„Wir haben schon Rahmenverträge mit Krankenversicherungen über ein Gesamtpotenzial von fast 14.000 Patienten“

Gestern sprachen wir mit Bernd Altpeter bereits über das DITG und seinen Mehrwert für chronisch kranke Patienten. Doch wo steht das DITG derzeit? Auf welche Erfolge und Herausforderungen blickt das Team und warum möchte es ausgerechnet mit der Crowd den weiteren Weg beschreiten? Lesen Sie hier den zweiten Teil des Interviews mit dem Gründer.

 

Seedmatch: Herr Altpeter, gestern sprachen wir konkret über Ihr Produkt. Heute möchten wir gerne auf Ihre Pläne und Ziele und auf das bereits Erreichte schauen. Prävention und Therapieverbesserung sind auch Themen, wenn es um Kostenreduzierung geht und damit ja sicherlich auch ein Thema für Krankenkassen. Wie ist die Rückmeldung von den Kassen bislang?

DITG Logo

Bernd Altpeter: Die privaten Krankenkassen sind in diesem Bereich sehr aktiv und innovationsfreudig. Sie wollen ihren Kunden nachhaltig wirksame Präventionsangebote machen, um das Risiko von kostenintensiven Folgeerkrankungen zu minimieren. Das ist mit unseren Programmen, die auch unter dem Label der jeweiligen Kasse laufen, möglich. Daher zählen die Privaten aktuell zu unseren größten Kunden.

Die gesetzlichen Krankenkassen sind noch zurückhaltender, was zum Teil an den gesetzlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen liegt. Für chronisch erkrankte Menschen bekommen die gesetzlichen Kassen Zuschüsse. Deshalb gibt es bei den gesetzlichen Kassen weniger Interesse chronische Erkrankungen für ihre Versicherten zu verhindern – zum Nachteil der Patienten. Die gute Nachricht ist aber, dass es trotzdem immer mehr gesetzliche Kassen gibt, die das Wohl der Versicherten in den Mittelpunkt stellen und uns beauftragen.

Das sehen wir natürlich auch an der Entwicklung unserer Teilnehmerzahlen. Wir konnten uns bisher pro Jahr verdoppeln. Da wir auf niedrigem Niveau gestartet sind und auch die Kassen zunächst Erfahrungen sammeln mussten, lagen die Teilnehmerzahlen pro Jahr um 200 bis 500. Aktuell haben wir Rahmenverträge über ein Gesamtpotential von fast 14.000 Patienten mit den Krankenversicherungen geschlossen. Das liegt vor allem daran, dass wir drei neue Versicherungen bzw. Kassen für uns gewinnen konnten. Aktuell bekommen wir monatlich zwischen 50 und 100 neue Teilnehmer in unsere Programme.

Aufgrund des positiven Auftragsvolumens ist unser operatives Geschäft in diesem Jahr bereits durchfinanziert. Wir erwarten auf Basis der heutigen Auftragslage einen Umsatz von mindestens 1,7 Mio. Euro nach knapp 800.000 im letzten Jahr. Das Funding wird für Investitionen im Bereich Technologie und Expansion benötigt.

 

Seedmatch: Sie arbeiten auch mit dem Westdeutschen Diabetes- und Gesundheitszentrum zusammen? Wie sieht die Kooperation mit dem WDGZ konkret aus?

Bernd Altpeter: Unser wissenschaftlicher Leiter Prof. Dr. Martin ist dort Chefarzt für Diabetes und führt in seinem unabhängigen Institut zahlreiche wissenschaftliche Studien zu diesem Thema durch. Die Zusammenarbeit gewährleistet, dass wir aus Forschungssicht immer auf dem aktuellen Stand sind. Außerdem können wir über das WDGZ medizinische Studien mit einem Votum der Ethikkommission durchführen. Das erhöht signifikant die Akzeptanz von Studien. Weitere Vorteile sind die Schulungsmöglichkeiten für unser Personal beim WDGZ und die Zugehörigkeit des WDGZs zu dem Klinikverbund des VKKD, dem acht Kliniken bzw. Gesundheits- und Therapiezentren mit 2.700 Mitarbeitern in allen wichtigen Indikationen angehören. Somit haben wir mit der Kooperation über das WDGZ jederzeit Zugang zu umfassendem, medizinischen Fachwissen in nahezu jedem Krankheitsbild.

