Vor dem morgigen Fundingstart von webOP haben wir mit dem Co-Gründer Prof. Dr. med. Markus Heiss und dem Co-Geschäftsführer Guido Gruhn über die Idee und Vision des Medizin-Startups sowie über das Geschäftsmodell und geplante Projekte gesprochen.
Wie kann man die Aus- und Weiterbildung in der Chirurgie effizienter und qualitativer gestalten? Diese Frage stellte sich Prof. Dr. Markus Heiss, dem Direktor der Klinik für Viszeral-, Gefäß- und Transplantationschirurgie im Krankenhaus Köln-Merheim und Inhaber des Lehrstuhls Chirurgie I an der Universität Witten- Herdecke, gemeinsam mit seiner Kollegin Dr. Carolina Pape-Köhler. Herkömmliche Methoden der Lehre schienen überholt und praxisfern. Gemeinsam entwickelten sie das Konzept von webOP – einer multimedialen und interaktiven Online-Plattform, die Chirurgen und OP-Fachkräften mittels videobasierten Kursen das benötigte Wissen vermittelt.
Seedmatch: Mit dem Konzept von webOP setzen Sie an einem wichtigen Punkt der Aus- und Weiterbildung von Chirurgen an. Wie ist die Idee zu einer online- und videobasierten OP-Lehre entstanden und welche Motivation steht hinter Ihrem Service, Prof. Heiss?
Prof. Heiss: Als Leiter einer chirurgischen Klinik steht man vor dem Problem, trotz zunehmender Ressourcenknappheit die ständige Aus- und Weiterbildung seiner Ärzte zu gewährleisten. Die bisherigen Methoden über Lehrbücher oder Kongress- beziehungsweise Kursteilnahmen sind zeitlich und finanziell aufwendig, zum Teil wenig effektiv und vor allem oft nicht an dem orientiert, was ein Chirurg tatsächlich braucht. Hier kann ein Online-Tool, das Informationen so darstellt, wie wir Chirurgen diese brauchen, einen echten Fortschritt darstellen. Das bedeutet, dass die Aufbereitung des Materials und der Informationen möglichst realitätsnah und aktuell sein und uns möglichst intuitiv die Operation verstehen lassen sollte. Denn dies lässt dann einen viel schnelleren und besseren Lernerfolg erwarten. Und das wiederum ergibt eine qualitativ bessere Chirurgie.
Im Zeitalter von Video- und Streaming-Plattformen war es sehr erstaunlich, dass es ein solches Format für die Medizin bislang nicht gab. Also entwickelten wir die didaktischen und inhaltlichen Voraussetzungen im Rahmen eines wissenschaftlichen Projektes an der Universität Witten/Herdecke. Zudem wollten wir mit Studien nachweisen, dass die postulierten Vorteile von einer video-basierten Operationslehre auch tatsächlich messbar sind. Die Ergebnisse zeigten, dass webOP tatsächlich funktioniert – die Lernergebnisse für die Durchführung einer Operation waren besser. Und zusätzlich war die Rückmeldung der Nutzer, dass die Vorbereitung mit webOP einfach Spaß macht.
Seedmatch: Für wen ist die Nutzung der Lern-Plattform attraktiv?
Prof. Heiss: In ersten Linie für operativ tätige Ärzte. Außerdem für die Assistenzärzte in Ausbildung, für Fach- und Oberärzte in der speziellen Weiterbildung sowie für Spezialisten neuer und seltener OP-Techniken. Das sind allein in Deutschland 60.000, weltweit etwa bis zu 400.000 Chirurgen. Aber webOP ist auch für alle weiteren professionellen Berufsgruppen attraktiv, die mit operierten Patienten umgehen müssen. Das sind OP-Schwestern/-Pfleger, Pflegepersonal auf chirurgischen Stationen, Physiotherapeuten, aber auch Anästhesisten und Hausärzte. Diese Zielgruppe umfasst alleine in Deutschland 1,2 Millionen und weltweit bis zu 8 Millionen Menschen.
