„Von diesen neuen Anbietern können Anwälte nur lernen“: LegalTech-Experte Markus Hartung im Gespräch

Startups wie rightmart leiten das Zeitalter der digitalen Rechtsdienstleistung ein. Doch wie ist die Rechtsbranche darauf vorbereitet? In welchen Fällen bieten softwarebasierte Services den Mandanten Vorteile gegenüber dem direkten Kontakt zum Anwalt? Antworten darauf gibt Rechtsanwalt und LegalTech-Experte Markus Hartung im Interview.

Hartung ist Rechtsanwalt und Berater für Kanzleien, dazu Vorsitzender des Ausschusses für Berufsrecht beim Deutschen Anwaltverein (DAV) und Direktor des Center on the Legal Profession (CLP) an der Bucerius Law School in Hamburg. Er kennt den Rechtsmarkt in Deutschland wie kaum ein zweiter – weshalb er mit einem Kollegen auch gleich das Standardwerk zum Thema geliefert hat. Dass die Digitalisierung seine Branche verändern wird, steht für Hartung fest; allerdings, so der LegalTech-Experte, sollte man einen kühlen Kopf bewahren.

Seedmatch: Herr Hartung, sind Anwälte und Kanzleien auf die Digitalisierung vorbereitet?

Markus Hartung: Na ja, geht so. Nicht besser oder schlechter als der Rest der Bevölkerung – Digitalisierung ist in Deutschland vermutlich noch nicht so auf der allgemeinen Tagesordnung. Allerdings: Unsere Mandanten verhalten sich wie typische Verbraucher von heute und suchen alles, was sie brauchen, im Internet – und da finden sie oft nur langweilige Anwalts-Homepages, keine wirklich guten Online-Legal Services.

Seedmatch: In einem Gastbeitrag bei Legal Tribune Online haben Sie vor einiger Zeit sinngemäß geschrieben, dass Künstliche Intelligenz – deren Kreation häufig als das Ziel der IT-Forschung und -Entwicklung gilt – allein nicht reicht, um Mandanten in ihren Rechtsangelegenheiten zur Seite zu stehen und Anwälte daher nicht um ihre Existenz fürchten müssen. Welchen Einfluss aber wird die Digitalisierung auf die Rechtsbranche haben? Wird es künftig noch Anwälte und Kanzleien geben, wie wir sie heute kennen?

Markus Hartung: Zunächst mal: Die Digitalisierung wird unsere Welt verändern, man spricht ja nicht umsonst von der Digitalen Revolution, in Anlehnung an die Industrielle Revolution. Aber wie wird das aussehen? Dazu gibt es nur Science Fiction, aber keine seriösen Voraussagen.

Und zum zweiten Teil Ihrer Frage, nach der Zukunft der Anwaltschaft: Kommt drauf an, von welchen Zeiträumen wir sprechen. In drei oder fünf Jahren wird es viele „neue“ Angebote geben, aber das wird den Markt, wie wir ihn glauben zu kennen, nicht grundlegend geändert haben. Dazu ändert sich alles viel langsamer, als man denkt, oder sich erhofft. Aber in sieben oder 10 Jahren? Es wäre sehr spekulativ, dazu etwas zu sagen.

 

Seedmatch: Profitieren Mandanten von der Technologisierung juristischer Beratungs- und Dienstleistungen durch LegalTech-Startups?

Markus Hartung: In den allermeisten Fällen ganz klar: Ja. Diese „allermeisten Fälle“ sind die Standardfälle des täglichen Lebens. Solche Services sind schneller, günstiger, häufig besser, und fast immer mehr auf den tatsächlichen Bedarf zugeschnitten. Wenn es aber sehr individuell wird, dann hilft Ihnen kein Vertragsgenerator, dann brauchen Sie einen Rechtsanwalt neben sich, der sein Handwerk beherrscht und Sie versteht.

 

Seedmatch: Für welche konkreten Anwendungsfälle ist eine (Teil-)Automatisierung der Rechtsdienstleistung dann überhaupt sinnvoll?

