Obwohl die Menschen immer mehr Wert auf Nachhaltigkeit legen, prägen häufig intransparente Lieferketten, geringe Löhne und Transportwege um die halbe Welt den heutigen Handel. Das will der Nusshersteller fairfood ändern und Nüsse fair machen – durch faire Löhne, kurze Lieferketten sowie Bio- und Fairtrade Zertifizierungen. Wie ihnen das gelingt, mit welcher Strategie sie die Märkte für sich gewinnen und was das Besondere an dem Freiburger Nusshersteller ist, erzählt Amos Bucher, Geschäftsführer von fairfood.
Econeers: Hallo Amos und herzlich willkommen bei Econeers und zum Interview. Mit fairfood verfolgen du und dein Team keine geringere Mission als den Nusshandel zu fairändern. Was heißt das für euch und wie sieht für euch diese Fairänderung aus?
Amos Bucher: Der globalisierte Lebensmittelhandel ist geprägt von Intransparenz, ungleichen Machtverhältnissen und Umweltzerstörung. Vielen Kund:innen ist nicht bewusst, dass sie mit ihrem Konsum darauf großen Einfluss haben. Das Problem: Meist wissen sie nicht oder werden darüber in die Irre geführt, wo genau die Lebensmittel herkommen, wie sie produziert wurden und welchen Einfluss der Anbau auf die Umwelt hat.
Am Beispiel des Cashewkerns wird das deutlich: Auf der Verpackung großer Marken steht Herkunft: Vietnam. Dabei werden die Cashews dort nur verarbeitet, wachsen aber in Westafrika (Intransparenz). Die Cashew-Farmer:innen können von den Preisen für die ungeknackten Kerne nicht leben und haben als einzelne:r Bäuer:in oftmals keine Verhandlungschancen gegen die großen Handelsunternehmen (ungleiche Machtverhältnisse). Die konventionellen Monokulturen zerstören Artenvielfalt und Biodiversität (Umweltzerstörung).
Unsere Antwort darauf ist: Transparente Lieferketten und direkter Handel, faire Preise und Löhne sowie bio-vegane und pfandverpackte Produkte.
Econeers: Das Angebot an Nussprodukten in den Supermärkten scheint erstmal recht groß. Womit grenzt sich fairfood von anderen Marken ab?
Amos Bucher: Die Abgrenzung gelingt uns durch echte Nachhaltigkeit und Transparenz entlang der gesamten Lieferkette. Das ist unsere Definition von Fairness – daher unser Name: fairfood. Die konkreten Alleinstellungsmerkmale dazu sind die Fairtrade- und Bio-Zertifizierung, Transparenz der Lieferkette vom Feld bis zur Kundin und zum Kunden, das vegane Sortiment und eine nachhaltige Verpackung. Diese ganzheitliche Herangehensweise grenzt uns zu jedem bisherigen Marktbegleiter ab und war für uns der Grund, fairfood als Nuss-Marke ins Leben zu rufen.
Econeers: Nicht nur der faire Ansatz, auch euer nachhaltiges Verpackungssystem mit Mehrweggläsern unterscheidet euch von euren Wettbewerbern. Kannst du uns erklären, wie das Pfandsystem dahinter funktioniert?
Amos Bucher: Der Erfolg eines Pfandsystems hängt immer davon hab, wie engmaschig das Netz von Rückgabemöglichkeiten und Waschstationen ist. Wenn es davon zu wenig gibt – wie es bei einem eigenen Pfandsystem der Fall wäre – entstehen lange Wege für die Rückgabe und Reinigung. Deshalb haben wir auf ein bestehendes Pfandsystem gesetzt: den sogenannten Molkerei Mehrweg Pool (MMP). Er funktioniert so: Die Kundin kauft unsere Nüsse beispielsweise im Alnatura in einem MMP-Glas zzgl. 15 Cent Pfand. Nach dem Verzehr gibt sie das Produkt z.B. bei EDEKA ab und erhält die 15 Cent zurück. Die Rückgabe ist in allen Geschäften möglich, die das Glas verkaufen. Von hier gehen die Produkte ins EDEKA-Zentrallager, dann weiter zur nächstgelegenen Waschstraße und von dort zurück zum Produzenten. Dieser befüllt die Gläser wieder und bringt sie zurück in den Handel. Die 15 Cent Pfand werden vom Produzenten zum Handel, über die Kund:innen bis zurück zum Produzenten stets mitgeführt.
Econeers: Ihr setzt euch zum Standard, dass die Nüsse und Früchte in den Anbauländern nach Fairtrade- und Bio-Standards angebaut, geknackt und getrocknet werden. Wie schafft ihr es dies, trotz großer räumlicher Distanz, sicherzustellen?
