Am Donnerstag, den 11. Juni um 12 Uhr, startet das Crowdfunding von edicted., dem „ersten smarten Legal Outsourcing-Anbieter“. Wir haben mit den Gründern über ihre Idee und deren Umsetzung gesprochen.
Über die Online-Plattform, die auch Schnittstellen für die Integration in branchenverwandten Portalen bietet, können Rechtsanwälte verschiedene Rechercheaufträge an Studenten, Referendare oder andere Anwälte delegieren. Kleine bis mittelgroße Kanzleien müssen dann nicht auf die Manpower einer Wissenschaftlichen Hilfskraft verzichten, die im Gegensatz zu Großkanzleien für sie oft zu kostenintensiv ist, sondern können die Aufträge ganz einfach über edicted. outsourcen.
Um das weitere Wachstum realisieren zu können, hat sich das Bremer Startup um die Gründer Marco Klock und Philipp Harsleben für ein Crowdfunding entschieden. Details zum Geschäftsmodell, der Situation am Rechtsmarkt und den Zukunftsplänen haben wir im Gespräch mit den beiden erfragt.
Seedmatch: Hallo Marco, hallo Philipp. Morgen startet das Funding von edicted. Stellt euch der Crowd doch bitte kurz vor und fasst knapp zusammen, was für eine Dienstleistung edicted. anbietet.
Marco Klock: Hallo Tobias, mein Name ist Marco Klock und gemeinsam mit Philipp habe ich bereits während des Jura-Studiums ganz unbedacht und ohne es zu wissen, einen Proof of Concept unserer Idee – dem datenbasierten Legal Outsourcing – hingelegt. Damals wollten wir uns einfach nur was dazu verdienen, ohne Ambitionen oder gar den Plan zur Gründung.
Philipp Harsleben: Mein Name ist Philipp Harsleben. Genauso wie Marco habe ich während des Studiums für Kanzleien gearbeitet, ohne dass ich dafür in die Kanzlei gegangen bin. Der Begriff Legal Outsourcing schwebte mir damals natürlich noch nicht im Kopf, genauso wenig wie die Tatsache, dass Outsourcing in vielen anderen Branchen heute ein Standard ist.
Seedmatch: In den meisten Kanzleien gibt es ja wissenschaftliche Hilfskräfte, wie ihr es gewesen seid, für diese Art von Aufgaben – warum entscheidet sich jemand für eure Plattform als Vermittler von Rechercheaufträgen?
Philipp Harsleben: Gerade zu Beginn einer neuen Idee ist das natürlich eine Frage, die sich jeder stellt. Warum sollten Leute unser Produkt brauchen und warum gerade uns nutzen? Dass sie unsere Dienstleistung annahmen, bedeutete für uns den Proof-of-Concept: Obwohl wir nur Flyer mit unserem Produkt in die Postkästen von einigen Kanzleien warfen, brachten die Rechtsanwälte uns das Vertrauen entgegen und sandten uns E-Mails mit Rechercheaufträgen zu. Zu dem Zeitpunkt war keinem von uns klar, wie man überhaupt eine Rechnung schreibt.
Marco Klock: Nach nun mehr zehn Monaten mit unserem digitalen Konzept haben wir natürlich ein genaueres Bild. Neben der Tatsache, dass viele Kanzleien keine Möglichkeit haben auf einen Wissenschaftlichen Mitarbeiter (WiMi) zuzugreifen, gibt es vier wesentliche Faktoren, uns einem WiMi vorzuziehen:
- Qualität und Geschwindigkeit der Auftragsbearbeitung,
- nicht planbare Auftragsspitzen rechtfertigen nicht den Aufwand der Einstellung oder Rekrutierung eines WiMis,
- der Rechtsanwalt muss mit edicted. keine langfristigen Bindungen eingehen und
- hat jederzeit flexiblen Zugriff auf Bearbeiter.
