„Eine App für alle Kinos.“ – Mit diesem Slogan will CineApp die Kinobesucher von sich überzeugen, die 2013 fast 130 Millionen Tickets in Deutschland gekauft haben. Von der Suche der richtigen Vorstellung bis hin zu Bestellung der Eintrittskarten soll die mobile App alle Funktionen abdecken, die für einen gelungenen Kinoabend wichtig sind. Und dazu gehört natürlich auch das Popcorn. Welche Voraussetzungen für den Ticket-Verkauf notwendig sind, wie weit die Entwicklung schon fortgeschritten ist und wie sich die App gegen Angebote der großen Kinoketten durchsetzen will, erfahren Sie in unserem Seedblog-Interview mit dem Gründer und Geschäftsführer Tino Schößner.
Seedmatch: Hallo Tino, bevor wir in die Details zu eurem Geschäftsmodell gehen, kurz die Frage: Welchen Film hast Du zuletzt im Kino gesehen und wie hast Du Deine Tickets gekauft?
Hallo Sabine, die Vorbereitungen auf das Crowdfunding haben in den letzten Wochen leider wenig Spielraum gelassen. Mein letzter Kinobesuch ist also schon ein paar Wochen her. Ich war in Taken 3 und wie die meisten Zuschauer, hatte ich etwas mehr erwartet. Ach ja, gekauft habe ich das Ticket an der Kinokasse – unglaublich, oder?
Seedmatch: Eigentlich kennt man es nicht anders, als die Tickets an der Kasse zu kaufen. Aber mit CineApp möchtet ihr eine App für alle Kinos anbieten, in der man auch die Tickets kaufen kann. Wie kam es zur Idee?
In meinen letzten Wochen bei DailyDeal habe ich zusammen mit Henrik und einigen anderen Kollegen Ideen entwickelt, wie man den Mehrwert der Plattform für Kooperationspartner steigern und den Einlöseprozess von Gutscheinen vereinfachen könnte. Ich will hier jetzt auch nicht zu sehr ins Detail gehen, aber während dieser Zeit haben wir Missstände bei einigen Kooperationspartnern und auch Fehlentwicklungen ganzer Branchen genauer analysiert. Aus eigenen Erfahrungen beim Kinoticketkauf und durch die Kooperation mit CinemaxX haben wir natürlich auch nach Optimierungen für den Kinomarkt gesucht. Im Zuge dessen hatten wir viele gute Ansätze ausgearbeitet, doch dann war Ende 2012 schon abzusehen, dass wir nach dem Exit an Google nicht mehr die Möglichkeit hatten, diese Konzepte umzusetzen. Wir hielten die Ansätze aber für so erfolgversprechend, dass wir uns dann entschieden haben, sie selbst umzusetzen.
Seedmatch: Warum gibt es derzeit noch keinen Anbieter, der dieses Optimierungspotential nutzt. Die Kinos entwickeln zwar eigene Lösungen – aber es gibt scheinbar keinen Marktplatz für alle?
Grund ist sicherlich die späte Einigung von Filmverleihern und Kinobetreibern auf die Einführung des elektronischen Kinotickets. Nach jahrelangen, zähen Verhandlungen ermöglicht das E-Ticket Kinobetreibern erst jetzt das schnelle und unkomplizierte Erschließen aller digitalen Absatzkanäle. Dieser Umbruch öffnet zugleich ein ganz neues Marktsegment für Vermittler.
Dieser Umbruch auf dem Kinomarkt war schon 2013 abzusehen, wir hatten eigentlich auch schon 2013 mit der Einführung des E-Tickets gerechnet und uns auch nur deswegen entschieden, dass CineApp-Konzept umzusetzen, da es ohne E-Ticket wenig Sinn gemacht hätte. Es hat dann doch noch etwas länger gedauert, bis die Einigung da war. Wir nutzen jetzt einfach unser gutes Timing und den Entwicklungsvorsprung und besetzen frühzeitig dieses vielversprechende neue Marktsegment.
Seedmatch: Das E-Ticket ist ein gutes Stichwort: Wo steht ihr in der Entwicklung?
Gut, fertig ist man in der Entwicklung ja nie. Wir entwickeln natürlich ständig weiter und nutzen alle aktuellen Trends und technischen Möglichkeiten, um das Produkt weiterzuentwickeln. Wir haben aber von technischer Seite derzeit alle Voraussetzungen geschaffen, um mit dem Ticketkauf zu starten. Der Buchungsserver ist in seinen Grundfunktionen einsatzbereit, sodass in der nächsten Phase die Buchungsfunktion in das Frontend implementiert werden kann.