Es sind vor allem die Klinikträger, welche mit einem Tool wie webOP für eine bessere und standardisiertere Chirurgie sorgen können, die dann zu einer besseren Qualität der entsprechenden Stationen führt. Deshalb glaube ich, dass mit der Zeit alle operativ tätigen Kliniken ihren Mitarbeitern einen Zugang zu Online-Plattformen wie webOP zur Verfügung stellen werden. Alleine in Deutschland gibt es momentan etwa 1.300 operativ tätige Krankenhäuser.
Wir haben festgestellt, dass webOP auch für Patienten sehr interessant ist. Denn zunehmend wollen Patienten verstehen, welche Methoden durchgeführt werden und welche Ergebnisse und Probleme damit verbunden sind. Gerade im Hinblick auf die aktuelle Diskussion zur Meinungsaufklärungspflicht bei Operationen kann webOP sehr dazu beitragen, Transparenz zu schaffen und valide Informationen zu einer Operation bereitzustellen. Bei über 20 Millionen durchgeführten Operationen pro Jahr allein in Deutschland ein enormer zusätzlicher Markt für uns.
Ganz wichtig wird webOP in seiner englischen weltweiten Verbreitungsform für die Ausbildung von Chirurgen in der sogenannten Zweiten und Dritten Welt werden. Denn fehlende valide Ausbildungsmöglichkeiten sind in Schwellen- und Entwicklungsländern das größte Problem, um eine bessere Patientenversorgung zu organisieren. Hier gibt es für webOP ein enormes humanitäres Potenzial, das wir mit geeigneten Partnern auch angehen möchten.
Seedmatch: Abgesehen von der Digitalisierung meist analoger Lehrmaterialien – wie zeichnet sich webOP gegenüber herkömmlichen Lehrmethoden aus? Außenstehende verwundert vielleicht die Tatsache, dass es eine vermeintlich „einfache“ Lösung wie webOP bisher noch nicht gab, wie Sie sagen. Bieten nicht auch Youtube & Co. doch auch ähnliche Inhalte wie webOP?
Prof. Heiss: In der Tat ist es erstaunlich, dass es vergleichbare Formate nicht gibt. Aber webOP bedeutet nicht, ein OP-Video einfach ins Netz zu stellen. Denn so etwas findet man in der Tat irgendwo bei Youtube und ähnlichem. Damit kann aber der Zuschauer nichts anfangen. Denn wer spult in einem mitunter stundenlangen Video hin und her, um die Inhalte zu finden, die er braucht? Zudem gibt es keine didaktisch so aufbereiteten Lehrbeiträge, die ganz intuitiv das Essentielle einer Operation vermitteln!
Bei webOP finden die Nutzer das, was sie interessiert – ganz schnell und einfach. Und zudem alles an Informationen zu einer Operation, was ebenfalls wichtig sein könnte: Etwa eine OP-Aufklärung, die Beschreibung der notwendigen Materialien und Patientenvorbereitung, die möglichen Komplikationen oder auch die wissenschaftliche Basis der OP. Und ganz wichtig, diese Informationen sind durch hochkarätige Autoren und Herausgeber valide abgesichert. Mit einem Satz: Wenn ich Informationen zu einer Operation brauche, finde ich das alles bei webOP in höchster Qualität. Und das macht webOP so einzigartig und sinnvoll für seine Benutzer.
Seedmatch: Wie sahen die Anfänge von webOP aus? Wie haben Sie Ihre Arzt-Kollegen überzeugen können, Inhalte für Ihre Plattform beizusteuern und wie haben Sie erste Nutzer gewonnen?
Prof. Heiss: Am Anfang war es unsere Beobachtung, dass es ein solches Tool, das wir als Chirurgen eigentlich gern täglich nutzen würden, nicht gab. Also machten wir es uns zur Aufgabe, das Konzept zu entwickeln. Dies war sehr spannend, denn die vielen Anforderungen an das Konzept galt es so abzubilden, dass die Benutzung der Plattform dennoch ganz intuitiv und einfach möglich ist. Nachdem wir dann von unserem Konzept überzeugt waren, gelang es uns sehr schnell die Kollegen zu überzeugen bei webOP mitzumachen. Denn dieses Herangehen nach dem Motto „von Chirurgen für Chirurgen“ überzeugte sofort. Uns war auch klar, dass wir nicht irgendwelche OP-Techniken oder Autoren auf webOP abbilden können, sondern dass es ausgewiesene Chirurgen sind, die etablierte und funktionierende OP-Techniken gewissermaßen als „Gold-Standard“ darstellen. Dies wird durch unser hochkarätiges Herausgeberteam und die Kooperationen mit unseren Netzwerkpartnern sicher gestellt.