Markus Hartung: Hartz IV ist einer der klassischen Fälle, wo das geht. Weiterhin bei Flugentschädigungen, aber auch im Mietrecht, im Arbeitsrecht, teilweise auch im Familienrecht, und viel im öffentlichen Recht im Bereich der Leistungsverwaltung, denn da geht es häufig um gleichgelagerte Sachverhalte, die man gut standardisiert bearbeiten kann – und auch muss, weil es sonst nicht rentabel ist.

Es gibt dann immer wieder Fallgruppen, von denen wir heute noch nichts ahnen: Wenn der BGH das nächste Mal irgendeine Klausel aus den Standardwerken der Banken oder Versicherungen für nichtig erklärt, gibt es plötzlich wieder tausende von Fällen, die standardisiert abgearbeitet werden können. Gewinner ist dann derjenige, der am schnellsten das Tool gebaut hat und am besten sein Online-Marketing beherrscht. Die Anwälte sind das bekanntlich nicht, die sitzen dann bestenfalls in der zweiten Reihe.

rightmart – ein Startup bei Seedmatch

 

Seedmatch: Stichwort Effizienz: In Ihrer Funktion als Direktor des Center on the Legal Profession (CLP) an der Bucerius Law School in Hamburg werben Sie unter anderem dafür, dass Anwälte ihre Arbeit nicht zuletzt in betriebswirtschaftlicher Hinsicht effektiver gestalten sollten. Wie sehr spielen hier neue Services von Legal-Startups wie rightmart (B2C) oder edicted. (B2B) eine Rolle?

Markus Hartung: Anwälte denken und handeln wie Manufakturbetriebe. Sie produzieren aber nicht nur wunderbare Porzellantassen, sondern auch simple Schnabeltassen aus Plastik. Ist aber alles gleich teuer. Mit anderen Worten: Von diesen neuen Anbietern können Anwälte nur lernen. Mit edicted. kann man sich schnell Unterstützung besorgen, auch wenn man sich keine Mitarbeiter leisten kann – solche Services unterstützen die Arbeit des Anwalts. Mit rightmart ist es anders, denn das ist erst mal Konkurrenz. Bei richtiger Sicht muss man sagen: Das ergänzt die Arbeit eines traditionellen Anwalts.

 

Seedmatch: Was hat Sie dazu bewogen, das Team von rightmart zu unterstützen?

Markus Hartung: Ich kenne die beiden Co-Gründer Marco Klock und Philipp Harsleben aus ihren edicted.-Aktivitäten, und außerdem bin ich als Rechtsanwalt Nutzer von edicted. Marco Klock und Philipp Harsleben verstehen, wovon sie reden, sie sind lernfähig, und sie bewegen sich in einem Markt, der nach Veränderungen schreit – gute Voraussetzungen also. Und ich finde, die machen ihre Arbeit sehr gut.

Das Gründer-Team von rightmart – einem Startup bei Seedmatch
Die rightmart-Gründer Jan Frederik Strasmann, Philipp Harsleben, Dr. Philipp Hammerich und Marko Klock (v. l. n. r.).

 

Seedmatch: Wie bewerten Sie die Chancen von rightmart, sich am Markt langfristig zu etablieren?

Markus Hartung: rightmart ist first mover und hat die Chance, in einem wachsenden Markt derzeit fast ohne Konkurrenz unterwegs zu sein. Da werden natürlich noch Konkurrenten nachkommen, aber es ist wie bei flightright: Irgendwann ist man so weit vorne, dass man nicht mehr eingeholt werden kann. Das setzt natürlich voraus, dass man permanent an der Verbesserung des Produkts, der Perfektionierung der Schnittstelle zum Mandanten/Kunden und der Übertragung des Produkts in andere Bereiche arbeitet. Aber wenn man das tut, kann man nur gewinnen.

 

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Warnhinweis: Der Erwerb dieser Vermögensanlage ist mit erheblichen Risiken verbunden und kann zum vollständigen Verlust des eingesetzten Vermögens führen.

1 Comment

  1. Ferdinand Schneider
    20. Juni 2018

    Mein Onkel ist Anwalt in einer Anwaltskanzlei und sie sind mit der Digitalisierung beschäftigt. Ich bin damit einverstanden, dass Digitalisierung unsere Welt verändern wird. Ich frage mich, was die Zukunft bringen wird und wünsche meinem Onkel viel Erfolg.

    Antworten

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