Die letzte Folge der Sendung Die Höhle der Löwen lief vergangenen Dienstag auf VOX. Zur Pilotfolge haben wir bereits unsere erste Einschätzung abgegeben. Nun blicken wir zurück auf 9 Folgen, in denen Startups sich dem Urteil der Investoren vor der Kamera stellten: Unternehmer x stellt Produkt y einer Jury aus fünf potenziellen Investoren vor. Ein Angebot wird gemacht. Die Löwen gehen mit oder unterbreiten ein Gegenangebot. Deal or no Deal. Ende.
In der Diskussion um die Sendung wird grundsätzlich die Gründermotivation angesprochen: Hat ein junger Gründer noch Lust, sich mit seinem Vorhaben um einen Business Angel zu bemühen, wenn er sieht, wie Gründer in der Sendung beurteilt werden?
Neben myCleaner war auch das Team von erdbär in der Höhle der Löwen. Alexander Neumann, Gründer von erdbär, spricht das Thema Erwartungshaltung an:
„Man darf nicht vergessen, dass es Entertainment-TV ist, das die Unternehmer nicht immer im besten Licht darstellt. Wir finden es aber besonders schade, dass die Investoren so konservativ sind – in der Höhe und Menge der Angebote. Außerdem haben sie teilweise auch wenig unternehmerisches Verständnis gezeigt.“
Er bezieht sich auf den häufigen Vorwurf der Löwen, dass die sich vorstellenden Startups in den ersten Jahren wenig bis keine Umsatzzahlen generieren konnten. Gerade für Unternehmen in der Wachstumsphase können diese jedoch durchaus ausbleiben und sollten nicht der alleinige Grund für eine negative Bewertung der Idee sein.
Für die zweite Staffel der Höhle der Löwen kann Alexander Neumann jungen Gründern einen wichtigen Tipp geben:
„Das mag paradox klingen, aber sie sollten einerseits sehr gut vorbereitet sein, es aber auf der anderen Seite auch nicht zu ernst nehmen. Im besten Fall findet man dort einen passenden Investoren, im schlimmsten Fall macht man sich nicht lächerlich und bekommt obendrein noch gute Werbung für sein Produkt.“
Der Auftritt von erdbär in der Höhle hat genau das gezeigt: Auch ohne Deal kann man maximal von der Sendung profitieren. Ein Investment ist nicht zustande gekommen, das Team hat sich aber unheimlich sympathisch präsentiert. Die Löwen, allen voran Judith Williams, haben die Produkte des Startups enorm gelobt. Diese positive Stimmung war beim Team auch sofort zu spüren:
„Die Resonanz war überwältigend. Unsere Webseite hat gerade so Stand gehalten. Die E-Mail-Anfragen und -Komplimente haben wir immer noch nicht alle abgearbeitet und unsere Großkunden haben unsere Bestände auf ein Minimum reduziert.“
So das Fazit von erdbär. Von einem ähnlichen Ansturm hatte bereits das Team von myCleaner berichtet.
Der Marketing-Effekt, den ein solcher TV-Auftritt hat, ist ohne Frage enorm. Wer es gut anstellt, darf nach der Sendung viele neue Nutzer, Kunden und Interessierte begrüßen.
Wer hat also das bessere Angebot für Gründer und Startups? Die Löwen bei VOX oder die Crowd?
Die Pitchsituation der Sendung entspricht – natürlich – nicht einem realistischen Investorenpitch. Es handelt sich um „unterhaltsames Wirtschaftsfernsehen“, wie der Stern es kürzlich nannte. Der klassische Business Angel setzt sich üblicher Weise sehr lange und intensiv mit dem Konzept der Gründer auseinander, feilt gemeinsam mit dem Team am Businessplan und am Geschäftsmodell. Zusätzlich wird das Bild vermittelt, dass recht hohe Firmenanteile für zum Teil recht überschaubare Investments an die Investoren gehen. Es entsteht ein verzerrtes Bild dessen, was sich im Markt realistisch tut. Wenn man sich jedoch anschaut, wie Anteile von Business Angels üblicher Weise ausfallen, wird deutlich, dass diese oft sehr viel kleiner sind und durchaus im einstelligen Prozentbereich liegen.