Langfristig sind wir einfach günstiger und bieten eine höhere Qualität. Wir prüfen unsere Bearbeiter vorher genau und unser System weiß, wer was kann, wodurch Aufträge immer an den optimalen Bearbeiter gelangen.
Seedmatch: Bei edicted. sind Anwälte kleinener bis mittlerer Kanzleien Auftraggeber und Studenten, Referendare und andere Anwälte Auftragnehmer. Welcher Mehrwert ergibt sich für die einzelnen Zielgruppen und wie akquiriert ihr sie?
Marco Klock: Unsere Auftragnehmer – gerade Studenten und Referendare – profitieren durch die ständige praktische Erfahrung auf dem Feld des Rechts, in dem Sie sich heimisch fühlen. So wird die anwaltliche Arbeit bereits früh gelernt und stellt eine sinnvolle Nebenbeschäftigung neben dem Studium dar. Ferner profitieren die bearbeitenden Rechtsanwälte von einer fairen Vergütung und der Flexibilität der eigenen Arbeitseinteilung. Langfristig wird der Druck der Mandantenakquise auf diesen Rechtsanwälten nicht lasten.
Philipp Harsleben: Die Vorteile des Auftraggebers liegen ja förmlich auf der Hand: Indem die zeitaufwändige Arbeiten über unsere Plattform outgesourced werden, bleibt Zeit für die wichtigen Teile des Mandates oder für die Akquise neuer Mandanten. Spinnt man diesen Gedankengang weiter, hat jeder Rechtsanwalt direkt die Möglichkeit ein wesentlich größeres Portfolio abzugeben und dadurch eher zum prozessorientierten Unternehmer zu werden. Zukünftig wird das der Weg sein, um als Anwalt am Rechtsmarkt erfolgreich zu partizipieren.
Seedmatch: Und wie funktioniert die Auftragsvergabe genau? Welche Voraussetzungen muss man mitbringen, wenn man über edicted. Aufträge bearbeiten will?
Philipp Harsleben: Je besser die Grundvoraussetzungen sind, desto eher bekommt man natürlich einen Auftrag. Grundsätzlich arbeiten wir täglich daran, unser Backend-Modul „edicted.-Profils“ so fein wie möglich zu justieren. Seit Kurzem werden alle relevanten bisherigen „Karrieredaten“ mit einbezogen, sodass unser System genau weiß mit welchen Voraussetzungen ein Nutzer ins System startet. Dazu kommen noch unsere Probeaufträge, die für jede Kategorie absolviert werden müssen, um überhaupt einen Auftrag annehmen zu können.
Dann kommt es natürlich darauf an, dass Aufträge für die vom Nutzer augenscheinlich präferierten Rechtsgebiete eingehen: Das System benachrichtigt immer erst die Bearbeiter innerhalb des Bearbeiter-Pools, die sich optimal für den Auftrag eignen. Bei derzeit schon mehr als 2.500 Auftragnehmern ist jeder Auftrag so innerhalb weniger Minuten weg.
Seedmatch: Der Rechtsmarkt ist in Deutschland sehr groß, nach offiziellen Angaben gibt es hierzulande derzeit ca. 160.000 Rechtsanwälte. Welches finanzielle Volumen und Potenzial steckt im Markt und wie generiert edicted. darin Umsätze?
Marco Klock: Legal Outsourcing steht momentan noch am Anfang. Es gibt einige wenige Modelle, die auf Großkanzleien und Unternehmen ausgerichtet sind und größtenteils eher Insourcing-Modelle sind. Die Entwicklung des Marktes ist allerdings schon relativ deutlich: Um dem steigenden Kosten- und Preisdruck standzuhalten, müssen Kanzleien prozessorientiertes Denken etablieren. Legal Outsourcing wird im Zuge dieser Umstrukturierung zum Standardbaustein.
Der deutsche Rechtsmarkt bewegt sich hinsichtlich dieser Entwicklung auch sehr langsam; im Ausland gibt es viele Outsourcing-Anbieter, die bereits lange etabliert sind (z. B. axiomlaw.com).
