„Selbst Kinder können ohne Anleitung mit flowkey umgehen“ – Die flowkey-Gründer im Gespräch

Den Wunsch, ein Instrument zu lernen, hatte sicher jeder schon einmal – und doch schaffen es Viele nicht über die ersten Gehversuche am Instrument hinaus. Mit flowkey startet diese Woche ein Startup sein Crowdfunding, das mit seiner E-Learning-Plattform das Lernen von Instrumenten maßgeblich verändern wird: Den eigenen Lieblingssong kann man bereits nach 20 Minuten spielen – so die Ansage des Startups. Wir haben mit den Gründern von flowkey darüber gesprochen.

 

Seedmatch: Wir haben heute die Gelegenheit, gleich alle drei Gründer zu sprechen. Daher kurz die Frage in die Runde: Welches war das erste Instrument, das ihr gelernt habt?

Jonas Gößling: Bei mir war es das Klavier, als ich sechs Jahre alt war.

Ahmed Hassan: Bei mir war es auch das Klavier. Ich habe damals mit sieben angefangen, allerdings nach einer Weile abgebrochen, um es heute für mich wieder zu entdecken.

Alexander Heesing: Mein erstes Instrument, das ich spielen gelernt habe, war der Taschenrechner (grinst).

 

v.l.n.r.: Ahmed Hassan, Jonas Gößling, Alexander Heesing
v.l.n.r.: Ahmed Hassan, Jonas Gößling, Alexander Heesing

 

Seedmatch: Ihr wollt mit flowkey die Art und Weise revolutionieren, wie Musikinstrumente gelernt werden und habt dafür eine sehr professionelle, quasi mitdenkende Software gebaut. Wie genau funktioniert sie?

Ahmed Hassan: Wie es heute eine Nutzerin in einer E-Mail formuliert hat: „Was ich an flowkey so liebe, ist, dass ich Songs spielen lernen, bei denen ich nie geglaubt habe, sie überhaupt mal spielen zu können.“ Bei flowkey ist also ein klein bisschen „Magie“ am Werk, denn wir erkennen über das Mikrofon die Töne, die der Nutzer mit seinem eigenen Instrument spielt. Dadurch ermöglichen wir, einen Song wirklich Note für Note in seinem eigenen Tempo zu lernen – sogar wenn man noch gar keine Noten lesen kann!

Die Bedienung von flowkey ist kinderleicht. Du meldest dich bei uns in einer Minute an, bekommst eine kurze Einführung und kannst dann direkt mit einem Song loslegen. Im Song siehst du genau die Bewegungsabläufe und auch die Noten. Während du auf deinem eigenen Instrument mitspielst, erkennt das Programm über das Mikrofon von deinem Gerät, wann du mitspielst und ob du die richtigen Töne triffst. Wenn nicht, dann wartet der Song. Erst wenn du richtig spielst, geht es weiter. Das alles funktioniert ohne Kabel oder Zusatzequipment direkt bequem im Browser.

 

Seedmatch: Die Software steckt derzeit noch in der Beta-Phase. Welche Erkenntnisse konntet ihr aus den ersten Testläufen bereits gewinnen und ggf. schon erfolgreich umsetzen? Gab es konkrete Probleme, die behoben wurden?

Ahmed Hassan: Am Anfang haben wir häufig festgestellt, dass Nutzer nicht genau verstanden haben, wie das Programm funktioniert und wie man überhaupt anfangen soll, damit zu lernen. Deswegen haben wir irrsinnig viele Stunden damit verbracht, die User Experience gerade für neue Nutzer so gut wie möglich zu gestalten. Dann war eine große Herausforderung, unsere Nutzer besser zu verstehen, damit  wir wirklich ein Produkt bauen, was die Menschen lieben.

Wir haben immer wieder gemerkt, wie wichtig es ist, Nutzer zu uns ins Büro einzuladen und auch über In-App Nachrichten mit Nutzern aus der ganzen Welt zu schreiben, um z. B. Feedback über neue Funktionen zu erhalten. Durch eine stetige Iteration konnten wir so die Komplexität des Lerninterfaces deutlich reduzieren und so einfach gestalten, dass selbst Kinder ohne Anleitung mit flowkey umgehen können.

flowkey_is_02_funktionsweise

Seedmatch: In der Beta-Phase konntet ihr bereis 5.000 User als Tester gewinnen. Wie wollt ihr die Nutzerzahl weiter erhöhen?

Alexander Heesing: Mittlerweile sind es übrigens 6.000 aus über 100 Ländern! Unseren beiden stärksten Akquisitionskanäle mit über 50% Akquisitionsanteil waren bisher die Google-Suche mit dem Keyword „flowkey“ und direkte Zugriffe, d. h. Menschen, die flowkey.com direkt in die  Browserzeile eingeben. Diese Nutzer müssen also vorher von flowkey gehört haben, was zeigt, dass sich unser Produkt rumspricht. Wir haben heute, Ende Oktober,  bereits ca. 50% Nutzer aus dem nicht deutschsprachigen Raum, ohne eine einzige Anzeige im Ausland geschaltet zu haben, geschweige denn Presseartikel. Es fangen sogar schon ohne unser Zutun Blogs in Japan, Brasilien und anderen Ländern an, Tutorials über flowkey zu schreiben.

