Weltweit investieren Firmen verstärkt in Startups. Auch bei vielen deutschen mittelständischen und großen Unternehmen steigt das Interesse an Ideen und Konzepten dynamischer Startups stetig: Immer mehr etablierte Unternehmen kooperieren daher mit jungen, innovativen Firmen und stellen ihnen auch Eigenkapital zur Verfügung. Das belegt eine Studie des RKW Kompetenzzentrums Berlin von 2018. 70 Prozent aller befragten mittelständischen Unternehmen können sich der Studie zufolge eine Zusammenarbeit mit einem Startup vorstellen, fast 40 Prozent haben bereits Kooperationserfahrungen gesammelt. Dutzende Großunternehmen wie Axel Springer, Siemens und Vorwerk haben sogar eigens Tochtergesellschaften gegründet, um in Startups zu investieren. In den seltensten Fällen steht beim sogenannten „Corporate Venturing“ aber allein das Renditepotenzial im Vordergrund. Für Unternehmen können finanzielle Beteiligungen an Startups aus mehreren Gründen interessant sein.
Zugang zu Technologie und Know-how gewinnen
Zwar sind viele traditionelle Unternehmen bis heute sehr erfolgreich in ihrem Geschäftsbereich, mitunter sogar Marktführer. Wirtschaftlicher Erfolg in der Vergangenheit und Gegenwart ist jedoch keine Garantie dafür, auch in der Zukunft eine Spitzenposition am Markt einzunehmen. Im Gegenteil: Für viele etablierte Firmen und Konzerne wird es angesichts eines sich stets schneller vollziehenden technischen Fortschritts und der zunehmenden Digitalisierung immer schwieriger, ihre Stellung zu behaupten oder auszubauen. Nicht wenige agieren aufgrund komplexer interner Arbeits- und Entscheidungsfindungsprozesse zu langsam, um mit dem Tempo technologischer Entwicklungen und Neuerungen Schritt zu halten, und zögern, ihre Geschäftsmodelle und -abläufe zu digitalisieren und ihre Produkte und Dienstleistungen entsprechend anzupassen und weiterzuentwickeln. Startups aus der Tech- und Digitalwirtschaft hingegen sind in der Regel genau darauf spezialisiert. Sie schaffen neue Technologien oder verbessern bestehende, setzen sie neu ein und machen sie leicht zugänglich – und können etablierten Unternehmen dabei helfen, Lücken in der Digitalisierung zu schließen. Durch entsprechende Investments können sich diese Zugang zu sofort einsatzfähigen Technologien sichern, die das Geschäftsmodell optimieren oder ergänzen. Zugleich lässt sich mit der finanziellen Beteiligung auch Schützenhilfe für die eigene digitale Transformation einkaufen: Mit Fachwissen können Gründer- und Spezialistenteams aus Startups Unternehmen dabei unterstützen, fundierte Digitalisierungsstrategien für interne Prozesse zu entwickeln und entsprechende Maßnahmen umzusetzen.
Durch externe Impulse neue Ideen entwickeln
Dass die Zahl an Corporate Ventures weiter steigt, zeugt auch davon, dass traditionelle Unternehmen innovative Startups immer weniger als reine Bedrohung für das eigene Geschäft sehen, sondern in einer Beteiligung und Zusammenarbeit zunehmend auch die Chance erkennen, vielversprechende Ideen zu fördern, die zu ihnen und ihrem eigenen Geschäftsmodell passen. Denn selbst wenn Mitarbeiter eines Unternehmens potenziell selbst sehr kreativ sind, lässt ihnen das Alltagsgeschäft in der Regel wenig Spielraum, neue Ideen zu entwickeln und diese zu echten Innovationen heranreifen zu lassen. Häufig sind Prozesse in etablierten Unternehmen darauf ausgelegt, fehlerfrei zu funktionieren und möglichst effizient zum gewünschten Ergebnis zu führen. Viele innovationsstarke Startups verfolgen hingegen den Ansatz, genau solche Arbeitsabläufe und -ergebnisse zu hinterfragen und sich dadurch dazu befähigen, etwas völlig Neues denken und entwickeln zu können. Eine Investition in ein Startup, dessen Erfindung strategisch gut in das Konzept oder Modell eines etablierten Betriebs passt, kann daher eine Möglichkeit sein, unternehmerisch unbekannte Perspektiven einzunehmen, sich für neue Entwicklungen wieder stärker zu öffnen und diese ganz bewusst anzuregen. Mit Beteiligungen an Startups können Unternehmen also Einblick in neue Ideen erlangen, die im besten Fall auch das interne Innovationsmanagement fördern und die eigenen Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten stärken.
Strategische Mehrwerte generieren
Beim digitalen Wandel mithalten und innovativ bleiben – beides, so zeigt sich, sind immer wichtiger werdende Kernkompetenzen für Unternehmen. Selbst aktuell fest im Markt verankerte Firmen und Konzerne müssen Wege finden, ihr Geschäftsmodell und die dahinterstehenden Arbeitsprozesse an die neuen Anforderungen und Möglichkeiten der Digitalisierung anzupassen und zugleich stetig Neues zu schaffen und anzubieten, um auch zukünftig reüssieren zu können. Auf sich alleine gestellt wird das für viele immer mehr zur Herausforderung. Eine Lösung für Unternehmen können daher Corporate Ventures sein. Wenn diese gezielt eingegangen werden und dabei auf Zusammenarbeit gesetzt wird, haben sie nicht nur das Potenzial, zusätzliche Renditen zu erwirtschaften, sondern auch vielfältige strategische Mehrwerte zu generieren, von denen beiden Parteien profitieren. Das Unternehmen kann neue Technologien erschließen und durch Impulse von außen leichter neue Produktinnovationen entwickeln; das Startup hat die Möglichkeit, an jahrelanger Erfahrung in Bereichen wie Management und Vertrieb zu partizipieren, erhält Zugang zu einem etablierten Branchennetzwerk und vergrößert seine Chancen auf einen Exit. Dass solche Partnerschaften von Corporates und Startups lohnenswert sind, zeigt abermals ein Blick auf die Zahlen: In knapp 70 Prozent aller vom RKW Kompetenzzentrum untersuchten Fälle wurden die angestrebten Ziele der Zusammenarbeit erreicht – und über 95 Prozent der befragten Unternehmen, die bereits mit Startups zusammengearbeitet haben, würden dies künftig auch wieder tun.