19 Millarden Euro groß ist das Volumen des deutschen Rechtsmarktes. Das Potential von innovativen Lösungen am Rechtsmarkt ist also enorm und das wird für viele neue Anbieter eine große Chance sein. edicted. ist momentan der einzige Legal-Outsourcing-Anbieter, der kleinen bis mittelgroßen Kanzleien ein wirklich flexibles Outsourcing bietet. Dieser Vorsprung in Sachen Technologie, Kunden und Netzwerk ist in einer so eng verzweigten Branche viel wert.
Es ist ein schönes Gefühl „genau zur richtigen Zeit“ eine Idee umzusetzen. Es klingt zwar abgedroschen, aber trifft – belegt auch durch unsere rasante Entwicklung – auf edicted. zu. Umsätze generieren wir im Übrigen durch jede Stunde der Auftragsbearbeitung, ein denkbar einfaches Geschäftsmodell. So berechnen wir eine anteilige Gebühr vom Stundensatz, wobei die Auftraggeber 19,90 € für eine Stunde „Student“, 24,90 € für eine Stunde „Referendar“ und 89,90 € pro Stunde für einen Rechtsanwalt bezahlen.
Seedmatch: Kann edicted. auch als White Label-Lösung auf anderen Portalen integriert werden? Mit welchen Szenarien plant ihr generell?
Philipp Harsleben: Seit unserer ersten erfolgreichen Finanzierungsrunde Anfang des Jahres arbeiten wir an der edicted.-API. Mit anwalt24.de haben wir den ersten großen Partner in der Implementierungsphase, welcher die edicted.-Dienstleistung über Schnittstellen den mehreren 10.000 auf der Plattform registrierten eigenen Rechtsanwälten zur Verfügung stellt. Diese können dann auf unsere Dienstleitungen, die Step-by-Step bei anwalt24.de integriert werden, zugreifen und so – ohne die Plattform edicted. zu sehen – mit unserem System und ihren eigenen Bearbeitern kommunizieren. Diese Lösung bietet wir sowohl als White-Label, als auch als gebrandete Variante an.
Marco Klock: Wir befinden uns momentan in vielen Gesprächen bzgl. dieser Schnittstellenlösung und werden den Vertrieb dieses Modells in den nächsten Monaten intensivieren. Es hat für uns den Vorteil, dass wir mit geringeren Mitteln einen laufenden Vertrieb aufrecht erhalten und unsere Ressourcen auf den Ausbau und die Weiterentwicklung unserer Technologie konzentrieren können.
Gleichzeitig steigt der Komfort für die potentiellen Auftraggeber enorm: Sie können direkt aus ihrer gewohnten Arbeitsumgebung einen Auftrag absenden, ohne den Browser zu öffnen oder die Anwaltssoftware zu verlassen. Bis Ende des Jahres wollen wir drei dieser Schnittstellenverträge abgeschlossen haben.
Seedmatch: Wo steht ihr momentan und wie sehen eure Ziele für die Zeit nach dem Funding aus?
Marco Klock: Zur Zeit haben wir 350 registrierte Auftraggeber und 2.500 registrierte Auftragnehmer. Bisher haben wir einen guten fünfstelligen Umsatz damit erwirtschaftet und es in den letzten Monaten geschafft den Umsatz langsam und stetig zu steigern.
Mit dem Kapital des Fundings wollen wir vor allem den Vertrieb intensivieren und unsere Technologie, also die automatisierte Verteilung und Auswertung der Daten, weiter entwickeln. Wir werden täglich besser und wollen diese Entwicklung fortsetzen. Da Legal Outsourcing noch so komplett neu ist und der Markt am Anfang eines großen Umbruchs steht, bedarf es einer Zeit bis unser Konzept vollständig in der Art und Weise bei den Rechtsanwälten integriert wird, wie wir uns das vorstellen.
