Seeding Alliance: „Die Crowd erzielt eine Rendite von 1.600 Prozent“

Tolle Nachrichten für unser Startup Seeding Alliance (ehemals rankseller) und seine Investoren: Sieben Jahre nach dem erfolgreichen Crowdfunding kann das Unternehmen, Spezialist für Native Advertising, die Verträge mit den Kleinanlegern regulär kündigen – und entlässt die Crowd mit einer starken Rendite aus der Partnerschaft, die sich für beide Seiten gelohnt hat.

2012 war das Startup eines der ersten auf der noch neuen Plattform Seedmatch und wurde im Rahmen der damals noch angewandten Investmentform der stillen Beteiligung finanziert. Bereits 2017 feierte Seeding Alliance einen erfolgreichen Exit und gehört seitdem mehrheitlich zur Ströer Gruppe, einem der größten Werbevermarkter. Da bei der stillen Beteiligung jedoch vertraglich keine Exit-Regelung vorgesehen war, blieb die Crowd weiter investiert und erhielt keinen Bonuszins nach Exit-Ereignis. Nach sieben Jahren zahlt das Unternehmen nun mit Kündigung der Verträge ein Auseinandersetzungsguthaben aus, welches auf der individuellen Beteiligungsquote sowie einem EBIT- oder Rohertragsmultiple basiert und mit 4 % p. a. verzinst ist. Da Seeding Alliance bereits seit 2014 Gewinne erwirtschaftet, erhalten die Investoren zusätzlich zum Auseinandersetzungsguthaben ihre Gewinnbeteiligung für das Jahr 2018 (vergleichbar mit dem gewinnabhängigen Bonuszins beim partiarischen Nachrangdarlehen).

Mit einem zweistelligen Multiple aufs Ursprungsinvestment übertrifft der Ertrag für die Investoren deutlich das durchschnittliche Renditepotenzial von 15 % p. a., das Seedmatch kürzlich in seinem Fundingindex für Startup-Investments der Jahre 2011 bis 2014 ermittelt hatte. Nach den Exits von XLETIX 2018 und erdbär vor wenigen Monaten ist es bereits die dritte Positivmeldung für die Seedmatch-Crowd innerhalb von kurzer Zeit.

Wir sprachen im Interview mit Seeding Alliance-Gründer Coskun Tuna darüber, welches Feedback zur Rendite das Unternehmen von der Crowd erhalten hat, warum es 2012 auf die neue Finanzierungsform des Crowdinvestings setzte und wie es jetzt für unser Startup weitergeht.

Seedmatch: Hallo Josh, herzlich willkommen zum Interview – und herzlichen Glückwunsch! Euer Unternehmen hat sich über die letzten Jahre so gut entwickelt, dass ihr euren Seedmatch-Crowdinvestoren – mit Kündigung der Verträge – eine wirklich starke Rendite beschert. Verrätst du uns konkret, worüber sich die Investoren jetzt freuen dürfen?

Coskun Tuna: Dankeschön! Wir sind wirklich sehr froh und auch dankbar für die starke Entwicklung in den letzten Jahren. Heute sind wir in der glücklichen Lage, unseren 198 Mikroinvestoren nach sieben Jahren das Sechzehnfache ihres Ursprungsinvestments auszahlen zu können. Damit dürften alle Parteien mehr als zufrieden sein.

Seedmatch: Das sind wirklich beeindruckende Zahlen – ihr reiht euch damit weit oben in die Reihe erfolgreicher Crowd-Exits in Deutschland ein. Wie haben eure Investoren die tollen Nachrichten aufgenommen?

