Am zweiten Juni trat der Präsident der Vereinigten Staaten in den Rosengarten des Weißen Hauses und ließ verlauten: Die USA wären die sauberste Nation weltweit sowie das internationale Pariser Klimaschutzabkommen schädlich für den amerikanischen Arbeitsmarkt und seine Wirtschaft. Man kündige das Abkommen auf. Damit will Donald Trump eines seiner zentralen Wahlversprechen einlösen – denn wirksam wird der Ausstieg aus dem Abkommen erst am 4. November 2020. Einen Tag nach der nächsten Präsidentschaftswahl. So wird das Einlösen auch der umweltschutzrelevanten Wahlkampfversprechen sicherlich auch in vier Jahren Thema werden – sofern Trump das Amt so lange halten kann. Denn Wahlversprechen hin oder her – diese Absage an den Klimaschutz ist nicht mehrheitsfähig. Auch in der Wirtschaft nicht. Aber wie schädlich ist die Energiewende – der zentrale Bestandteil zur Zielerreichung der Klimaschutzinhalte aus Paris für die amerikanische Wirtschaft wirklich?
Die Energiewende kostet den Staat, mindert das Budget der Unternehmen zur Schaffung neuer Arbeitsplätze und für die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung, durch die Absage an die fossilen Energien gingen wichtige Jobs verloren und, und, und. Aber was ist genau dran an diesen Vorwürfen?
Die Internationale Organisation für Erneuerbare Energie (Irena) kennt die Vorbehalte und bemüht sich um Aufklärung durch Fakten. Im diesjährigen Arbeitsmarktbericht kann sie darlegen, dass die Erneuerbaren ein wichtiger Job- und Wirtschaftsmotor sind. Konstant stiegen nach dieser Untersuchung die Arbeitsplätze auf 9,8 Millionen in 2016 für den Bereich der erneuerbaren Energien. Allein im Solar- und Windsektor konnten binnen der letzten vier Jahre die Arbeitsplätze verdoppelt werden. Ganz vorn dabei folgt nach China, Brasilien die USA, so die Irena-Analyse. Unter den Technologien machte Photovoltaik mit 3,1 Millionen Beschäftigten den Hauptanteil aus. Den größten Jobzuwachs mit 7 Prozent darf sich die Windkraft auf die Fahne schreiben.
Was wird nun aus America first
Seit Donald Trump das Pariser Klimaschutzabkommen aufgekündigt hat, geht ein Raunen durch die Presselandschaft. Die New Economy sagt sich als Unterstützer der neuen Regierung los – Mauerbau und Einreiseverbot konnten die Koryphäen wie Elon Musk aus dem Silicon Valley nicht schockieren. Aber jetzt das?! Das war das Quäntchen zu viel und auch aus gutem Grund: Laut einem Spiegel-Bericht entstehen in den USA 2,5 mal so viele Jobs durch den Ausbau der Erneuerbaren als bisher in der fossilen Energiewirtschaft. Zudem ist der Drang klima- und ressourcenschonendere Technologien und Kreisläufe zu etablieren ein perfekter Innovationstreiber. Und es spart viel Geld – allein durch die sogenannte Circular Economy (Kreislaufwirtschaft) können bis 2050 bis zu 22 Billionen Euro für das gesamtweltwirtschaftliche Wachstum freigesetzt werden. All dies würde den USA nun verloren gehen, wenn nach der Absage Trumps auch die Industrie den Rückschritt vollziehen würde. Doch ein Statement des Amtsalumni Barack Obama macht Mut: Er ist der festen Überzeugung, dass die amerikanischen Konzerne und Betriebe unlängst die Vorteile der Energiewende für sich entdeckt hätten und Präsident hin oder her weiter in den Ausbau dieser, sowie in die ressourcenschonende Wirtschaft investieren. Darauf setze er sein Vertrauen.
Der Trump-Effekt
In einem Interview mit Die Zeit äußerte sich nun auch „Deutschlands prominentester Klimaforscher“ Hans Joachim Schellnhuber zur Causa Trump. Das Pariser Klimaabkommen wurde von 195 Regierungen vereinbart und jede hat sich mit ihrem Beitrag verpflichtet, die Klimaerwärmung auf unter 2 °C zu begrenzen. Schellnhuber kalkuliert durch den Ausstieg der amerikanischen Regierung einen „Trump-Effekt“ von 0,1 bis 0,3 °C. Ein immenser Beitrag zur Zielerrreichung der globalen Sicherung unserer Welt, wie wir sie kennen. Da auch er in der Energiewende einen Job- und Wirtschaftstreiber sieht, rechnet er nicht damit, dass es überhaupt erst soweit kommt: „Ich erwarte, dass der nächste Präsident wieder zum Pariser Abkommen zurückkehren wird“, so der Experte. Und er gibt einen Vergleich mit Deutschland, welches sich ebenfalls aufgrund der vielen Arbeitsplätze unnötig schwer tut, sich von der Braunkohlewirtschaft loszusagen. Vom Geld, „mit dem die Braunkohleförderung direkt und indirekt bezuschusst wird, [kann man] die Betroffenen lebenslang auf Staatskosten nach Mallorca schicken.“ Doch was wäre wenn?
Um das Worst Case Szenario macht der Klimaforscher Schellnhuber keinen Hehl. Er prophezeit, dass jenseits der Zwei-Grad-Linie der grönländische Eisschild schmilzt, der Meeresspiegel um sieben Meter steigt, Korallenriffe sterben, der Golfstrom versiegt. „Die Menschheit wird das überleben – zumindest ein Teil.“ Welcher Teil es sein wird, lässt er offen. Aber es darf zurecht bezweifelt werden, dass der Trump-Effekt vor den Bürgern der USA halt machen würde. Vielleicht gilt dann ja auch hier „America first“.