Amos Bucher: fairfood hat selbst zwei Nuss-Produktionen in Nigeria und Ruanda aufgebaut und die umliegenden Farmer:innen bio-zertifiziert. Wir wissen also, worauf es ankommt und worauf bei der Zusammenarbeit mit anderen bio-fairen Kooperativen, von denen wir unsere Produkte beziehen, zu achten ist. Zudem setzen wir auf die neutralen Zertifizierungsinstitute, die den fairen Handel und den Bio-Anbau immer wieder unabhängig von ihren Expert:innen überprüfen lassen.
Econeers: Euer Fokus liegt auf naturbelassenen oder gerösteten Nussprodukten, doch ihr habt noch viel mehr im Sortiment und in der Planung. Worauf kann man sich demnächst noch freuen im fairfood-Regal?
Amos Bucher: Wir konzentrieren uns in der zukünftigen Produktentwicklung auf den Snack-Bereich und die Entwicklung von leckeren und vollwertigen veganen Alternativen. Wir erweitern beispielsweise unsere beliebte Nuss-Bolognese um ein Nuss-Curry und eine Nuss-Carbonara. Die Produkte werden bereits im April 2024 auf unserer Webseite zu kaufen sein und im Handel anlaufen.
Econeers: Den Bio-Fachhandel habt ihr bereits erfolgreich durchdrungen und seid nun auf dem Sprung in den Lebensmitteleinzelhandel. Mit welcher Strategie gewinnt ihr die Händler, aber auch die Kundschaft für euch?
Amos Bucher: Auf der einen Seite ist es wichtig, auf allen drei Ebenen (Key Account, Läden, Endkund:innen) die Notwendigkeit für fair gehandelte Nüsse klarzumachen. Dafür erklären wir immer wieder die Story, die ich zu Beginn geschildert habe. Die ist sehr eindrücklich und überzeugt häufig. Auf der anderen Seite müssen wir auch einen herausragenden Geschmack anbieten, um die Kund:innen nach dem ersten Kauf dazu zu bewegen, sich immer wieder für fairfood zu entscheiden
Econeers: Was waren für dich die bisher größten Meilensteine bei fairfood und worauf bist du besonders stolz?
Amos Bucher: Ganz klar kommt mir hier zuerst unsere Arbeit in Nigeria und Ruanda in den Sinn. Dort spürt man direkt, wie man einen positiven Einfluss auf die Lebensumstände von Menschen hat und für mich gibt es kaum eine größere Motivation als das. Als zweites denke ich an die Gesamtentwicklung von fairfood – also die gesamte Reise mit all den beteiligten Menschen von der ersten Idee mit Freunden zu einem echten Unternehmen mit mehr als 30 Mitarbeiter:innen. Darauf können wir schon stolz sein.
Econeers: Über Econeers möchtet ihr 500.000 Euro einsammeln. Wie möchtet ihr dieses Kapital nutzen?
Amos Bucher: Wir möchten unsere Mission konsequent fortsetzen und noch mehr Nüsse fair machen. Das heißt, wir brauchen Kapital für die Marktdurchdringung im Lebensmitteleinzelhandel und für die Entwicklung neuer Produkte. Für beides müssen wir in Vertrieb und Marketing investieren und gleichzeitig einen höheren Warenbestand vorfinanzieren, um große neue Kund:innen zu beliefern.
Econeeers: Wenn du es kurz und knapp zusammenfassen müsstet – wieso sollte man sich ein Investment in fairfood nicht entgehen lassen?
Amos Bucher: Es gibt für mich zwei Hauptgründe. Wenn ich mit meinem Geld etwas Positives auf diesem Planeten bewirken will, dann ist die Investition in fairfood eine gute Wahl. Denn 50 % des Geldes, das wir umsetzen, fließt in die Beschaffung der Nüsse und somit in faire Löhne und Arbeitsplätze. Ich denke, es ist schwierig, beim Investieren einen vergleichbar direkten Impact zu finden.
Zweitens ist fairfood kein Start-up mehr, das einen Nachweis für seinen Product-Market-Fit bringen muss. Unsere Produkte funktionieren. Wir sind ein Scale-up, das sich auf den Weg in ein neues Marktsegment macht.
Econeers: Und etwas persönliches zum Schluss: Ihr seid oftmals selbst vor Ort in den Anbauländern bei den Farmerinnen und Farmern und trefft auf neue Kulturen. Was war für dich das bisher schönste Erlebnis?
Amos Bucher: Ich empfinde es als sehr bereichernd, unterschiedliche Haltungen zum Leben kennenlernen zu dürfen. Beispielsweise die Lebensfreude, die man in den Augen vieler Menschen sieht, obwohl sie im Vergleich zu unserer westlichen Welt auf viel weniger materielle Ressourcen zurückgreifen können. Das lässt mich immer wieder reflektieren, worauf es im Leben ankommt.
Econeers: Vielen Dank für das gemeinsame Interview und die Einblicke in fairfood. Wir wünschen euch ein erfolgreiches Funding.
Die OneCrowd Securities GmbH tritt als vertraglich gebundener Vermittler für Rechnung und unter Haftung gemäß § 3 (2) WpIG der Effecta GmbH, Florstadt, auf.
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