Coskun Tuna: Sehr gut! Das Feedback war überwältigend! Damals, in den Anfängen des Crowdfundings, waren wir eines der ersten B2B-Startups und nur wenige haben überhaupt geglaubt, dass wir mit dieser Finanzierungsform erfolgreich sein würden. Dennoch haben die Leute Vertrauen in uns gefasst. Das muss man sich mal vorstellen: Völlig fremde Leute investieren in ein unbekanntes Startup, mit ungewissen Erfolgschancen. Wir sind sehr froh, dass wir dieses Vertrauen in uns nicht enttäuscht haben und dass wir alle dieses Kapitel mit einem Lächeln abschließen.

Seedmatch: 2012 wart ihr das insgesamt sechzehnte Projekt auf der noch jungen Plattform Seedmatch, habt also als eines der ersten Unternehmen hierzulande auf die damals neue Finanzierungsform Crowdfunding gesetzt. Warum habt ihr euch entschlossen, Pionierarbeit zu leisten?

Coskun Tuna: Mein Partner Cevahir Ejder und ich haben schnell gemerkt, dass wir mit unserem Geschäftsmodell zur richtigen Zeit am richtigen Ort aufgeschlagen sind. Um dieser Chance noch schneller Auftrieb zu geben und den Markt zu bedienen, brauchten wir ein klein wenig finanzielle Hilfe. Gespräche mit klassischen Geldinstituten wären sehr langwierig gewesen und mit Sicherheit hätten sie auch das neuartige Geschäftsmodell nicht verstanden. Da wäre zu viel Zeit verloren gegangen. Und vermutlich hätten wir kein Geld bekommen, auch wenn wir tatsächlich nur die 100.000 Euro gebraucht haben. Es passte daher sehr gut, als wir von Seedmatch erfuhren. Leider bekamen wir zunächst die Rückmeldung, dass B2B-Projekte auf Seedmatch nicht vorgesehen waren, aber man uns eine Chance geben wollte, vorstellig zu werden. Am Ende hat es sich für alle gelohnt. Die sieben Jahre sind im Flug vorbeigegangen und die Rendite kann sich wirklich sehen lassen. Eines der erfolgreichsten Crowdfunding-Startups zu sein und damit zu zeigen, dass es sich für Startups und Investoren lohnt, diesen Weg zu gehen, freut mich umso mehr.

Seedmatch: Wie war euer gemeinsamer Weg mit eurer Crowd in den letzten sieben Jahren? Konntet ihr abseits vom frischen Kapital noch auf andere Weise von euren knapp 200 Investoren profitieren?

Coskun Tuna: In unserem Fall gab es keine geschäftlichen Beziehungspunkte zu und mit unseren Investoren. Wir waren mit unserem Business zu speziell. So gab es keine operativen Effekte, von denen beide Seiten zusätzlich profitiert haben. Was mir allerdings gut gefallen hat, war der persönliche Austausch mit dem einen oder anderen Investor. Die Gespräche fanden zwar hauptsächlich am Telefon, über E-Mail und Social Media statt, aber sie waren hier und da ganz hilfreich, um ein bisschen etwas voneinander zu erfahren. Letztendlich fühlt sich die Finanzierung von einer Crowd, wo viele Menschen mit einem persönlichen Hintergrund drinstecken, ganz anders an, als eine Bankfinanzierung, wo das Gesicht des Geldes das Logo eines Geldinstituts ist.

Seedmatch: Wir haben eure Unternehmenshistorie in den letzten Jahren aufmerksam verfolgt und haben den Eindruck gewonnen, dass vieles in Bewegung war. Die Namensänderung von rankseller zu Seeding Alliance, ein Wandel des Geschäftsmodells sowie die Übernahme diverser Wettbewerber sind nur einige Meilensteine. Wie habt ihr die letzten Jahre erlebt und wie bewertet ihr eure Entwicklung?

