„Capital C“: der erste Dokumentarfilm über Crowdfunding

Interview mit Timon Birkhofer auf Seedmatch

Seit mehr als einem Monat gibt es auf Kickstarter eine interessante Crowdfunding-Kampagne. Das zu finanzierende Projekt nennt sich „Capital C“ und handelt vom weltweit ersten Dokumentarfilm über Crowdfunding. Der Kopf hinter dem Projekt ist Timon Birkhofer, der für die Realisierung der Dokumentation insgesamt 80.000 Dollar benötigt. Bis zum 01. Juni hat er dafür noch Zeit.
Wir waren von der Kampagne so sehr angetan, dass wir unbedingt mehr darüber erfahren und auch in unserem Seedblog davon berichten wollten! Wir konnten Daniel Schöberl, der selbst mehrere Blogs betreibt, dafür gewinnen, Timon ein paar Fragen über „Capital C“ und Crowdfunding zu stellen. Viel Spaß beim Lesen!


Daniel Schöberl: In den USA wurden durch Crowdfunding bereits zahlreiche Projekte erfolgreich umgesetzt. Wie siehst du das Potenzial der Finanzierungsart auf dem deutschen Markt?
Timon Birkhofer: In Deutschland stehen wir noch vor dem richtig großen Durchbruch von Crowdfunding. Aktuelle Zahlen sprechen aber eine klare Sprache: Es geht nach oben! Während sich in den USA die Rekordzahlen in immer kürzeren Abständen übertreffen, haben wir hierzulande auch ein enormes Wachstumspotenzial. Mit dem populären Modell des „donation-based“ bzw. „reward-based“ Crowdfunding wurde in Deutschland bereits mehr als eine Million Euro eingesammelt, mit Crowdfunding als Investment schon deutlich mehr. Wir sollten uns gerade jetzt vor allem darauf fokussieren das Modell des Crowdfundings als solches populär zu machen, denn solange es für viele Leute nicht verständlich und klar ist, um was es sich hierbei handelt – nämlich um nichts geringeres als die Demokratisierung des Kapitalmarkts – dann kann das volle Potenzial auch nicht genutzt werden. Fast täglich geht es in den Medien darum, dass die Deutschen so sparsam geworden sind seit der Finanzkrise, und lieber sparen, anstatt Geld für Konsum auszugeben bzw. für Investitionen bereitzustellen. Genau das ist die Chance von Crowdfunding.


Daniel: Welches Projekt hat dich persönlich bisher am meisten begeistert und warum?
Timon: Das lässt sich so pauschal nicht beantworten. Es gibt eine unglaubliche Vielzahl an verschiedensten fantastischen Projekten. Da ist bspw. die New Yorker Künstlerin Molly Crabapple, die in mehreren Kampagnen ihre Fans zu Unterstützern gemacht hat. Von mal zu mal wurde sie mit innovativen Ideen erfolgreicher, mit jedem Projekt gab es mehr Supporter und dadurch entsprechend auch höhere Budgets, mit denen sie ihre Vorhaben umsetzen konnte. Oder Kristy und Coulter Lewis, ein Pärchen aus Massachusetts, welches seine Vision von Bio-Popcorn mit Hilfe von Crowdfunding Realität werden lassen konnte und jetzt bereits ein kleines Unternehmen mit einer Hand voll Angestellten führt. Oder auch Daniel Lieske, der Kopf hinter Deutschlands erfolgreichstem Webcomic, der seinen Job kündigen konnte, und jetzt in Vollzeit an seinem Werk arbeiten kann – ermöglicht durch Crowdfunding. Oder Zach Crain, der in North Carolina seine Firma „Freaker USA“ aufgebaut hat, die mit einem völlig durchgeknallten Image ein auf den ersten Blick langweiliges Produkt, nämlich Isolierhüllen für Trinkflaschen herstellt. Sie alle stehen für erfolgreiches Crowdfunding und sie eint noch mehr: Alle werden wir für unseren Film interviewen und sie werden uns ihre persönliche Story erzählen.


Daniel: Nun aber zu deiner aktuellen Kampagne. Woher kam eigentlich die Idee, einen Dokumentarfilm über Crowdfunding zu drehen?

Timon: Als wir Crowdfunding für uns entdeckt hatten, war uns klar, dass wir diese Finanzierungsart auf die eine oder andere Weise für uns einsetzen würden. Wir recherchierten in Blogs und Foren, besuchten Events und trafen einige erfolgreiche Projektinitiatoren. Dabei wurde uns immer mehr die volle Tragweite und der revolutionäre Charakter der Crowdfunding-Bewegung bewusst und wir waren baff erstaunt, dass das Thema tatsächlich noch keinen Dokumentarfilmer gelockt hatte, obwohl schon unzählige Filmer Crowdfunding für die Realisierung ihrer Projekte genutzt hatten. Doch spätestens als die ersten Projekte die Millionengrenze sprengten und President Obama den JOBS-Act verabschiedete war für uns die Sache klar: die Indie-Kultur hatte das erste Mal die Finanzwelt in ihren Grundfesten aufgerüttelt. Und Revolution war schon immer ein Thema für Filmer und damit für uns.


