Internet der Dinge, künstliche Intelligenz oder virtuelle Realität – noch vor ein paar Jahren kannten viele Unternehmen diese Begriffe bestenfalls aus dem neuesten Science-Fiction-Streifen. Doch das hat sich geändert, denn sogar kleinere Firmen haben das Thema mittlerweile auf ihrer Agenda. Der Digitalisierungsindex 2019 berichtete, dass jedes zweite mittelständische Unternehmen in Deutschland die Digitalisierung inzwischen als ein strategisches Projekt begreift. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt eine Umfrage unter mehr als 100 Entscheidungsträgern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz: Über 70 Prozent der Befragten gaben an, dass der Ausbau der Digitalisierung die wichtigste Anforderung der Geschäftsleitung an die IT darstellt. Die Digitalisierung ist eine Herausforderung, die Unternehmen meistern müssen, um mit der Konkurrenz Schritt zu halten und damit langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben. Sich dem digitalen Zeitalter anzupassen, kann für etablierte Unternehmen mit fester IT-Infrastruktur und alteingesessenen Gewohnheiten durchaus zum Problem werden. Doch die neuen Technologien bieten auch viele Chancen. Kunden können leichter gewonnen, Prozesse effizienter gestaltet, Umsätze gesteigert werden. Für Startups und junge Wachstumsunternehmen sind moderne Technologien Alltag. Sie sind oftmals nicht nur die ersten, die digitale Tools und neue IT-Infrastruktur adaptieren, sondern entwickeln sie häufig auch selbst. Wir haben uns einen Überblick verschafft, welche Branchen sich im digitalen Zeitalter besonders gewandelt haben und zeigen, welche Unternehmen von der aktuellen technologischen Entwicklung profitieren und dabei die IT-Trends von morgen prägen.
Branchen im Wandel
Unternehmen aus den unterschiedlichsten Branchen haben sich die Digitalisierung zunutze gemacht, um bestehende Geschäftsmodelle, Produkte und Dienstleistungen zu verbessern. Die digitale Transformation ist eine Thematik, die längst nicht mehr nur die Informations- und Kommunikationsbranche selbst beeinflusst. Tatsächlich ist der Digitalisierungsgrad bei Banken und Versicherungen noch weiter fortgeschritten. Die ehemals sehr traditionellen Geschäftsmodelle haben sich rasch an die neuen Kundenanforderungen angepasst. Ein Beispiel für ein FinTech ist das 2019 erfolgreich über Seedmatch finanzierte Unternehmen Rentablo, das seinen Kunden eine Plattform zum eigenverantwortlichen Vermögensaufbau bietet. Mit dem Rentablo Finanzmanager behalten Kunden ihre langfristigen Ziele im Blick und werden zu besseren Finanzentscheidungen befähigt. Aber auch vor der Musikbranche macht die Digitalisierung nicht Halt. Das Seedmatch-Funding MOD Devices revolutioniert beispielsweise den globalen Live-Musik-Gerätemarkt, indem es intelligente, von der Open-Source-Community unterstützte Audiogeräte entwickelt. Die Produkte des Berliner Startups ersetzen anfällige Computer und umständliche Effekt-Setups, die Musiker für gewöhnlich auf der Bühne verwenden. Ein sogenanntes Unicorn – ein Startup, das mit mehr als 1 Milliarde Euro bewertet, aber nicht an der Börse notiert ist – hat die Modebranche digitalisiert. Gemeint ist die Otto-Tochter About You. Das Unternehmen hat das klassische Schaufenster, das beim Shopping als Inspiration dient, in die digitale Welt transportiert: About You zeigt jedem Nutzer, der einmal einige Vorlieben mitgeteilt hat, einen ganz persönlichen Stream mit Vorschlägen und Inspirationen und erzeugt so die Möglichkeit für einen digitalen Einkaufsbummel. Zur Modebranche gehört auch Smartview360. Das gleich zweimal erfolgreich über Seedmatch finanzierte Unternehmen hat einen digitalen Showroom für Modehändler entwickelt. Eine weitere von der Digitalisierung beeinflusste Branche ist die Automobilbranche, die sich im Digitalisierungsindex im vorderen Drittel befindet. Der Online-Gebrauchtwagenhändler AUTO1 Group hat sich die technologische Entwicklung zunutze gemacht und zählt inzwischen zu den wertvollsten jungen Unternehmen der Welt. Der entscheidende Unterschied zu bestehenden Plattformen ist, dass Auto1 selbst Eigentümer der Fahrzeuge wird – so bekommt der Verkäufer schneller sein Geld und der Onlinehändler eine einzigartige Datenbasis realer Preise.