Wir können also von einem soliden organischen Wachstum ausgehen. Um allerdings richtig auf möglicherweise Millionen von Nutzern zu skalieren, setzen wir zusätzlich auf eine Vielzahl an Marketing-Maßnahmen, um das bisherige Nutzerwachstum noch weiter zu beschleunigen:

  • Content Marketing und SEO: Veröffentlichung von vorhandenen Inhalten auf Content Plattformen und der flowkey Website.
  • Kooperationen und Social Media: Wir arbeiten mit bekannten Musikern und  Youtube Klavierlehrern zusammen und werden mittelfristig verstärkt mit Musiklehrern und Musikschulen zusammenarbeiten.
  • „Tell a friend“: Durch das Teilen  von flowkey und  Einladen von Freunden können Nutzer bis zu drei Monate flowkey Premium gratis erhalten.
  • SEM und Anzeigen: Anzeigen mit Fokus auf erwachsene Einsteiger und Wiedereinsteiger auf Facebook und auch Google sowie Bannerwerbung in relevanten Foren und Portalen.

Ein kleiner Überraschungskanal ist auch Youtube. Viele Klavierkünstler und -lehrer haben dort eine große Fanbase, verdienen aber praktisch nichts damit. Wir bieten diesen Künstlern eine Chance, ihre Reichweite besser zu monetarisieren. Durch ein Revenue-Share-Modell können wir so die große Reichweite von Youtube nutzen, ohne vorab Geld in Marketing zu investieren, da lediglich bei erfolgreichem Abo Abschluss eine Provision gezahlt wird.

 

Seedmatch: Ihr seid mit eurem Abo-Modell günstiger als klassische Musiklehrer – aber seid ihr auch besser? Kann ein Lehrer nicht besser auf individuelle Schwächen eingehen?

Jonas Gößling: Ja, sicher kann eine Lehrer das besser, als eine Software es jemals können wird. Voraussetzung ist, dass es sich dabei um einen guten Lehrer handelt. Leider ist es häufig umgekehrt, nämlich wenn Musiklehrer sich gar nicht auf den Schüler einstellen und stur ihr Tonleiter-Programm durchziehen. Der Spaß an der Musik, der für die allermeisten Menschen im Vordergrund steht, wird so schon im Keim erstickt.

Genau hier setzen wir an, denn bei uns steht das Musikmachen im Vordergrund. Über unseren In-App Chat stehen wir darüber hinaus bei speziellen Fragen zur Technik zur Verfügung. Zudem können wir uns auch ein Feature für die Zukunft vorstellen, bei dem  Nutzer ihre eingespielten Aufnahmen hochladen und von anderen, erfahrenen Nutzern Feedback zu den technischen Feinheiten bekommen können.

Im Übrigen geht es bei flowkey auch nicht darum, Musiklehrer zu ersetzen. Ganz im Gegenteil: Wir bieten Musiklehrern eine Möglichkeit, den Unterricht speziell für Einsteiger aufzuwerten. Warum sollte man viel Geld für eine Stunde Unterricht zahlen und danach mit einem Blatt Papier zu Hause sitzen? Da ist ein interaktives Lernprogramm doch die deutlich bessere Wahl.

 

Seedmatch: Bislang bietet flowkey Klavier und Keyboard als Instrumente an. Was ist als nächstes geplant? Woher holt ihr euch die Expertise für die anderen Instrumente?

Alexander Heesing: Die meisten Anfragen für weitere Instrumente haben wir bisher für die Gitarre erhalten. Das ist auch nicht verwunderlich, denn neben Klavier und Keyboard ist die Gitarre das beliebteste Instrument. Durch unseren Standort in Berlin und die hier sehr stark ausgeprägte Musikszene haben wir bereits jetzt schon Kontakt zu erfahrenen Gitarrenlehrern, die von flowkey begeistert sind und sich für Startups interessieren. In einer anderen Stadt würde sich das eventuell deutlich schwieriger erweisen.

Ein bisschen überraschend finden wir aber auch, dass sich insbesondere Erwachsene vermehrt ein Programm zum Singen lernen wünschen. Das finden wir spannend und hätten es so nicht erwartet. Deshalb würden wir in dieser Frage auch gerne die Seedmatch Community einbinden und eine Abstimmung machen. In Berlin an Musik-Experten zu gelangen ist jedenfalls kein Problem.

 

Seedmatch: Wie groß ist der Markt für diese Geschäftsidee?

Alexander Heesing: Der Markt für privaten Musikunterricht beträgt  weltweit rund 30 Milliarden US-Dollar pro Jahr und in den Industrienationen wollen mindestens 164 Millionen Menschen ein Instrument lernen und interessieren sich gleichzeitig für Videos und Apps zum Lernen. E-Learning ist ein globaler Trend mit 20-25% Marktwachstum pro Jahr. Weiterhin zeigen Wachstumszahlen der letzten Jahre klare Anzeichen für einen Boom von E-Learning auch in den Entwicklungsländern, allen voran Indien und China mit jeweils über 50% jährlichem Marktwachstum.