Daniel: Was war der ausschlaggebende Grund dafür, dass du dich mit Kickstarter für eine amerikanische Plattform entschieden hast und nicht für eine deutsche?

Timon: Capital C ist ein internationales und englischsprachiges Projekt und viele unserer Interviewpartner haben Berührungspunkte mit Kickstarter. Die Entscheidung war daher eine ganz rationale. Allerdings sei festzuhalten, dass viele Plattformen sehr innovativ arbeiten und sich nicht hinter den amerikanischen Marktführern verstecken müssen.


Daniel: Welche Zielgruppe möchtest du mit „Capital C“ ansprechen? Richtet sich der Film vermehrt an die Projektplaner und Investoren oder sollen vor allem diejenigen angesprochen werden, für die Crowdfunding noch immer ein Buch mit sieben Siegeln ist?
Timon: In der Produktionszeit von Capital C werden noch etliche Sensationsmeldungen über Crowdfunding in den Medien postuliert werden und den Begriff damit salonfähig machen. Doch je mehr Crowdfunding in unserem Alltag Einzug halten wird, desto mehr werden wir aus den Augen verlieren, was diese Revolution einmal ausgelöst hat. Und tatsächlich war die Independent-Kultur nie mächtiger und selbstbestimmter als heute durch die Crowd. Es liegt an jedem einzelnen von uns daraus das Beste zu machen und die Mittel unserer Zeit zu nutzen mehr aus den eigenen Möglichkeiten zu machen. Ich hoffe, dass dies möglichst viele Menschen nach unserem Film für sich realisieren werden, egal wie nah oder fern ihnen Crowdfunding zuvor gewesen sein mag.


Daniel: Am Wachstum von Seedmatch zeigt sich das große Interesse für „equity-based“ Crowdfunding für Startups in Deutschland. Welche Vorteile siehst du für Startups, sich über diesen Weg zu finanzieren?
Timon: Die Crowd ist der Business-Angel von heute. Die Ausreden für Innovatoren große Vorhaben nicht in die Tat umzusetzen werden damit ziemlich dünn. Uns allen steht es offen, uns mit unseren Vorhaben an die Crowd zu wenden. Allerdings ist für Startups zu beachten, dass die Crowd häufig andere Werte verfolgt, als klassische Business-Angels. Rendite ist heute nicht mehr alles. Viel interessanter als ein klassisches Finanzierungstool ist für junge Firmen heute, dass sie durch equity-based Crowdfunding viel mehr bekommen, als nur eine reine Finanzierung. Denn genau diese Investoren sind es, die alleine schon aufgrund ihrer Investition am Erfolg des Unternehmens interessiert sind, und so wahrscheinlich nicht nur selbst die Produkte des Unternehmens nutzen werden, sondern gleichzeitig auch noch zu Brand Evangelists werden. Gerade wegen der Kombination dieser Faktoren gehört Crowdfunding die Zukunft.


Daniel: Wie zufrieden bist du mit der bisherigen Unterstützung zu deiner Crowdfunding-Kampagne? Musstest du auch schon negative Kritik hinnehmen oder war die Resonanz bisher durchweg positiv?
Timon: Wir treten in einer sehr frühen Phase mit Capital C vor die Crowd. Die Dreharbeiten werden erst in diesem Sommer beginnen. Das bietet noch wenig Angriffsfläche. Im Moment begegnet uns vielmehr Erstaunen und Begeisterung angesichts der Interviewpartner, die wir als unabhängige Independent-Filmer bereits für Capital C gewinnen konnten. Auch ein Beleg dafür, wie Crowdfunding das institutionelle Denken auflöst. Unsere Interviewpartner und unsere Unterstützer haben erkannt, dass wir uns unserer Verantwortung bewusst sind und das Zeug dazu haben, diese weltweit erste Dokumentation über die Crowdfunding-Revolution umzusetzen.


Daniel: Vielen Dank für das tolle Interview mit dir!



Erfahren Sie bei Kickstarter mehr über das spannende Projekt und unterstützen Sie Timon bei der Umsetzung von Capital C! >>


Interview mit Timon Birkhofer auf Seedmatch


1 Comment

  1. Erste Crowdfunding Doku weltweit
    22. Mai 2012

    […] Zum Thema siehe auch den Beitrag von Jens-Uwe Sauer auf Seedmatch: ”Capital C”: der erste Dokumentarfilm über Crowdfunding […]

    Antworten

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