Offener Brief: Erleichterung für Gründer bei Crowdfunding über 100.000 Euro

→ Bürokratische Hürden senken
→ Zulassungsvoraussetzungen für Crowdfunding-Plattformen erleichtern

Sehr geehrte Bundesregierung,

in den letzten Monaten ist das Interesse für Crowdfunding als neues Finanzierungsmodell für junge Unternehmen sehr stark gestiegen. Immer mehr Privatpersonen beteiligen sich ab kleinen Beträgen über Seedmatch an Startups und die Zahl der Unternehmen, die sich per Crowdfunding finanzieren wollen, steigt enorm: Seit dem Start von Seedmatch im August 2011 wurden neun Unternehmen erfolgreich finanziert. Über 800.000 Euro wurden so für die Startups von Privatpersonen zusammengetragen. Die Zahl der registrierten User ist auf über 5.000 angestiegen. Somit pitchen Startups derzeit bei rund 5.000 registrierten Investoren, wodurch sich die Investmentdynamik in nur wenigen Monaten rasant erhöht hat. Das Startup easyCARD benötigte gerade einmal 87 Minuten von ursprünglich angesetzten 60 Tagen, um den Maximalbetrag von 100.000 Euro einzusammeln. Das Interesse an den Beteiligungen an den Startups ist derzeit so hoch, dass letztlich auch ein Mehrfaches des Maximalbetrags von 100.000 Euro zusammengekommen wäre.


In den letzten Monaten kamen sehr viele Anfragen von Startups und jungen High-Tech-Unternehmen auf Seedmatch zu, die diesen neuen Weg der Unternehmensfinanzierung gehen wollen. Viele benötigen aber Beteiligungskapital von weit über 100.000 Euro, um sinnvoll ihr Unternehmen aufbauen zu können. Doch leider ist ein öffentliches Crowdfunding ohne zusätzlichen zeitlichen und finanziellen Aufwand für die Gründer durch das Verkaufsprospektgesetz auf 100.000 Euro limitiert: „Ausgenommen von der Prospektpflicht sind nur: … Angebote, bei denen von derselben Vermögensanlage im Sinne des Absatzes 1 nicht mehr als 20 Anteile angeboten werden oder bei denen der Verkaufspreis der im Zeitraum von zwölf Monaten angebotenen Anteile insgesamt 100.000 Euro nicht übersteigt oder bei denen der Preis jedes angebotenen Anteils mindestens 200.000 Euro je Anleger beträgt,…“ (§ 8f Abs. 3 VerkProsG).


Durch eine Anpassung dieser Rahmenbedingungen könnten in Deutschland dank Crowdfunding mehr zukunftsweisende Unternehmen mit Kapitalbedarf über 100.000 Euro ihre Unternehmenskonzepte umsetzen und somit nachhaltig die deutsche Wirtschaft voranbringen sowie neue Arbeitsplätze schaffen. Als Crowdfunding-Plattform brauchen wir für die Vermittlung der Startups weder Steuergelder noch Förderprogramme, sondern finanzieren uns über Erfolgshonorare aus dem eingesammelten Kapital. Im Interesse unserer Gründer und einer dynamischen Gründerkultur plädieren wir deswegen für:


Weniger bürokratische Hürden: Bisher stehen die Startups durch das Verkaufsprospektgesetz bei einer Finanzierung per Crowdfunding über 100.000 Euro vor enormen bürokratischen und finanziellen Hürden. Die Kosten für die Erstellung eines Verkaufsprospektes betragen mindestens 12.000 Euro und meistens deutlich mehr. Mit der Erstellung und Prüfung vergehen mindestens zwei Monate, die dem Startup zusätzlich aufgebürdet werden. Für Finanzierungen in Höhe von 150.000 Euro oder 200.000 Euro ist dieser Aufwand unverhältnismäßig hoch und erzeugt eine Finanzierungslücke bei Startups mit einem Kapitalbedarf in dieser Größenordnung. Diese Kluft sollte geschlossen werden, damit auch Projekte mit einem Kapitalbedarf von über 100.000 Euro eine Chance bekommen, sich unkompliziert per Crowdfunding finanzieren zu lassen. Eine Vereinfachung bei der Erstellung des Verkaufsprospekts, eine schnellere Prüfung durch die BaFin oder ein Verzicht auf die Prospektpflicht bei einem Crowdfunding bis 1 Mio. Euro wären die Voraussetzung.