Seedmatch: Wie geht ihr den Vertrieb an? Seid ihr schon in Gesprächen mit Kinoketten?
Wir werden im Februar damit beginnen, eine flächendeckende Vertriebsmannschaft aufzubauen, um möglichst schnell viele Kinos anbinden zu können. Hierfür suchen wir schon jetzt gutes Personal. Mit den Kinoketten sind wir schon seit längerer Zeit in engem Kontakt, aufgrund meiner Historie kümmere ich mich um diese Partnerschaften auch persönlich. Für Portale wie DailyDeal und Pro7Products habe ich schon in der Vergangenheit erfolgreiche Kooperationen mit CinemaxX und UCI verhandelt und wir sind auch jetzt auf einem sehr guten Weg. Ich denke, dass wir noch in diesem Halbjahr die ersten ein bis zwei Kooperationen ausgehandelt haben werden.
Seedmatch: Wie funktioniert die Anbindung an die unterschiedlichen Kassensysteme?
Im Prinzip muss man sich CineApp als weitere Kassenstelle vorstellen. Jede Kinokasse vor Ort ist ja mit dem Kassensystem des Kinobetreibers verbunden. Wieviele Kassen er mit seinem System verbindet, ist ihm selbst überlassen. Für CineApp wird also einfach eine weitere Anbindung zum eigenen System geschaffen, es wird genau genommen eine zusätzliche Kasse installiert. Der Kinobetreiber behält so die Übersicht über seine Ticketverkäufe und bekommt eine detaillierte Abrechnung über sein Kassensystem.
Seedmatch: Was macht ihr mit solchen Ketten, die bereits eine eigene Lösung entwickelt haben? Welchen Vorteil haben sie, dennoch bei euch angebunden zu sein?
Eine eigene Lösung, also der Direktvertrieb, kann ja nie das gesamte Potenzial eines Marktes ausschöpfen. Da lassen die Kinos noch viel liegen. Das ist in anderen Branchen ja nicht anders. Apple verkauft sein iPhone auch nicht nur in eigenen Stores oder Online Shops. Das ist sicherlich ein Lernprozess für Kinobetreiber und bedarf sicherlich auch etwas Pionierarbeit. Da mit dem alten Papierticket echte Vertriebspartnerschaften genau genommen gar nicht möglich gewesen sind, war das für Kinobetreiber bisher auch kein Thema.
Die Herausforderungen im E-Commerce und speziell im M-Commerce sind aber auch für große Kinoketten enorm und mit eigenen Lösungen allein, sind diese Herausforderungen nicht zu bewältigen. Für viele Endkunden ist Convenience entscheidend, d.h. der gesamte Kinoticket-Markt muss deutlich vereinfacht werden. Convenience führt zu höheren Buchungsraten, das ist nicht wegzudiskutieren – das kann man sehr schön am eigenen Shopping-Verhalten im Internet überprüfen. Derzeit gibt es zu viele unterschiedliche Lösungen ohne einheitliche Prozesse oder Standards. Zusätzlich bieten wir mehr Reichweite und eine aktive und effektive Kundenansprache. Wenn Kinobetreiber über CineApp also keine Tickets anbieten, können wir unsere Kunden auch nicht dorthin vermitteln. Wir vermittlen die Kunden dann woanders hin und der Kinobetreiber verliert diesen Kunden. Das können sich Kinobetreiber heutzutage eigentlich nicht mehr leisten, da es keinem Kino richtig gut geht. CinemaxX lass ich hier mal außen vor, die wirtschaften ziemlich gut und haben ausnahmslos gut laufende Kinostandorte.
Man darf auch nicht vergessen, dass Kinobetreiber trotz eigener Lösungen weiterhin aktiv um Kunden werben müssen, das ist ein fortlaufender Prozess. Hier ist auch für jeden eigenen Kunden ein Marketing Spend fest eingeplant. Für CineApp Kunden werden hingegen keine eigenen Ressourcen verbraucht, also weitere Einsparpotenziale, die Kinobetreiber realisieren können.
Seedmatch: Ihr wollt auch die kleinen Programmkinos anbinden. Wie funktioniert das? Die kleinen Kinos haben ja selten die technische Ausstattung mit Barcodescannern oder ähnlichem.