Modulprogramm der DITG

 

Seedmatch: Auch mit dem Fraunhofer Institut gibt es eine Zusammenarbeit? Wie genau sieht die aus und wir wirkt sie sich auf den Geschäftsbereich von DITG aus? Gibt es darüber hinaus weitere Kooperationen?

Bernd Altpeter: Für die Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer Institut haben wir uns nach einem umfangreichen, mehrstufigen Ausschreibungsprozess Mitte letzten Jahres entschieden. Über diese Entscheidung sind wir besonders glücklich, da uns mit dem FIT in St. Augustin ein weiterer sehr kompetenter Partner zu den Themen Plattformentwicklung, Datensicherheitskonzept, Algorithmen und Geräteanbindung zur Seite steht. Somit ist für das DITG sichergestellt, dass die genannten Themen auf höchstem nationalem und  internationalem Niveau entwickelt werden. Das ist für das DITG deshalb auch besonders wichtig, da es sich beim digitalen Gesundheitsmanagement um einen globalen Markt handelt, auf dem wir mitmischen wollen.

Mit der neuen Online-Plattform, die wir mit dem FIT entwickeln, unternehmen wir einen  wichtigen Schritt in Richtung Wettbewerbs-Differenzierung. Dieses Konzept ist ein Meilenstein in der Versorgung von Patienten und für das Gesundheitssystem generell. Erstmals bieten wir eine digitale Plattform an, die nicht als geschlossenes System konfiguriert ist, sondern mit offenen Schnittstellen arbeitet. Das bedeutet, dass anders als heute wo jeder Arzt, jeder Patient und jede Versicherung mit einer Vielzahl von Plattformen und Systemen arbeiten muss, erstmals ein „One-Stop-Shopping“ Konzept im Markt verfügbar wird. Über seine Schnittstellen ermöglicht es allen Teilnehmern des Eco-Systems, ihre Geräte und Dienstleistungen anzubinden und über ein eigenes Erscheinungsbild im Markt anzubieten.

Bereits heute haben wir eine frühe Version in der Anwendung, mit der wir unsere Dienstleistung über mehrere Versicherungen und Unternehmen für Patienten anbieten. Damit wird neben der Patientenbetreuung ein weiteres Geschäftsfeld im Markt etabliert, das Pay-per-User-Einnahmen generiert und auch unabhängig vom Lebensstil-Interventionsprogramm vermarktet wird.

Sollte sich diese Entwicklung so positiv fortsetzen, dann könnte sich die Plattform zu einem Marktstandard entwickeln. Wir werden uns die neue Plattform patentieren lassen.

Seedmatch: Wie wollen Sie weiter wachsen?

Bernd Altpeter: Erstens wollen wir mehr Teilnehmer über Versicherungen, Pharmakooperationen, Betriebe im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements und ab April auch über die direkte Aufnahme von interessierten Teilnehmern im Direktgeschäft generieren.

Zweitens planen wir noch weitere Programme für andere Krankheitsbilder als Diabetes. So zum Beispiel für COPD, Asthma, Herzinsuffizienz. Aktuell arbeiten wir auch an einem Programm für multimorbide Patienten oder auch Patienten, die aus sozio-kulturellen Gründen eine schlechte Versorgung in Deutschland erfahren.

Und drittens wollen wir auch auf dem internationalen Markt durchstarten. Wir stehen aktuell in finalen Verhandlungen mit Dubai, dem Oman und China. Die Länder mit der höchsten Diabetesprävalenz weltweit.