Zulassungsvoraussetzungen für Crowdfunding-Plattformen: Beim Crowdfunding unterstützen Privatpersonen junge Unternehmen mit kleinen, nicht existentiellen Beträgen und fördern damit nachhaltig die Innovationskultur an der Stelle, wo sich die Banken stark zurückhalten. Um einen Qualitätsstandard einzuführen, fordern wir vernünftige Zulassungsvoraussetzungen für Crowdfunding-Plattformen, die Beteiligungen an Startups mit einem Kapitalbedarf über 100.000 Euro vermitteln. Damit soll der Missbrauch seitens der Betreiber verhindert werden. Zum Schutz der Investoren wäre auch eine Limitierung von Einzelinvestments z.B. auf eine Höhe von je max. 1.000 Euro möglich. Nur so kann auch die Crowd durch die Vielzahl der Investoren für die jeweiligen Startups gesichert werden. Die Zulassungsvorrausetzungen für die Plattformen sollten sich aber in einem Rahmen bewegen, der verhältnismäßig und zeitgemäß ist.


In den USA wurden derzeit die rechtlichen Rahmenbedingungen für Finanzierungen über die Crowd bis 1 Mio. bzw. 2 Mio. Dollar mit dem Crowdfunding Act als Teil des „JOBS“ Act (Jumpstart our Businesses) geschaffen und stehen kurz vor dem Inkrafttreten. In europäischen Nachbarländern, wie beispielweise der Schweiz und England sind Finanzierungen per Crowdfunding über 100.000 Euro bereits heute mit geringerem Aufwand möglich. Es ist wichtig, dass Deutschland in Zukunft sich als ein Land etabliert, in dem junge, innovative Unternehmer beste Bedingungen finden, ihr Unternehmen aufzubauen und zu finanzieren und Deutschland nachhaltig als zukunftsweisenden Wirtschaftsstandort stärken. Aus diesem Grund setzen wir uns auch in Deutschland für eine Erleichterung für Startups bei Finanzierungen über 100.000 Euro per Crowdfunding ein.


Deutschland sollte in diesem Punkt eine Vorreiterrolle einnehmen und nicht zulassen, dass innovative und in Forschungseinrichtungen mit deutschen Steuergeldern finanzierte Geschäftsmodelle aus Finanzierungsgründen abwandern. Denn hierzulande gibt es jede Menge Tüftler und Erfinder, deren Innovationen nicht selten an einer ausreichenden Finanzierung scheitern. Geben wir ihnen zusammen eine Chance, sich am Markt zu beweisen.


Mit besten Grüßen,


Jens-Uwe Sauer

Geschäftsführer der Seedmatch GmbH
Telefon: +49 351 31 40 555
Fax: +49 351 31 40 557
Email: ju.sauer[at]seedmatch.de

Seedmatch® – Crowdfunding für Startups
Seedmatch GmbH, Altenzeller Str. 39, D-01069 Dresden
www.seedmatch.de



11 Comments

  1. Rainer Dechet
    29. März 2012

    Hi Jens-Uwe,

    perfekter Zug!

    Es ist unsere gemeinsame gesellschaftliche Verantwortung – gerade in diesen Zeiten – dem „Vermögenausbau – Modul“ -> Direct Investments in Entrepreneurship, mehr Spielraum zu geben… in jeder nur erdenklichen Form!

