Gabriels EEG 2.0 und die Folgen für Bürgerenergieprojekte

Drosselung des Ausbaus der Erneuerbaren, mehr Pflichten und geringere Vergütungen für Ökostrom-Produzenten – vor allem für Bürgerenergieprojekte, die bisher wesentlicher Treiber der Energiewende sind, würde es mit der vorgelegten EEG-Novelle in Zukunft deutlich schwerer. Hauptprofiteure der Reform sind die großen Energiekonzerne.

Was ändert sich mit dem EEG 2.0?

Die Reformpläne sollen die „Kostendynamik des EEG durchbrechen“, um den Anstieg der Verbraucherstrompreise zu beenden, heißt es in dem Eckpunktepapier. Zudem soll der Anteil der erneuerbaren Energien an der deutschen Stromversorgung von derzeit rund 25 Prozent auf 40 bis 45 Prozent bis 2025 und auf 55 bis 60 Prozent bis 2035 steigen.

Mehr Planwirtschaft für die Energiewende

Um die genannten Ziele zu erreichen, setzt das „EEG 2.0“ auf verbindliche Vorgaben, sogenannte Ausbaukorridore für erneuerbare Energien. Deren Gestaltung scheint allerdings fraglich: Die ausgereiftesten Technologien – Windkraft an Land und Photovoltaik – werden auf jeweils 2.500 Megawatt pro Jahr gedeckelt. Zum Vergleich: Im Jahr 2013 wurden neue Photovoltaikanlagen mit einer Leistung von rund 3.300 Megawatt installiert. Bei Onshore-Wind waren es 2.500 MW – allerdings mit steigender Tendenz. Doch die im Gesetzesentwurf vorgesehene Deckelung würde diesen Wachstumstrend abrupt beenden. Denn die Überschreitung der festgesetzten Zielmarken hat eine Kürzung der Vergütungssätze zur Folge, was weitere Investitionen unrentabel macht.

Bei der teuren und risikoreichen Offshore-Technologie strebt die Bundesregierung bis 2020 eine Gesamtleistung von 6.500 Megawatt an. Damit widerspricht sie ihrer Bekundung, sich beim Ausbau der erneuerbaren Energien auf die kostengünstigsten Technologien zu konzentrieren und unterstützt vor allem die großen Stromkonzerne. Der für Offshore erforderliche Bau großer Stromautobahnen verursacht zusätzlich hohe Kosten und ist mit erheblichen landschaftlichen Eingriffen verbunden.

Keine Pauschal-Abnahme mehr für Ökostrom

Des Weiteren sollen die Betreiber von Ökostromanlagen die Vermarktung ihres Stroms nach Vorstellung von Energieminister Gabriel in absehbarer Zeit selbst in die Hand nehmen. Damit würde die Abnahmegarantie für Strom aus erneuerbaren Energien zu festen Vergütungssätzen, und ein wesentlicher Bestandteil der Planungssicherheit für Investoren, de facto abgeschafft. Ab 2017 sollen bereits Neuanlagen mit über 100 kW von der Direktvermarktungspflicht betroffen sein.

Ausschreibungen

Spätestens 2017 soll die Förderhöhe für Ökostrom laut der Gesetzesvorlage über Ausschreibungen ermittelt werden. Einzelne Bürgerenergieprojekte hätten es deutlich schwerer an Ausschreibungsverfahren teilzunehmen als große Konzerne, die über ausreichend Risikokapital verfügen. Die Vielfalt der deutschen Stromerzeuger würde durch diese Entwicklung zerstört, wie Naturstrom-Chef Thomas Banning im Deutschlandfunk erklärte.

Ausnahmen bei der EEG-Umlage für Unternehmen

Auf Drängen der EU-Kommission soll die Vielzahl an Industrieausnahmen bei der EEG-Umlage eingedämmt werden. Hierfür kündigt das Eckpunktepapier eine Prüfung der Privilegien an. Die große Koalition will die Industrie mit einem „angemessenen Beitrag“ am Ausbau erneuerbarer Energien beteiligen. Die Wettbewerbsfähigkeit der stromintensiven Industrie müsse aber gewährleistet werden, heißt es in dem Papier. Nach welchen Kriterien eine Reduzierung der Ausnahmen auf ein sinnvolles Ausmaß erfolgen kann, bleibt offen. Durch eine systematische Verschärfung der Ausnahmeregeln sowie die Weitergabe gesunkener Börsenpreise für Strom könnten Privatverbraucher bei der EEG-Umlage entlastet werden.

Das EEG 2.0 bremst die Energiewende aus

Sicher scheint: Für Bürgerenergieprojekte haben die Inhalte des Eckpunktepapiers überwiegend negative Folgen. Durch Ausbaugrenzen für die etablierten Technologien – Onshore-Wind und Photovoltaik – wird das Tempo der Energiewende gedrosselt. Verpflichtende Direktvermarktung und Ausschreibungen legen Energiegenossenschaften und privaten Investoren Steine in den Weg. Ob sich die angedachten Maßnahmen tatsächlich positiv auf den Strompreis auswirken werden, bleibt ungewiss.

Investitionsunsicherheiten bei Bürgerenergieprojekten nehmen durch die Reformpläne zu, was die dezentrale Energiewende akut gefährdet. Die Folge: Bürgerenergieprojekte können im schlimmsten Fall nicht realisiert werden. Aber mit einem Rückschlag der Bürgerenergie wird auch die Akzeptanz für die Energiewende in der Bevölkerung abnehmen. Deshalb gilt es das Reformpapier zu überdenken und zugunsten der Bürger zu überarbeiten. Mit der Gründung des „Bündnis Bürgerenergie e.V.“ erhält die Bürgerenergiewende nun eine gebündelte Stimme, die ihre Interessen gegenüber Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit vertritt – eine notwendige Initiative für eine dezentrale Energiewende, die allen Bürgern zugute kommt. Econeers setzt sich mit Crowdfunding für erneuerbare Energieprojekte dafür ein, dass die Energiewende in Deutschland auch in Zukunft eine Angelegenheit der Bürger, nicht die weniger Unternehmen, bleibt.

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