Nachdem wir die ersten Eingriffe der Allgemein- und Viszeralchirurgie erstellt hatten, wurde webOP dann relativ rasch als Betaversion in Betrieb genommen, um vor allem Feedback von unseren Usern zu bekommen und damit die Plattform zu optimieren. Es zeigte sich, dass sich ohne spezielle Marketingmaßnahmen, also rein viral, schnell eine große Anzahl User fand, die Interesse an den Inhalten zeigte. Inzwischen hat dies bereits dazu geführt, dass webOP in der Fach-Community einen großen Bekanntheitsgrad hat und auch ein echter Markenaufbau damit erfolgt ist. Ich bin überzeugt, dass diese Qualität und der Nutzen von webOP das wichtigste Marketingargument ist und dazu führt, dass webOP als Business Case einfach funktioniert.
Seedmatch: Herr Gruhn, Sie sind Co-Geschäftsführer bei webOP und zuständig für den Bereich IT. An welchem Punkt der Unternehmensentwicklung sind Sie zum Team dazugestoßen? Wo steht webOP aktuell?
Guido Gruhn: Ich bin zunächst als IT-Leiter Ende 2011 zum Unternehmen gestoßen, um mich um alle Bereiche der Technik zu kümmern. Da die Informationstechnik bei webOP eine zentrale Rolle einnimmt, wurde ich 2012 in die Geschäftsführung berufen. Neben der technologischen Entwicklung der Plattform ging es dann vor allem auch um die Etablierung eines funktionierenden Geschäftsmodells. Es war unsere Strategie, zunächst über einen freien Zugang eine Wahrnehmung von webOP in der chirurgischen Community zu erreichen. Heute sind wir bei den meisten relevanten Keywords der Chirurgie bei Google in den Top Ten angelangt, was zu einer sehr guten Visibilität von webOP geführt hat – mehr als 16.000 registrierte User und über 20.000 Besucher pro Monat sprechen für sich.
Seedmatch: E-Learning wird mit der wachsenden Bedeutung von digitalem Lifestyle und der Nutzung des Internets gerade für junge Leute ein immer größeres Thema. Wie schätzen Sie das Marktpotenzial von webOP vor dem Hintergrund dieser Entwicklung ein?
Guido Gruhn: Das Marktpotenzial – insbesondere wenn man es weltweit betrachtet –, ist enorm. Der Blick in Form der Videos durch die Brille des Chirurgen, ist nicht durch Text oder Grafik zu ersetzen, die schnelle Verfügbarkeit durch omnipräsente Internetverbindungen, die Mobilität auf allen Endgeräten und die schnelle Auffindbarkeit durch intelligente Suchmöglichkeiten machen webOP zum idealen ständigen Begleiter in der Chirurgie, ähnlich wie Wikipedia für das allgemeine Wissen.
Seedmatch: Wie monetarisiert webOP sein Geschäftsmodell? Welche Rolle spielen dabei zentrale Einrichtungen wie Universitäten und Krankenhäuser?
Guido Gruhn: Uns war klar, dass das Geschäftsmodell letztendlich nur mit einer Bezahlung für den Content erfolgreich sein kann. Wir haben uns daher für die „metered paywall“ entschieden, da dies zum einen den freien Zugang zur Plattform – beispielsweise über eine Suchmaschine – ermöglicht, aber zum anderen für einen regelmäßigen Besuch die Freischaltung gegen Gebühr erfordert. Diese haben wir dann Mitte 2014 umgesetzt und damit unsere Erfahrungen gesammelt. Es wurde dabei klar, dass die Schlüsselkunden nicht die Einzel-User, sondern vor allem die institutionellen Kunden wie Krankenhäuser, Universitäten oder Bildungszentren der verschiedenen Gesundheitsberufe sind.