Wir wollen in der Tat allen Kinobetreibern die Möglichkeit geben, das E-Ticket für sich zu nutzen, um auch in Zukunft potenzielle Kunden zu erreichen. Ich denke, dass die kleinen Programmkinos ansonsten den Anschluss verlieren werden, da das Thema Mobile Commerce eine immer wichtigere Rolle im Leben der Menschen einnimmt. Das bezieht sich nicht nur auf den reinen Verkauf eines Produktes, sondern umfasst die vielschichtigen Elemente rund um die Kaufanbahnung, den konkreten Verkaufsvorgang sowie die anschließende Kundenpflege und -betreuung, das ist als ganzheitlicher Prozess zu betrachten. Also allein mit der technischen Ausstattung würden diese Kinos beim Kampf um den Kunden im Internet trotzdem nicht Schritt halten können. Das Angebot an Freizeitaktivitäten steigt ständig, der Wettbewerb findet also nicht ausschließlich unter den Kinos selbst statt.
CineApp hilft diesen Kinobetreibern also in erster Linie ihre Kunden in Zukunft bestmöglich und zuverlässig zu erreichen und das über jene Medien, die sie ständig in der Hand halten. Dafür können Kinos ohne EDV-Kassensystem Kontingente in unserem Buchungsserver einpflegen, inkl. detaillierter Platzangaben wie Reihe und Sitz, die über CineApp verkauft werden sollen. Dafür wird ein Partnerportal zur Verfügung gestellt, wodurch Kinobetreiber in der Lage sind, die Kontingente selbst zu verwalten und anzupassen. Also ähnlich wie in der Hotelbranche.
Wird einer der Plätze für eine Vorstellung verkauft, wird ein Barcode von unserem System generiert und als E-Ticket auf dem Smartphone des Käufers abgespeichert. Der Kinobetreiber wird über jeden Verkauf per E-Mail informiert und kann gleichzeitig mit einer von uns entwickelten Partner-App (TicketScan) das E-Ticket vor Ort überprüfen und invalidieren. Die Partner-App verbindet sich im Scanvorgang mit unserem Backend und erkennt, ob es sich tatsächlich um ein E-Ticket von uns handelt. Im Partnerportal kann der Kinobetreiber dann bequem alle gebuchten Tickets und Umsätze einsehen. Also insgesamt eine ziemlich smarte Lösung wie ich finde.
Seedmatch: Man kann sich die App ja bereits im AppStore runterladen. Was wird sich konkret in nächster Zeit in Sachen Usability noch tun?
Gar nicht mehr soviel, wir haben hier in den letzten Monaten sehr gut gearbeitet und mit vielen Probanden getestet. Funktionen, die mit der Platzauswahl und der Bezahlung zu tun haben, sind in der aktuelle Version für Nutzer ja noch nicht zu sehen, aber auch hier sind unsere Entwicklungen bereits abgeschlossen. Die Suche nach der richtigen Filmversion (also 3D, OV oder OmU) ist noch etwas ausbaufähig, das packen wir also noch an!
Seedmatch: Wie skalierbar ist euer Modell?
Wir werden nach den ersten Ticketverkäufen das Portfolio sehr schnell erweitern, damit Kunden weitere Produkte wie Softdrinks und Popcorn gleich mitbuchen können. Neben dem deutschsprachigen Raum (D, A, CH) haben wir natürlich auch weitere Länder in Europa im Auge. Frankreich und Großbritannien, aber auch Italien und Spanien sind sehr attraktive Märkte für unser Geschäftsmodell.
Seedmatch: Denkt ihr, dass euer Ansatz gut zur Crowd passt? Oder: Aus welchem Grund habt ihr euch für ein Crowdfunding entschieden?
Na ja, uns gefällt einfach die Idee, etwas zusammen anzupacken und gemeinsam zu verändern. Ich denke, dass viele Leute in Deutschland für unser Modell zu begeistern sind und sich schon vor CineApp gefragt haben, warum es so eine Plattform nicht schon längst gibt. Mit einer Crowd im Rücken, die nicht nur investiert sondern gleichzeitig als Multiplikator unsere Idee und unsere Marke transportiert, können wir den Kinomarkt revolutionieren.
Seedmatch: Was soll mit dem eingesammelten Geld passieren?
Um schnellstmöglich eine gute Abdeckung zu gewährleisten, brauchen wir ein starkes Vertriebsteam. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass gute Leute im Sales auch gutes Geld kosten. Ich halte es aber für eine sehr gute Investition, weil damit ein Geschäftmodell steht oder fällt. Wir benötigen also sehr viel von dem Geld für den Vertrieb, um mit den Ticketverkäufen in Berlin, Hamburg und München planmäßig in Q2 zu beginnen. Schnelles Wachstum ist aber in erster Linie abhängig von hohen Aufwendungen im Marketing. Deshalb muss der dominante Teil an Investitionen für Marketingausgaben eingeplant werden.
Seedmatch: Danke dir, Tino, für deine Antworten. Und viel Erfolg zum Fundingstart morgen!
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