Er gilt als Meilenstein für Mensch und Planet im Kampf gegen den Klimawandel: Der Beschluss des europäischen Klimaschutzgesetzes vom 21.04.2021. Ambitionierte Ziele, wie die Senkung der Treibhausgasemissionen um 55 % bis 2030 und sogar das Erreichen der Klimaneutralität Europas bis 2050 wurden vor wenigen Wochen im EU-Recht verankert. Auch Deutschland zieht nach und reagiert, wenn auch nicht ganz freiwillig, mit einem umfassenden Klimaschutzpaket. Nachdem das Bundesverfassungsgericht Ende April mit einem Urteil die Bundesregierung dazu verpflichtet hat, die Klimaschutzbemühungen fairer zwischen den jetzigen und künftigen Generationen aufzuteilen, hat nun auch Deutschland seine Klimaziele hochgesetzt und konkretisiert.
Deutschlands neues Klimaschutzgesetz: Straffere Klimaziele als die EU
Die Bundesregierung hat nicht nur die Klimaschutzvorgaben verschärft, sondern auch ein Sofortprogramm zur Unterstützung dieser angekündigt. Damit geht Deutschland sogar noch einen Schritt weiter als die EU und strebt an, bis 2030 genau 65 % weniger Treibhausgase zu produzieren und 2045 – sogar fünf Jahre früher als im EU-Recht beschlossen – klimaneutral zu werden. Um diese Ziele zu erreichen, sollen die jährlich zulässigen CO2-Emissionen für Sektoren wie Industrie, Energiewirtschaft, Verkehr und Gebäudebereich entsprechend reduziert werden. Die neuen Maßnahmen beinhalten diverse Vorgaben, bieten verschiedene Förder- und Investitionsprogramme und sollen neue Anreize schaffen. Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbandes für Erneuerbare Energien e.V. sieht in erneuerbaren Energien nicht nur die Zukunft, sondern die beste Chance, die hochgesetzten Klimaziele Deutschlands zu erreichen. „Der Schlüssel sind die erneuerbaren Energien, die bereits jetzt über alle Sektoren jährlich mehr CO2 einsparen, als der gesamte Verkehrssektor ausstößt“, sagt sie. Auch das Bundesumweltministerium fordert eine Beschleunigung des Ausbaus von Sonnen- und Windkraft, da der Kohleausstieg nun früher kommen wird als bisher erwartet.
Kommt mit dem neuen Klimaschutzgesetz die allgemeine Solarpflicht?
Das Klimaschutz Sofortprogramm 2022 der Bundesregierung sieht eine sogenannte Solarinstallations-Pflicht vor, die den Ausbau von Solaranlagen auf Dächern von gewerblichen Gebäuden und Wohnhäusern beinhaltet. Das ist ein Novum, denn eine einheitliche Solarpflicht für ganz Deutschland gibt es aktuell noch nicht. Derzeit wird die Solarpflicht nur vereinzelt auf Kommunal- und Landesebene eingeführt. Ganz vorn mit dabei ist Baden-Württemberg. Dort gilt eine ähnliche Regelung in der Region von Waiblingen, die bereits seit 2006 Solarvorreiter ist. Auch in Bayern, Berlin und Hamburg wurden bereits entsprechende Gesetze erlassen. Bisher sind von der Solarpflicht allerdings größtenteils nur Dachflächen von gewerblichen Neubauten, Großparkplätzen, Landesliegenschaften und Bestandsgebäude bei einer Grundsanierung betroffen. Mit dem Klimaschutz Sofortprogramm sollen künftig nicht nur Kommunen in ganz Deutschland, sondern auch verstärkt Besitzer von Privathäusern in die Pflicht genommen werden. Diverse Ausnahmeregelungen wie z. B. ungeeignete Dachbeschaffenheit oder die Unterschreitung einer gewissen Mindestnutzfläche sorgen derzeit noch dafür, dass private Häuser außer Acht gelassen werden. Diese Vor- und Nachteile der Solarpflicht werden derzeit rege diskutiert:
Vorteile Solarpflicht | Nachteile Solarpflicht |
Beschleunigung der Energiewende → Senkung der Strompreise auf lange Sicht | Notwendigkeit von Vorschriften für die Speicherung, den Eigenverbrauch und den Mieterstrom vorerst anpassen |
Sinnvoll für öffentliche Gebäude und Neubauten, da positives Kosten-Nutzen- Verhältnis | Rentabilität von Solaranlagen auf kleinen Dächern bzw. Privathäusern fraglich |
Zahlreiche Förderprogramme werden zur Verfügung gestellt | Befürchtung eines deutlichen Anstiegs der Wohnnebenkosten |
Hohe Akzeptanz von Solartechnologien | Potenzielle Reduktion der Bereitschaft und Freiwilligkeit gegenüber Solarenergie |
Solaranlagen sind wirtschaftlich rentabler als z. B. Kohlekraftwerke | Trend in Richtung erneuerbarer Energie wird ohnehin verfolgt, da fossile Energieträger teurer sind |
Ausblick: Solarpflicht bald für ganz Deutschland?
Die Solarenergie gehört mittlerweile zu den tragenden Säulen der Stromerzeugung in Deutschland und wird perspektivisch durch die neuen Gesetzgebungen auf europäischer, nationaler und Landesebene noch weiter vorangebracht. Auch die Solarpflicht kann unter den richtigen Umständen ein wichtiger Schritt in Richtung einer nachhaltigeren Zukunft sein. Besonders im Bereich gewerblicher und staatlicher Gebäudeflächen besteht ein hohes Potenzial für den Ausbau von Solarenergie. Es muss jedoch vor allem im privaten Immobilienbereich darauf geachtet werden, ein rationales Kosten-Nutzen-Verhältnis zu wahren, um die Akzeptanz und Bereitschaft gegenüber der Solarenergie aufrechtzuerhalten.
Zusätzlich bedarf es weiterer Anpassungen von Richtlinien und Gesetzmäßigkeiten, um bestehende Hemmnisse zu umgehen und neue Anreize zu schaffen. Solar bringt die besten Voraussetzungen mit sich: Solarenergie gilt als die günstigste Form der Stromerzeugung und erfreut sich außerdem großer Beliebtheit und Akzeptanz in der Bevölkerung. Solartechnologien sind richtungsweisend für eine Zukunft, in der einerseits der Energiebedarf von morgen gestillt und andererseits der Klimawandel effektiv bekämpft werden kann.