Wie eine Gründerin Radfahren in der Großstadt attraktiver machen will

Das Fahrrad ist nicht nur umweltfreundlich – es ist auch unbestritten das gesündeste und platzsparendste unter den Verkehrsmitteln. Deshalb erfreut sich Radfahren vor allem in Großstädten wachsender Beliebtheit. Doch der Fahrradboom hat auch seine Schattenseiten. Allein in Berlin wurden 2014 mehr als 30.700 Fahrraddiebstähle registriert. Gerade einmal vier Prozent davon konnten aufgeklärt werden. Wenn es nach Claudine Oldengott geht, müssen sich Radfahrer bald keine Sorgen mehr um ihr Bike machen. Mit ihrem Startup Smart Urban Solutions hat sie eine abschließbare Fahrradbox entwickelt, die seit kurzem an zwei Berliner Bahnhöfen im Einsatz ist. Wir haben mit der Jungunternehmerin und Erfinderin gesprochen.

Econeers: Hallo Claudine, du hast velo easy 2015 ins Leben gerufen. Was genau hat es damit auf sich und wie bist du auf die Idee gekommen?

Claudine Oldengott: Auch mir wurde während meines Studiums mehrmals mein Fahrrad gestohlen. Das war besonders bitter, da ich viel Geld in ein gutes Fahrrad investiert habe. Gemeinsam mit meinem Vater haben ich daraufhin erste Konzepte für sichere Fahrradabstellanlagen entwickelt. Zusammen mit Marco Hinz, Mitgründer von velo easy, haben wir den Markt näher erforscht und viele Lücken entdeckt. Häufig gibt es nur Insellösungen wie große Fahrradparkhäuser – ein flächendeckendes, flexibles Konzept in Verbindung mit einer App existierte in der Art noch nicht. Genau diese Marktlücke haben wir mit velo easy geschlossen. Basierend auf einer Smartphone-App kann der Benutzer über eine Kartendarstellung den Standort der nächsten Fahrradbox ermitteln, diese online für sich reservieren und sein Rad dann sicher parken. Damit richten wir unser Augenmerk besonders auf die ständig wachsende Gruppe der Besitzer hochpreisiger Fahrräder und E-Bikes. Bei der nächsten Generation von Velo Easy wird auch eine E-Bike-Ladestation integriert sein. Sicherlich tragen fehlende Abstellmöglichkeiten dazu bei, dass E-Bikes in der Großstadt noch nicht ausreichend vertreten sind. Vor allem Pendler sind für uns eine spannende Zielgruppe, da sie großen Bedarf an sicheren und individuellen Abstellmöglichkeiten haben, die auch genügend Platz haben für Wechselkleidung, Einkaufstüten oder für die Sportasche bieten.

Econeers: Wer ist das Team hinter velo easy und wie lange habt ihr an dem Konzept gearbeitet?

Claudine Oldengott: velo easy besteht aus vier Gesellschaftern. Marco Hinz und ich sind die Gründer und haben starke strategische Partner an Bord wie eine Softwareagentur und ein Metallbauunternehmen in Berlin. Innerhalb von sechs Monaten haben wir die Hardware sowie Software produziert und entwickelt und im März unsere ersten grünen Rondelle an den S-Bahnhöfen Lichtenberg und Karlshorst in Berlin aufgestellt.

Econeers: Warum habt ihr euch gerade für diese Standorte entschieden?

Claudine Oldengott: Beide Bahnhöfe sind bekannt dafür, dass dort viele Pendler unterwegs sind, die ihr Fahrrad abstellen und mit der Bahn weiter ins Berliner Zentrum fahren. In Karlshorst und Lichtenberg stehen tagsüber mehrere Hundert Fahrräder unbewacht. Vor allem die hohe Diebstahlquote in Lichtenberg mit über 1000 gestohlenen Fahrrädern pro Jahr, war für uns ausschlaggebend, hier die erste Fahrradbox aufzustellen.

Econeers: Wie ist die Resonanz auf euren Fahrradboxen bisher?

Claudine Oldengott: Sehr gut. Wir haben täglich neue Anfragen und sind sehr zufrieden mit vielen bereits registrierten Nutzern. Seit der Einweihung gibt es auch viele Anfragen aus anderen Städten und von diversen Wohngenossenschaften. Auch zahlreiche Medien sind schon auf uns aufmerksam geworden.

Econeers: Werden eure grünen Fahrradgaragen bald auch über die Grenzen Berlins hinaus zu finden sein?

Claudine Oldengott: Unser Ziel ist es, unser Konzept bundesweit auszurollen. Wir sehen Berlin als guten Startpunkt, möchten aber auch in Städte mit ähnlichen Infrastrukturproblemen nachziehen. Mit der Deutschen Bahn starten wir im Frühjahr eine Kooperation – unsere Vision ist es, einen echten Mehrwert für den Fahrradfahrer zu schaffen und so mehr Menschen dazu zu bringen, vom Auto aufs Fahrrad umzusteigen.

Econeers: Wie sieht deine Vision einer fahrradfreundlichen (umweltfreudlichen) Stadt aus? Was muss sich hier deiner Ansicht nach noch verändern?

Claudine Oldengott: Die digitale Vernetzung und die Weiterentwicklung intelligenter mobiler Anwendungen werden die Mobilität von morgen revolutionieren. Mit dem Auto zur Arbeit war gestern – Carsharing, E-Bikes und insbesondere die effiziente Nutzung mehrerer Verkehrsmittel sind die Zukunft. Die Stadtverkehrsplanung der Zukunft muss im Zuge der Urbanisierung verstärkt auf andere Verkehrsmittel setzen wie ÖPNV, Fahrrad und Fußgänger. Im Bereich des Fahrradverkehrs sind in den deutschen Großstädten noch viele Optimierungen notwendig, wie z.B. eine komfortable Infrastruktur für E-Bikes, attraktive Radwegnetze, adäquate Abstellanlagen und Bike & Ride Systeme mit ausreichenden Kapazitäten. Diebstahlsichere Abstellanlagen sind vor dem Hintergrund des Trends von hochwertigen und sportlichen Rädern für ein fahrradfreundliches Verkehrskonzept genauso wichtig wie ein sicheres Radwegenetz. Der jeweilige Bedarf an Stellplätzen hängt in der Regel von der Sicherheit und von der Verfügbarkeit ab. Man kann vor allem daran erkennen, wenn sich in der Stadt wild geparkte Fahrräder auftürmen, dass Fahrradabstellplätze fehlen.

Econeers: Danke, Claudine. Wir wünschen dir viel Erfolg für die nächsten Schritte und hoffen, dass wir velo easy auch bald bei uns in Dresden finden werden.

2 Comments

  1. mw
    30. Juni 2016

    Hallo – wann kann man denn in Velo easy investieren?

    Antworten
    1. Michael Brey
      30. Juni 2016

      Hallo, danke für den Kommentar! Bei Econeers kann man leider nicht in velo easy investieren, weil wir auf Energieprojekte, nicht auf Startup-Finanzierungen spezialisiert sind. Im Moment läuft auf unserer Plattform aber ein Crowdfunding für das Solarprojekt „Sonneninvest 3″. Vielleicht wäre das eine Alternative für Sie? 😉
      Mit freundlichen Grüßen, Michael vom Econeers Team

      Antworten

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