Inzwischen haben wir erste Erfahrungen in diesem Vertrieb gemacht und neben über 700 Einzellizenzen bereits über 10 Krankenhäuser und Kliniken als Kunden gewinnen können, darunter auch drei Universitätskliniken und zwei Bildungszentren sowie den Dachverband der OTA-Schulen Deutschlands (Operationstechnische Assistenz) mit über 50 Schulen. Auf Grundlage dieser Zahlen haben wir den Businessplan gerechnet und es zeigt sich, dass dieses Geschäftsmodell sehr gut skalieren wird, wenn der Vertrieb dann international und sukzessive über die weiteren operativen Fachbereiche ausgerollt wird. Dadurch kann webOP eine große Community rund um das Thema Chirurgie bilden, die den dynamischen Wissensaustausch in diesem Fachgebiet entfaltet.
Seedmatch: Startups profitieren beim Crowdfunding nicht allein vom Finanzierungsaspekt, sondern zum Beispiel oft auch von Crowdsourcing- und Marketing-Effekten. Warum haben Sie sich für eine Finanzierung mit der Crowd entschieden?
Prof. Heiss: Die Erhaltung der Gesundheit ist eines der wichtigsten Bedürfnisse der Menschen, der Anspruch höchster Qualität bei einem chirurgischen Eingriff ist bei jedem vorhanden. Damit das auch jeder aus eigenem Interesse aktiv unterstützen kann, haben wir uns für diesen Weg der Finanzierung mit der Crowd entschieden.
Ich denke, dass es gerade für unser Projekt webOP, das durchaus auch einen humanitären Aspekt hat, von Vorteil ist, dass jeder Interessierte und von diesem Projekt Überzeugte auch mitmachen kann und selbst mit einer kleinen Investition von 250 Euro zum Erfolg beitragen kann. Er wird damit Teil von webOP und profitiert dann auch vom gemeinsamen Erfolg.
Seedmatch: In welche Projekte werden Sie das Kapital der Crowd investieren?
Guido Gruhn: Die Internationalisierung von webOP hat die höchste Priorität. Einerseits multiplizieren sich dabei die Umsätze, andererseits ist Englisch die weltweite Sprache der Chirurgie, so dass wir webOP der Welt nicht vorenthalten wollen. Parallel wollen wir neben der Viszeralchirurgie die weiteren Fachgebiete produzieren, um den Gold-Standard in der Chirurgie über alle Bereiche der Chirurgie zu bilden.
Seedmatch: In der Medizin-Branche gibt es große Fachverlage, die in Ihrem E-Learning-Medium Konkurrenz oder eine spannende Investition sehen könnten – Stichwort Exit. Wie stehen Sie hier Kooperationen gegenüber?
Guido Gruhn: Wir sind mit allen wichtigen Wissenschaftsverlagen in gutem Kontakt, einem Exit in ein paar Jahren stehen wir positiv gegenüber; gegebenenfalls kann dadurch weiteres Wachstum beschleunigt werden.
Seedmatch: Warum stellt webOP Ihrer Meinung nach einen spannenden Investment-Case für die Crowd dar?
Prof. Heiss: WebOP ist letztendlich ein moderner Fachverlag, der rein digital existiert. Die Rendite-Entwicklung ist für Investoren hoch spannend, da das Geschäftsmodell extrem progressiv beim Umsatz und EBIT skaliert. Neben den rein finanziellen Aspekten investiert die Crowd in die eigene Gesundheit, denn statistisch gesehen hat jeder in seinem Leben mindestens einen chirurgischen Eingriff vor sich und ich glaube, dass man in diesem Moment sehr froh ist, wenn der Chirurg sein Handwerk einerseits versteht und andererseits seine angewendete Operationstechnik auf dem aktuellsten Stand der Wissenschaft ist.
Seedmatch: Prof. Heiss, Herr Gruhn – vielen Dank für Ihre Zeit und viel Erfolg für das Funding!
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Warnhinweis: Der Erwerb dieser Vermögensanlage ist mit erheblichen Risiken verbunden und kann zum vollständigen Verlust des eingesetzten Vermögens führen.