Parallel zur Digitalisierung verschiedenster Branchen erobern Startups mit innovativen Geschäftsmodellen den Markt. Sie profitieren dabei nicht nur vom technologischen Wandel, sondern gestalten die IT-Trends von morgen aktiv mit.
Innovationen dank digitaler Transformation
Nach der Erfindung der Dampfmaschine, der Fließbandarbeit und der Automatisierung durch Computer markiert das Internet der Dinge (IoT) das vierte industrielle Zeitalter. Damit Unternehmen ihre IoT- und M2M-Geräte weltweit verbinden, managen und steuern können, hat das Würzburger Startup EMnifiy eine Konnektivitäts-Plattform entwickelt. Das Unternehmen betreibt ein Mobilfunknetz in der Cloud, damit der Datenfluss über standardisierte Schnittstellen in der Cloud stattfinden kann. Die wesentlichsten Vorteile des IoT sind den Unternehmen längst bekannt: Prozessoptimierung und Kostensenkung. Allerdings lassen sich diese Vorteile auch auf unser Zuhause übertragen, beispielsweise durch smarte Sicherheitssysteme oder intelligente Steuerungen, die automatisch die Heizung abschalten, wenn man das Fenster öffnet oder das Haus verlässt. Das Berliner Unternehmen tink hat sich zum Ziel gesetzt, jedermann für ein vernetztes Zuhause zu begeistern und dafür die erste Vergleichs- und Beratungsplattform für IoT-Produkte und smarte Technologien entwickelt.
Eng verbunden mit dem Internet der Dinge ist der Trend der künstlichen Intelligenz (KI). Spätestens seit intelligenten Sprachassistenten wie Alexa oder Siri hält dieser Einzug in unseren Alltag. Doch Sprachassistenten beschreiben nur eines von vielen Einsatzszenarien für künstliche Intelligenz – und in Zukunft wird es davon wohl noch mehr geben. So geht man davon aus, dass bis 2024 KI-unterstützte Benutzeroberflächen und Prozessautomatisierungen ein Drittel der heutigen bildschirmbasierten Anwendungen ersetzen werden. Ein Startup, das mit dem Trend geht und mittels KI jedem ermöglichen will, einen kleinen Betrieb zu führen, ist das 2015 gegründete Unternehmen Zeitgold. Das FinTech hat eine selbstlernende Textanalyse-Software entwickelt, um die Buchhaltung zu digitalisieren. Dafür holt ein Kurier einmal pro Woche die für die Buchhaltung relevanten Dokumente bei den Kunden ab und bringt sie in das Digitalisierungszentrum von Zeitgold. Anschließend werden Daten extrahiert, die mittels KI strukturiert, aufbereitet und archiviert werden. Über die App oder die Web-Anwendung können die Zeitgold-Nutzer anschließend mit wenigen Klicks ihre Buchhaltung durchführen. Ebenfalls eine KI-Lösung für den B2B-Markt, allerdings für den Einzelhandel, hat das 2019 erfolgreich über Seedmatch finanzierte Unternehmen Panther Solutions entwickelt. Die Cloud-Software Panther Pricing generiert automatisierte Preisempfehlungen für alle Einzelhändler (stationär und E-Commerce). Um die Preise zu optimieren, nutzt die Software Algorithmen auf Basis von künstlicher Intelligenz und ermöglicht es so, die Umsätze und Gewinne der Händler deutlich zu steigern.
Neue Technologien und Geschäftsmodelle führen natürlich auch zu immer größer werdenden Kundenanforderungen. Es reicht nicht mehr, nur neue Produkte zu sehen, es geht zunehmend darum, sie zu erleben. Der Trend der Argumented Reality (AR) – der erweiterten Realität – kommt dabei ins Spiel. Ein Bild wird auf das Sichtfeld des Benutzers projiziert und mit Geräuschen, Haptik und sogar Gerüchen angereichert. So können zum Beispiel Bücher durch AR “zum Leben” erweckt werden – wie die Kinderbücher SuperBuch, bei denen mit Hilfe einer App die auf den Buchseiten erfassten Bilder durch 3D-Effekte, Sounds und Animationen erweitert werden. Auch beim Möbeleinkauf kann AR hilfreich sein, weil man so herausfinden kann, ob das ausgewählte Sofa auch wirklich ins heimische Wohnzimmer passt. Die Grenzen der Realität verschwimmen zunehmend.
Das international tätige Marktforschungs- und Beratungsunternehmen IDC prophezeit, dass bis 2023 etwa 75 Prozent der gesamten IT-Ausgaben in Technologien wie künstliche Intelligenz, AR und IoT fließen werden. Es bleibt also spannend, inwieweit die Digitalisierung voranschreiten wird und welche Geschäftsmodelle und vielleicht auch Abkürzungen sich noch daraus ergeben werden.