    Danke dazu und

    Grüße aus Wien

    Rainer

    PS: Im Asset Management fällt dieses Modul lt. ihrer 1970er – Kapital-Pyramide unter „Junk- Quote“ *kopfgreif

    Antworten
  2. Jens Thieme
    30. März 2012

    für gute Ideen schnell Geld zu bekommen, ist in der Tat fast unmöglich. gerade die Mittel die man benötigt, wenn man an der Startlinie steht. Es ist wirklich paradox, dass die Bundesrepublik oft Vorreiter seien möchte aber Unternehmen, die mit ihren innovativen Ideen und Konzepten dazu beitragen würden, finanziell nicht oder nicht in ausreichendem Maße unterstützt werden.

    Antworten
  3. Matthias L.
    31. März 2012

    Hi Jens-Uwe,

    gute Idee die Sache mit dem offenen Brief!

    Habt Ihr schon daran gedacht das Ganze als Online-Petition beim Bundestag einzubringen?
    https://epetitionen.bundestag.de/index.php?action=petition;sa=new

    Antworten
  4. Friederike Lanzsch
    2. April 2012

    Hallo Matthias,

    vielen Dank für deine Anregung. Das werden wir machen!

    Antworten
  5. Hubert
    9. April 2012

    Hi,

    gab es denn bereits eine Reaktion darauf? Bzw: Bekommen wir die Reaktion hier im Blog mit?

    Herzliche Grüße

    Hubert

    Antworten
  6. Peter Schmiedgen
    10. April 2012

    Hallo Hubert,

    wir haben bereits einigen Zuspruch bekommen, wichtige Kontakte aufgebaut und arbeiten an den nächsten Schritten. Wir halten euch über unsere Kanäle und auch im Blog auf dem Laufenden.

    Herzliche Grüße,
    Peter

    Antworten
  7. Friederike Lanzsch
    10. April 2012

    Hallo Hubert,

    vielen Dank für Deine Nachfrage. Wir haben bereits einiges Resonanz bekommen, bspw. über Twitter und auch von den Medien, u.a. im VC Magazin (http://www.vc-magazin.de/themen/gastbeitraege/artikel/crowdfunding-offener-brief-von-jens-uwe-sauer-seedmatch.html), bei iBusiness (http://www.ibusiness.de/aktuell/db/093470sh.html) und im Blick Log (http://www.blicklog.com/2012/03/29/offener-brief-an-die-bundesregierung-erleichterung-fr-grnder-bei-crowdfunding-ber-100-000-euro/). Wir planen selber noch eine Reihe von Aktionen, um die Schaffung sinnvoller Rahmenbedingungen für das Startup-Crowdfunding voranzubringen. Dazu werden wir Sie natürlich auch hier im Blog auf dem Laufenden halten.

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  8. Mr-T
    10. April 2012

    Meine Unterstützung hab ihr. Ich würde sehr gerne in mehr Start-ups investieren!

    Die Idee einer Petition von Matthias L. gefällt mir gut.

    Würde mich freuen, wenn ihr/wir etwas bewegen könnten.

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  9. […] jedoch bereits und arbeiten auf eine mögliche Änderung in Zusammenarbeit mit der Politik hin (Offener Brief von Jens-Uwe […]

    Antworten
  10. Finanzierung von Startups: Bergfürst liefert neue Impulse für Crowdfunding » netzwertig.com
    15. Mai 2012

    […] einem offenen Brief (Neudeutsch für “ein öffentlich zugänglicher Text im Netz”) kritisierte Seedmatch-Geschäftsführer Jens-Uwe Sauer unlängst diese durch das Verkaufsprospektgesetz auferlegte Einschränkung für Crowdfundingplattformen in […]

    Antworten
  11. […] rechtlichen Einschränkungen ein Crowdfunding (ohne größeren, bürokratischen Aufwand) nur bis zu 100.000 Euro möglich. In den USA beträgt die bisher höchste erzielte Summe ca. […]

    Antworten

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