunten über das Engagement der Gründerszene zu diesem Thema. Mittlerweile haben wir unsere Nische gefunden und drei für uns zentrale Bausteine auf dem Weg zu einer Circular Economy in Europa definiert:
Abfallvermeidung: In einer idealen Kreislaufwirtschaft entsteht erst gar kein Abfall. Deshalb suchen wir Lösungen, die bereits beim Design von Produkten auf alternative Materialien, geringen Materialeinsatz, eine lange Lebensdauer, Reparierbarkeit oder Mehrfachgebrauch setzen.
Recycling: Erst wenn es keine Alternative zur Vermeidung von Abfall gibt, ist es das Ziel einer Circular Economy, übriggebliebene Materialien zu recyceln. Wir suchen Innovationen und neue Technologien, die den Recyclingprozess vereinfachen, Recyclingraten erhöhen oder die Recyclingfähigkeit von Produkten verbessern.
Digital Circular Economy Lösungen: Damit Stoffkreisläufe überhaupt entstehen können, müssen sowohl Produzenten als auch Konsumenten gut über Qualität, Menge und Nutzung von Rohstoffen aus Abfällen und deren Umweltvorteile informiert sein. Dabei hilft die Digitalisierung, die Stoff- und Informationsflüsse über technische Lösungen wie Sensoring, Internet of Things oder Block Chain-Anwendungen besser koordinieren und vernetzen kann.
Der Weg hin zu einer Circular Economy führt also über innovative Business Modelle, die Abfälle in Ressourcen verwandeln. Viele Gründer haben dieses Potential erkannt und arbeiten an smarten Produkten, cleveren Services und innovativen Technologien, wie die Geschäftsmodelle einiger Finalisten und Gewinner des Green Alley Awards der letzten Jahre zeigen.
Vier Circular Economy Business Modelle, die die Welt verändern
Gerade beim aktuellen Thema Plastikverpackung hat der Verbraucher zurzeit noch wenig Alternativen. Dies könnte sich zumindest im Kosmetikbereich mit einer kleinen Revolution aus Finnland bald ändern: 2017 überzeugte das finnische Startup Sulapac die Jury mit einer nachhaltigen Alternative zu Kunststoffverpackungen. Die beiden Wissenschaftlerinnen Suvi Haimi und Laura Kyllönen entwickelten aus Holz und natürlichen Klebstoffen ein biologisch abbaubares Verpackungsmaterial, das aus nachwachsenden Rohstoffen aus nachhaltiger Forstwirtschaft entsteht und somit in der Herstellung keine endlichen Primärquellen wie Gas oder Erdöl verschwendet. Zudem besitzen die bunten Dosen im nordischen Design mit ihren wasserdichten und luftundurchlässigen Eigenschaften alle Vorteile von echtem Kunststoff. Die Verpackungen kommen derzeit vor allem in der Kosmetikindustrie zum Einsatz. Ziel der beiden Gründerinnen ist es jedoch, weitere Branchen von ihrer alternativen Verpackung zu überzeugen.
Ebenfalls aus Finnland kommt eine simple und daher so geniale Lösung, um den zunehmenden Verpackungsmüll im boomenden Online-Handel zu reduzieren: Ein Mehrwegsystem für Versandverpackungen, die bis zu 20-mal wiederverwendet werden können. Erfinder ist das Startup RePack. Entscheiden sich Kunden beim Kauf für eine Versandtasche von RePack, können sie diese kostenlos zurücksenden und erhalten als Belohnung einen Einkaufsgutschein. Das dient auch der Kundenbindung zu Gunsten der teilnehmenden Online-Händler.
Nicht nur im Online-Handel, auch in der Lebensmittelindustrie steigt die Abfallmenge stetig. Elf Millionen Tonnen Lebensmittel landen in Deutschland jedes Jahr im Müll. Deshalb hat das 2014 mit dem Green Alley Award ausgezeichnete Startup FoodLoop eine App entwickelt, die Produkte kurz vor dem Ablauf des Haltbarkeitsdatums im Handel günstiger anbietet und den Verbraucher leicht finden lässt. Dazu koppelt FoodLoop das Warenwirtschaftssystem der Supermärkte mit seiner App und zeigt dem Verbraucher direkt übers Smartphone, in welchem Markt er Rabatte auf Lebensmittel erhält.
Doch die Digitalisierung eröffnet zahlreiche weitere Möglichkeiten jenseits von Apps, um unsere Ressourcen besser zu nutzen, die auch das Startup binee erkannt hat: Der Finalist des Green Alley Awards 2015 vereinfacht die Sammlung von Elektro- und Elektronik-Schrott durch eine smarte Tonne, die mit einem Kamerasystem ausgestattet ist. Diese liest das Produkt beim Wurf ein und informiert den Verbraucher spielerisch mit Hilfe einer App über den Entsorgungsprozess des Altgerätes. Zusätzlich wird der Verbraucher mit Anreizen belohnt. So konnte beispielsweise Conrad Electronic Leipzig die Rücknahme alter Geräte steigern, zu der auch Händler seit Neuauflage des ElektroG 2017 verpflichtet sind.
Auch in diesem Jahr belohnt der Green Alley Award solche und ähnliche Ideen mit einem Preisgeld von 25.000 €. Bis zum 1. Juli 2018 können sich Circular Economy Startups, die mit ihren Produkten oder Services kurz vor der Markteinführung stehen, sich bereits in der Wachstumsphase befinden, oder in andere europäische Märkte expandieren wollen, online über die Website www.green-alley-award.com für den Green Alley Award 2018 bewerben.