Aus Sicht der Investoren stellt sich nach fünf Jahren Crowdinvesting die Frage nach der Leistungsfähigkeit der jungen Anlageklasse. Mit unserem neuen „Crowdinvest-Erfolgsmonitor“ haben wir von crowdfunding.de einen ersten umfassenden Performance-Check durchgeführt. In diesem Gastbeitrag stellen wir das Projekt und erste Ergebnisse vor.
Im August 2011 sind hier auf Seedmatch die ersten Startup-Crowdfundings in Deutschland gestartet. Mittlerweile hat sich Equity-based Crowdfunding, auch Crowdinvesting genannt, als alternativer Finanzierungsweg für Unternehmensgründer etabliert. Rund 200 Startups haben sich in den letzten fünf Jahren über ein Crowdfunding finanziert, mehr als 75 davon bei Seedmatch. Weitere Crowdinvesting-Segmente wie Energieprojekte und Immobilien haben sich in den letzten Jahren zusätzlich herausgebildet. Der Gesetzgeber hat die Relevanz der neuen Finanzierungsform erkannt und ihr mit dem Kleinanlegerschutzgesetz einen rechtlichen Rahmen gegeben.
Für den „Crowdinvest-Erfolgsmonitor“ wurden die Crowdinvesting-Kampagnen der letzten fünf Jahren in Deutschland auf Ausfälle und erzielten Renditen analysiert – das entspricht insgesamt 377 Finanzierungsrunden mit einem Gesamtvolumen von 125,6 Millionen Euro (Stand: August 2016).
Startup-Investments
Von 214 Startup-Investmentrunden sind bislang 30 Runden ausgefallen (14,0 %). Damit ist die Ausfallrate im Startup-Bereich deutlich höher als in den anderen Crowdinvesting-Segmenten. Bezogen auf den Erwartungswert professioneller Startup-Investoren, ist die bisherige Ausfallrate allerdings gering. Venture-Capital-Firmen rechnen mit Ausfallraten zwischen 25 und 95 %. Startup-Investments folgen der Logik „Hohes Risiko und hohe Renditechancen“: Um die hohen Ausfälle zu kompensieren, werden von den erfolgreichen Startups entsprechend hohe Erträge (Exit-Erlöse) erwartet.
14 Crowdinvestments (6,5 %) sind bislang „erfolgreich“, also mit einem Aufschlag an die Crowd zurückgezahlt. Dabei haben wir jede Investmentrunde einzeln gezählt und Rückkaufangebote voll berücksichtigt (unabhängig davon, inwieweit diese von der Crowd angenommen wurden). Diese erfolgreichen Startup-Investments erzielen eine – zum Teil auf Basis von Annahmen berechnete – Gesamtrendite von 96,3 % auf das investierte Kapital. Dies entspricht einer annualisierten durchschnittlichen Rendite von 27,4 % p. a.. Dieser Wert liegt weit über den in anderen Crowdinvesting-Segmenten in Erwartung gestellten Renditen.
Die bislang erzielten Erträge reichen allerdings nicht aus, um die bisherigen Ausfälle zu kompensieren. Die erfolgreichen Startup-Investments erzielen einen potentiellen Ertrag von 3,4 Millionen Euro, dem Ausfälle in Höhe von 6,1 Millionen Euro entgegenstehen. Branchenexperten argumentieren, dass es in der Natur der Sache liegt, dass die Ausfälle die Erfolgsfälle zunächst überwiegen, da die nicht funktionierenden Startups relativ früh scheitern und es bei erfolgreichen Startups in der Regel länger dauert, bis sich diese am Markt etablieren und signifikante Erfolge vermelden können.
Mit 83,3 % ist der Großteil des in Startup investierten Geldes noch aktiv. Von daher werden – da die meisten aktiven Verträge Laufzeiten von fünf bis acht Jahren haben – erst die nächsten Jahre zeigen, ob weitere Erfolge die Ausfälle ausgleichen können.
Immobilien-Investments
Crowdinvesting für Immobilien zeigt seit 2015 eine sehr dynamische Entwicklung und stellt aktuell in 2016 das volumenstärkste Crowdinvesting-Segment dar. Von den bisherigen 49 Investment-Runden konnten bislang 8 erfolgreich zurückgezahlt werden. Auch wenn es im Immobilien-Bereich bislang keine Ausfälle gab, muss jedem Anleger bewusst sein, dass auch hier – wie bei allen Crowdinvestings – immer das Risiko des Totalausfalls besteht. Durch die kurzen Laufzeiten (meist zwischen 18 und 48 Monaten), werden sich vermutlich relativ schnell belastbare Aussagen zur Performance treffen lassen können.
Energie-Investments
99,8 % des in grüne Energie investierten Crowd-Kapitals ist noch aktiv. Das liegt an den verhältnismäßig langen Laufzeiten für Energie-Investments, die meist zwischen fünf und zehn Jahren liegen. Zinszahlungen werden in diesem Investmentsegment üblicherweise jährlich oder halbjährlich geleistet. Auch das Darlehen selbst wird häufig annuitätisch und nicht endfällig getilgt. Von daher haben, auch wenn noch kein Investment komplett zurückgeführt wurde, laut Auskunft von Plattformbetreibern schon umfangreiche Rückflüsse an Investoren stattgefunden.
Weitere Investmentsegmente
Das erfasste Crowdinvesting-Volumen für KMU liegt bei 2,6 Millionen Euro und für Film bei 1,5 Millionen Euro. Damit sind beide Segmente noch zu klein, um belastbare Aussagen zur Performance zu treffen.
Fazit:
Bei den bislang erzielten Renditen und Ausfallraten zeigen sich schon jetzt deutliche Unterschiede zwischen den Investment-Segmenten Startup, Immobilien und Energie. Für ein abschließendes Urteil zur Performance der Anlageklasse Crowdinvesting ist es aber zu früh, da mit 84 % der Großteil des von der Crowd investierten Kapital noch aktiv ist.
Mit unserer neuen Crowdinvesting-Datenbank wollen wir eine kontinuierliche Erfolgskontrolle ermöglichen. Unter crowdinvest.de werden alle in Deutschland finanzierten Investmentprojekte öffentlich einsehbar mit dem jeweils aktuellen Anlagestatus nachgehalten. Die Datenbank ist dabei offen für Input aus der Crowd, um die bestmögliche Datenqualität zu erreichen. Durch das transparente Nachhalten der Crowdinvestments soll das allgemeine Vertrauen in die junge Anlageklasse gestärkt werden. Die Performance-Daten liefern eine neutrale Grundlage für die – zum Teil sehr emotional geführte – Diskussion über Chancen und Risiken im Crowdinvesting. Die Interpretation der Fakten obliegt jedem selbst.
Es sollte aber jedem bewusst sein, dass der „Crowdinvest-Erfolgsmonitor“ Daten aus der Vergangenheit erfasst, die nicht ohne Weiteres auf die Zukunft projiziert werden können. Jede neue Investmentmöglichkeit muss immer wieder neu in Bezug auf ihre individuellen Chancen und Risiken bewertet werden.
Über crowdfunding.de
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