In 15 bis 20 Monaten soll ein Rechtsanwalt bei Zeitmangel an edicted. denken und bei edicted. an „Qualität auf Abruf“. So wollen wir alle Mandate, die zukünftig Manpower benötigen, in Zusammenarbeit mit dem Rechtsanwalt so effektiv wie möglich abwickeln.
Seedmatch: Warum habt ihr euch für Crowdfunding entschieden? Welche Unterstützer habt ihr bisher für euch gewinnen können?
Philipp Harsleben: Es ist uns ein Anliegen Legal Outsourcing im Allgemeinen mehr ins Licht der – zumindest juristischen – Öffentlichkeit zu rücken. Die Crowd bietet uns die Möglichkeit als Multiplikator Menschen zu erreichen, die wir in dieser Art und Weise durch normales Marketing nicht erreichen könnten. Zudem sieht man an unserem Imagefilm und vor allem am Pitchvideo hier bei Seedmatch, welche großen Unterstützer und Koryphäen der Branche wir bereits für uns gewinnen konnten. Die Begeisterung für unser Projekt hier bei Seedmatch gelang uns in erster Linie aufgrund der Crowd und der enormen Zahl an interessierten Investoren. Die erste Finanzierungsrunde war für uns schon eine schöne Bestätigung, dies ist aber nicht zu vergleichen mit der Vorfreude, die wir in Zusammenhang mit unserer Kampagne hier empfinden.
Seedmatch: Was sind aus eurer Sicht überzeugende Argumente, weshalb ein Crowd-Investor in edicted. investiert?
Marco Klock: Ich verfolge die Geschehnisse auf Seedmatch und den anderen Crowdfunding-Plattformen bereits seit Jahren und habe früher bereits versucht die Startups businessseitig zu bewerten. Es waren viele tolle Projekte dabei und auch viele, denen für mein Verständnis das gewisse Etwas fehlte.
edicted. hat aus meiner Sicht für den Investor den Vorteil ein „No-Brainer“ zu sein: Wir konnten bereits in weniger als zehn Monaten eine sechsstellige Finanzierungsrunde abschließen mit einem institutionellen Investor, der uns auf Herz und Nieren drei Monate lang geprüft hat. Ferner haben wir starke Partner gewonnen, ob als Kunden oder als Geschäftspartner für die Schnittstelle. Wir haben bereits viele Kunden akquiriert, Umsätze erwirtschaftet, mehrere kleinere Pivots – das Prinzip „Lean Startup“ lässt grüßen – hinter uns, mehr als 1.000 Aufträge erfolgreich abgewickelt und an mehreren Stellen den Proof-of-Concept gezeigt.
Das alles haben wir mit sehr schlanken Strukturen und einem extremen Enthusiasmus für unsere Idee geschafft.
Seedmatch: Hand aufs Herz: Wo seht ihr euch in fünf Jahren – im Unternehmen oder in einer Kanzlei?
Philipp Harsleben: Schon während des Studiums war der Gedanke an eine Kanzlei nicht der, mit dem ich einschlafen wollte. Es macht mir einfach Spaß eigene Ideen und Konzepte im Team umzusetzen und zu sehen, wie eine Veränderung im Rechtsmarkt stattfindet. Aus diesem Grund werde ich lieber weiter daran arbeiten, dass Kanzleien die Folgen der Digitalisierung leichter verkraften und auch der Rechtsmarkt eine Neuerfindung erfährt – und das auch über die nächsten fünf Jahre hinaus.
Marco Klock: Für mich war das digitale Gründen schon immer ein Hobby, welchem ich durch Bücher wie „The Lean Startup“, „Innovators Dilemma“ oder „Delivering Happiness“ frönte. Eine Gründung stand vor Abschluss meines Studiums nicht auf meinem Plan, umso glücklicher bin ich allerdings jetzt, dass ich mein Studium mit dem Gründen verbinden konnte.
Da ich auch „Happiness delivern“ möchte, sehe ich mich deshalb klar im Unternehmen und nicht in einer Kanzlei!
Seedmatch: Marco, Philipp – vielen Dank für das Gespräch!
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