Coskun Tuna: Das ist wahr! Es ist fast surreal, was in den letzten Jahren alles passiert ist. Damals haben wir zu zweit begonnen. Heute sind wir mit 31 Beschäftigten deutlich gewachsen, sind seit 2014 profitabel, konnten in unserem Werdegang selbst zwei weitere Unternehmen übernehmen, nach Schweden, Österreich und die Türkei expandieren und haben vor, unsere Rolle im Native Advertising weiter auszubauen. Wir haben eine monatliche Reichweite von 72 Mio. Usern und kooperieren mit über 600 Publishern. Das sieht für Außenstehende nach Erfolg aus. Der Weg dorthin war mitnichten leicht. Allein das Geschäftsmodell bereits nach einem Jahr wandeln zu müssen, weil wir schon früh die dunklen Wolken am Horizont aufkommen sahen, trotz stetigen Wachstums, war keine leichte Aufgabe. Wir waren verunsichert und nervös, wie wir aus dem Nichts eine neue Idee zünden sollten. Vor allem fragten wir uns auch, wie das bei den Investoren ankommen würde. Wir blieben cool, packten die Herausforderung an und zogen beharrlich unsere Arbeit durch. Involvierten in den Quartalsberichten die Investoren, dass wir am Ausbau einer neuen Vermarktungsidee arbeiteten. Mehr konnten wir eh nicht machen. Die Beharrlichkeit und der Wille haben uns noch stärker gemacht, so dass wir binnen eines Jahres ein neues Geschäftsmodell aufgebaut haben, das viel mächtiger wurde als das Business, mit dem wir eigentlich gestartet waren. Die Coolness der Investoren, nicht nervös zu werden und uns machen zu lassen, hat sich nun auch für sie ausgezahlt.

Seedmatch: 2017 gab es den wahrscheinlich größten Erfolg für euch – Seeding Alliance legte einen erfolgreichen Exit hin und wurde ein Teil der Ströer Gruppe. Was hat das für euch bedeutet und welche Chancen ergaben sich innerhalb des Konzerns?

Coskun Tuna: Im März 2017 stieg die Ströer Gruppe als Gesellschafter bei uns ein und sicherte sich die Mehrheit an unserem Unternehmen. Cevahir Ejder und ich sind nach wie vor Gesellschafter. Wir merkten schnell, dass wir mit Ströer gut konnten und umgekehrt auch. Was uns besonders gut gefallen hat und unserer unternehmerischen DNA sehr nah kam, war die Tatsache, dass Ströer uns die Freiheiten ließ, die wir gewohnt waren und brauchten. Werde ein Teil eines erfolgreichen Systems, aber ändere nichts, wenn es wie geschmiert läuft. Und wir laufen gut! Administrative Dinge haben wir gerne zentralisiert an Ströer abgegeben, damit wir uns eben noch besser um unsere operativen Arbeiten kümmern können.

Seedmatch: Auch wenn eure Reporting-Pflichten gegenüber der Crowd nun enden, sind viele eurer Investoren sicherlich interessiert daran, wie eure weiteren Pläne aussehen. Welche Ziele visiert ihr als nächstes an?

Coskun Tuna: Cevahir und ich haben uns keine großen Ziele gesteckt. Wir wissen, dass wir nur auf das, was wir sehen können, Einfluss haben. Daher zählen für uns große Sprüche, wie “Man sollte nach den Sternen greifen, um zumindest auf dem Mond zu landen” nicht. Von alleine baut sich keine Rakete. Wir bleiben wachsam, achtsam und halten fest an unserer Überzeugung, pragmatisch und konzentriert am Geschehen dran zu bleiben. Märchen machen nicht satt. Was nützt Wachstum, wenn weder wir beide Gründer-Unternehmer noch unser Team glücklich sind? Wir nehmen, so wie bisher auch, eine Stufe nach der anderen.

Seedmatch: Vielen Dank für das Interview! Ich wünsche euch viel Erfolg auf eurem weiteren Weg.

Coskun Tuna: Vielen Dank für die sieben Jahre Zusammenarbeit! Euch und den Investoren wünsche ich alles Gute! Und wer weiß, vielleicht begegnen wir uns irgendwann einmal erneut mit einer neuen Idee.