Nehmen wir also mal kurz Abstand von dem reinen TV-Format und der Darstellung der Löwen. Investments von Business Angels und Crowdfunding gehen grundsätzlich Hand in Hand. Es gibt in dieser Hinsicht kein Entweder-Oder, sondern vielmehr ein AUCH. Viele der Startups, die sich auf unserer Seite präsentieren, haben bereits Business Angels überzeugt. Crowdfunding ordnet sich somit in einen Mix aus Business Angels, Venture Capital und institutioneller Frühphasenfinanzierung ein.
Die Vorteile der Antizipation der Crowd liegen natürlich auf der Hand:
Die Multiplikator-Effekte, die ein öffentliches Crowdfunding für ein junges Unternehmen hat, sind enorm – auch wenn die kurzfristige Reichweite mit einem TV-Format natürlich nur schwer mithalten kann. Das Feedback der Crowd im Hinblick auf Produkte oder die Usability einer Website oder App ist ebenfalls nicht zu unterschätzen. Crowdfunding für Startups ist für viele Investoren ein sehr leidenschaftliches Investment. Das bedeutet konkret, dass viele Investoren auch alles daran setzen, „ihrem Startup“ zum Erfolg zu verhelfen. Als Startup hat man also im besten Fall nicht nur einen Business Angel, sondern die volle Power der Crowd, die man für sich nutzen kann: Als Stakeholder, als Multiplikator, als Inputgeber und Berater.
Nicht jedes Geschäftsmodell und nicht jede Gründerpersönlichkeit sind für ein Crowdfunding geeignet. Aber wenn sie zwei entscheidende Dinge mitbringen, hat Crowdfunding ein enomes Potential für junge Startups: Die Geschäftsidee muss Menschen begeistern und das Gründerteam muss kommunikativ überzeugen. Nur wenn viele von einer Idee überzeugt sind, kann sie erfolgreich mit Crowdfunding finanziert werden. Zusätzlich müssen die Gründer in die direkte Kommunikation mit ihren Investoren gehen. Crowdfunding lebt von dem unmittelbaren, lebendigen Kontakt zwischen Startups und Investoren und der gemeinsamen Begeisterung für ein Thema.
Im besten Fall begeistern die jungen Gründer nicht nur die Crowd, sondern auch einen oder mehrere Business Angel, die strategisch enorm unterstützen können und so die Idee und das Konzept gemeinsam auf gute profitable Beine stellen.
Abschließend zwei Pressestimmen zur Höhle der Löwen, die das Konzept der Sendung unsere Ansicht nach gut auf den Punkt bringen:
Fazit aus dem Handelsblatt: „Ja, ‚Die Höhle der Löwen‘ ist eine Casting-Show von RTL beziehungsweise VOX. Ja, es ist Trash-TV. Sehenswert ist die Sendung trotzdem. Die Idee der Firmengründung und dessen Vor- und Nachteilen steht im Vordergrund sowie die Verhandlungen zwischen Investor und Unternehmer.“
Auf fuer-gruender.de kommt man zu folgendem Schluss: „Natürlich kann ein TV Format die Dynamik eines Investorengesprächs nur verkürzt darstellen, trotzdem ist die Sendung für jeden empfehlenswert, der sich gute und schlechte Beispiele für Elevator Pitches vor Augen führen möchte.“
Unser Fazit nach der ersten Staffel: Privatfernsehen bleibt Privatfernsehen und möchte in erster Linie seine Zuschauer unterhalten. Man sollte sich also grundsätzlich fragen, welche Erwartungshaltung man an das Gezeigte hat und dieses eher kritisch hinterfragen. Wir würden uns wünschen, dass sich die Löwen in Zukunft etwas weiter aus ihrer Höhle trauen und damit noch ein paar mehr spannende Deals abgeschlossen werden – ob diese dann tatsächlich so umgesetzt werden, wie in der Show gezeigt, ist eine andere Frage.
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