Um dieses Wachstum zu realisieren, müssen wir unseren Vertrieb stärken. Bisher sind vor allem Prof. Dr. Martin und ich in diesem Bereich aktiv. Entweder über Direktansprache von potentiellen Kunden, über unsere Vorträge und über unser seit vielen Jahren gewachsenes Netzwerk in der Industrie. Allerdings haben wir mittlerweile mehr Chancen als Ressourcen.

Im Januar haben wir uns entschieden, einen weiteren Investor aufzunehmen. Es handelt sich um die Davero Gruppe, die klassische Gesundheits-Call-Center betreibt. Die Davero hat umfassende Erfahrungen im Vertrieb bei Krankenkassen und im Betrieb mehrsprachiger Call-Center. Daher bietet die Davero Gruppe hervorragende komplementäre Kompetenzen. Sie wird eine große Unterstützung auf dem weiteren Wachstumspfad darstellen.

Die Einzigartigkeit und Leistungsfähigkeit unserer Programme ist noch lange nicht allen relevanten Entscheidern in der Kassenlandschaft bekannt, daher müssen wir in Öffentlichkeitsarbeit investieren, um den Neugeschäftszyklus durch Vorabinformationen zu verkürzen.   

 

Seedmatch: Warum haben Sie sich für ein Crowdfunding entschieden? Auf welche Crowdeffekte setzen Sie?

Bernd Altpeter: Bisher haben wir alles privat finanziert. Die nächsten Schritte sind aber sehr kostenintensiv, vor allem in der Technologie. Das schaffen wir nicht mehr allein.

Für den Weg Crowdfunding haben wir uns entschieden, weil wir Unterstützer suchen, die unsere Vision teilen: Wir wollen den Markt Telemedizin in Deutschland revolutionieren und eine offene Plattform schaffen, die eines Tages national und international zum Industriestandard wird. Von den Seedmatch-Investoren erhoffen wir uns ein tieferes Verständnis für unser Potential, denn wir produzieren kein leicht erklärbares medizinisches Gerät, sondern wir bieten ein neuartiges, telemedizinisches Präventionsprogramm, hinter dem jahrelange Forschung, ein fachkundiges Expertenteam und eine innovative Technologie stehen. Mit unserem Unternehmen muss man sich intensiv befassen und verstehen, dass medizinische Forschungsergebnisse genauso schwer kopierbar sind wie Patente.

Neben Investitionen erhoffen wir uns von der Crowd Anregungen für die Weiterentwicklung unserer Programme: Für welche Krankheiten sollte es noch ein telemedizinisches Angebot geben? Wie könnte eine Community der Programm-Teilnehmer aussehen? Wie könnte man ihnen noch besser helfen, ihren Lebensstil dauerhaft zu verhändern? Wir sind gespannt auf die Ideen der Crowd und hoffen, dass unser Angebot durch die Kampagne noch weiter verbreitet wird.

Wir kämpfen für eine bessere Versorgung von erkrankten Menschen, und das ohne den Einsatz von Medikamenten. Ich glaube, dass die Crowd dieses Bestreben besser bewerten und unterstützen wird als sehr technokratisch denkende Investoren, die Unternehmen nach sehr standardisierten Prozessen bewerten.  

 

Seedmatch: Was werden Sie mit dem eingesammelten Kapital machen?

Bernd Altpeter: Wir werden zuerst unsere Plattform mit dem Fraunhofer Institut immer weiter entwickeln, wichtige Algorithmen erarbeiten, die eine höhere Skalierbarkeit und damit auch Wirtschaftlichkeit ermöglichen und dann natürlich in das Business Development investieren. Das bedeutet: mehr nationale aber auch internationale Kunden gewinnen.  

 

Seedmatch: Vielen Dank für das Interview, Herr Altpeter. Wir wünschen Ihnen ein erfolgreiches Funding. 

 

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Warnhinweis: Der Erwerb dieser Vermögensanlage ist mit erheblichen Risiken verbunden und kann zum vollständigen Verlust des eingesetzten Vermögens führen.

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