Das durchschnittliche Marktwachstum ist in Asien, Lateinamerika und Osteuropa am größten. Zudem wächst E-Learning über Apps für Tablets und Smartphones mehr als doppelt so schnell wie E-Learning am PC. Hieraus lässt sich schließen, dass das Angebot von flowkey vor allem für mobile Endgeräte besonders viel Potenzial bietet. Eine ausgiebige Marktanalyse gibt es übrigens auch in unserem Businessplan auf Seedmatch nachzulesen.

 

Seedmatch: Gibt es Wettbewerber, die eine ähnliche Idee umsetzen? Wenn ja, was habt ihr ihnen voraus?

Jonas Gößling: In jedem stark wachsenden Markt, der noch nicht erschlossen ist, gibt es Wettbewerber, hier sind z. B. Joy Tunes aus Israel und Playground Sessions aus den USA zu nennen. Gegenüber Wettbewerbern haben wir zwei große Vorteile:

  • Erstens haben wir eine Lösung entwickelt, die auf HTML 5 und Javascript basiert und somit vollkommen plattformunabhängig ist: Laptops, Tablets, Windows, Mac OS, iOS, Android. Wir sparen uns daher ein großes Entwicklerteam für jede einzelne Plattform. Gleichzeitig können wir hierdurch eine breite Masse an Menschen erreichen und sehr stark skalieren.
  • Zweitens ist unsere entwickelte Feedbacktechnologie polyphon und funktioniert akustisch, es müssen daher keine Kabel angeschlossen werden. Unsere Lösung funktioniert somit für alle Instrumente. Und wir bieten es erstmalig an, dass man sogar beim Lernen mit Videos Feedback erhält. Dadurch können wir die Barriere, schon gut Noten lesen zu können, um Songs zu spielen, speziell für Einsteiger senken.

Zudem hat es aus unserer Sicht bisher kein Wettbewerber geschafft, in diesem Markt ein Produkt zu entwickeln, das wirklich funktioniert, einfach zu bedienen ist und dabei optisch auch noch richtig gut aussieht. Die technischen Möglichkeiten dazu sind auch erst seit wenigen Jahren vorhanden. Das sind zwar weiche Faktoren, dennoch sind sie nicht zu unterschätzen.

flowkey_PR Foto_(Copyright Ben Fuchs)  

Seedmatch: Ihr konntet bereits Investoren für Eure Idee gewinnen. Wie unterstützen Euch Eure Engel – abgesehen vom eingesetzten Kapital?

Alexander Heesing: Wir haben das Glück, dass unsere Angel Investoren bereits in mehrere erfolgreiche Startups wie z. B. DaWanda investiert haben und viel Erfahrung mitbringen. Sie stehen uns mit ihrem Wissen immer als Sparring Partner für die Produktentwicklung, Kommunikation und strategische Ausrichtung zur Seite. Gerade das Netzwerk zur universitären Landschaft über Prof. Zarnekow ist für uns wichtig und wertvoll.

 

Seedmatch: Warum habt ihr Euch für ein Crowdfunding entschieden?

Jonas Gößling: Wir glauben, dass in jedem Menschen ein Musiker steckt und haben durch das positive Feedback in den letzten Monaten gemerkt, dass viele Menschen von unserer Vision und unserem Produkt begeistert sind. Viele Menschen unterstützen uns schon jetzt, ohne dass sie etwas im Gegenzug erhalten. Wir sind uns daher sicher, dass wir durch die Unterstützung der Crowd noch viel mehr erreichen können, als mit institutionelle Investoren. Da wir außerdem ein B2C-Produkt anbieten, kommt uns die Marketingkampagen im Rahmen des Crowdfundings natürlich auch zu Gute, um neue Nutzer zu gewinnen.

Wir hatten dieses Crowdfunding tatsächlich von Anfang an in unsere Strategie eingeplant, wie das Seedmatch-Team aus einem Treffen im Dezember 2013 sicher bestätigen kann.

 

Seedmatch: Was soll mit dem eingesammelten Kapital passieren?

Alexander Heesing: Wir wollen mit dem eingesammelten Kapital insbesondere flowkey auf mobile Endgeräte wie das iPad bringen, neue Funktionen für Lehrer und Schulen entwickeln und auch weitere Instrumente anbieten.

 

Seedmatch: Abschließend kurz auf den Punkt gebracht: Warum sollte man in flowkey investieren?

Ahmed Hassan: Weil wir eine sehr gute Idee, ein außergewöhnlich gutes Produkt und ein noch besseres Team haben.

 

Seedmatch: Vielen Dank für das Interview! Wir wünschen Euch viel Erfolg für flowkey und einen tollen Fundingstart!

 

Jetzt flowkey entdecken!

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Scroll to top